Sarah Regez und die Rechtsextremen
SVP-Politikerin besuchte Geheimtreffen mit Martin Sellner

Die Junge SVP streitet über ihre Haltung zu Rechtsextremen. Jetzt zeigen Blick-Recherchen: Strategie-Chefin Sarah Regez nahm an einem Auftritt des österreichischen «Remigrations»-Planers im Kanton Zürich teil – zusammen mit der Jungen Tat.
Publiziert: 31.03.2024 um 00:29 Uhr
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Aktualisiert: 31.03.2024 um 10:09 Uhr
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Fabian EberhardStv. Chefredaktor SonntagsBlick

Sarah Regez (30) trimmt die Junge SVP auf rechts, weit rechts. Die Baselbieterin ist der Shootingstar der Jungpartei: Hardlinerin, Aufwieglerin – und Liebling der Medien.

«Die Studentin, die nicht gendern will», lautete 2022 der Titel eines wohlwollenden Regez-Porträts in der «SonntagsZeitung». Es war der Startschuss für einen Blitzaufstieg – vom einfachen Mitglied aus Sissach BL zur Fastnationalrätin und Strategiechefin der Jungen SVP.

Treffen mit Rechtsradikalen

Regez eckt an. Mit ihren radikalen Sprüchen gegen Migranten und die «Woke-Kultur» steht sie für eine neue SVP-Generation, die innerhalb der Partei gerade für Streit sorgt. Und eine heftige Kontroverse über das Verhältnis des SVP-Nachwuchses zu Rechtsextremen ausgelöst hat.

Shootingstar der Baselbieter SVP: Sarah Regez bei einem Auftritt an der SVP-Wahlauftaktveranstaltung in der Swiss Life Arena in Zürich-Altstetten.
Foto: Linda Käsbohrer
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Auf dem Höhepunkt dieser Debatte zeigen Recherchen von Blick jetzt: Sarah Regez nahm im Mai 2023 an einem konspirativen Treffen mit dem österreichischen Identitären-Anführer Martin Sellner (35) teil – im kleinen Kreis. Nur der harte Kern der rechten Szene wusste vom Anlass. Vor Ort waren vor allem Mitglieder der militanten Gruppierung Junge Tat, die vom Schweizer Nachrichtendienst (NDB) beobachtet wird.

Den Organisatoren war die Brisanz des Treffens bewusst, sie ordneten ein striktes Fotoverbot an. So fühlte sich wohl auch Regez unbeobachtet, obwohl sie bereits im Scheinwerferlicht der Medien stand: Just zwei Wochen zuvor hatte die SVP Baselland sie auf der Hauptliste für die Nationalratswahlen platziert.

An dem Anlass im Kanton Zürich hielt Sellner einen Vortrag über das, was er «Remigration» nennt, die von ihm propagierte Massenausschaffung von Menschen mit Migrationshintergrund. Zufall oder nicht: Sarah Regez ist die einzige etablierte SVP-Politikerin, die den Kampfbegriff offen verwendet.

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Sellner konnte seinen Vortrag ungestört halten. Ganz anders vor zwei Wochen, als er an einem Anlass der Jungen Tat in Tegerfelden AG von der Polizei abgeführt wurde. Deutschland, Grossbritannien und die USA verweigern dem Rechtsextremisten mittlerweile die Einreise.

Auf der Warteliste für den Nationalrat

Der rabiate Politikstil von Sarah Regez tat ihrer Popularität bisher keinen Abbruch. Anfang Oktober hatte sogar ihre Grossmutter in einem offenen Brief an ihre Enkelin gewarnt: «Die Lösungen, für welche du stehst, sind für mich schrecklich: Vernichtung der Andersdenkenden, Gewalt, Krieg. Deine Gegner sind deine Feinde.»

Drei Wochen später landete Regez bei den eidgenössischen Wahlen mit 22'436 Stimmen überraschend auf Platz drei hinter zwei Bisherigen. Tritt einer der beiden zurück, rückt die Baselbieterin in den Nationalrat nach.

Regez und die Junge SVP hüllen sich in Schweigen

Wie weit rechts steht die Senkrechtstarterin aus Sissach? Und wie eng sind ihre Kontakte ins rechtsextreme Milieu? Regez reagierte die ganze Woche über weder auf Anrufe noch auf E-Mails von Blick. Ihr Schweigen hat System: An einer Onlinekrisensitzung vom Mittwoch verpasste Jung-SVP-Chef Nils Fiechter seinen Parteikollegen einen Maulkorb: «Wer sich distanziert, verliert.» Mehrere Kantonalparteien hatten gefordert, dass sich die Parteispitze von der Jungen Tat distanziert.

Bereits am letzten Wochenende titelte die «NZZ am Sonntag»: «Das neue radikale Power-Couple an der Spitze der Jungen SVP: Nils Fiechter und Sarah Regez wollen die Jungpartei radikalisieren.» Fiechter, seit kurzem Präsident der Jungen SVP und auch privat mit Regez liiert, wollte sich gegenüber Blick nicht äussern. Als er 2023 noch selbst Strategiechef war, likte der offizielle Account der Jungen SVP Schweiz wiederholt Beiträge der Anführer der Jungen Tat auf dem Kurznachrichtendienst X.

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«Wir müssen ehrlich sein und anerkennen, dass die Junge Tat inhaltlich die exakt gleichen Inhalte anspricht wie wir.»
Ramon Hug, Chef der Jungen SVP Aargau
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Auch der heutige Vizechef Mattia Mettler schiesst lieber gegen Journalisten und Parteikollegen als gegen Rechtsextreme. Als Blick im vergangenen Jahr publik machte, dass der Anführer der Jungen Tat Mitglied der Jungen SVP Thurgau ist und diese sich daraufhin von der Gruppe distanzierte, schnödete er auf X: «Herzliche Gratulation in den Thurgau!» Sich von einem Blick-Journalisten verunsichern zu lassen, sei «wirklich selten ungeschickt». Und weiter: «So wird das nichts mit dem Rechtsrutsch in diesem Land.»

Wie nah Teile der Partei der Jungen Tat stehen, zeigt auch ein interner Chat, den die «NZZ am Sonntag» vor einer Woche publik gemacht hat. Darin schreibt Ramon Hug, Chef der Jungen SVP Aargau: «Wir müssen ehrlich sein und anerkennen, dass die Junge Tat inhaltlich die exakt gleichen Inhalte anspricht wie wir.» Und weiter: «Sich davon zu distanzieren, ist, wie wenn wir uns von unserem eigenen Programm distanzieren.»

Auch die Junge SVP Aargau solidarisiert sich mit Martin Sellner

Es ist denn auch kaum Zufall, dass sich der Nachwuchs der SVP Aargau mit Martin Sellner solidarisierte. Nachdem der österreichische Rechtsextremist in Tegerfelden von der Polizei abgeführt worden war, schrieb die Kantonssektion auf X: «Ein schwarzer Tag für unsere Demokratie und die Meinungsfreiheit!» und fügte in Grossbuchstaben hinzu: «Solidarität mit Martin Sellner.» Kurz darauf forderten Parteikollegen den Aargauer Präsidenten Hug zum Rücktritt auf.

Es brodelt in der Jungpartei. Dass Strategie-Chefin Sarah Regez an einem Rechtsextremen-Treffen mit Martin Sellner teilnahm, dürfte die Gräben zwischen moderaten und radikalen Kräften weiter vertiefen. Wie lange können sich die Parteichefs noch wegducken?

Zuletzt äusserte sich Regez vor drei Wochen zu ihren umstrittenen Positionen. Gegenüber dem Portal Online Reports sagte sie: «Ich bin gar nicht so extrem, ich bin auf Parteilinie.»

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