Ruag, Armeefinanzen und Personal-Entscheide – Kritik an VBS-Chefin wird lauter
Amherd gerät unter die Panzer-Raupen

Der Untersuchungsbericht der Finanzkontrolle wirft ein schlechtes Licht auf den gescheiterten Panzer-Deal des Rüstungskonzerns Ruag. Nun steht auch die verantwortliche Verteidigungsministerin in der Kritik.
Publiziert: 22.02.2024 um 01:27 Uhr
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Aktualisiert: 22.02.2024 um 08:42 Uhr
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Daniel BallmerRedaktor Politik

«Schockierend!» «Haarsträubend!» «Stümperhaft!» Im Parlament herrscht Konsternation. Es fallen harsche Worte. Der Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) wirft kein gutes Licht auf den bundeseigenen Rüstungskonzern Ruag. Doch nun gerät auch Verteidigungsministerin Viola Amherd (61) unter Druck. Aus dem Parlament werden Vorwürfe laut, die Bundespräsidentin habe untätig zugeschaut.

Die Ruag wollte der Firma Rheinmetall 96 in Italien eingelagerte Leopard-1-Panzer zur Weitergabe an die Ukraine verkaufen, wobei es zu verschiedenen Unregelmässigkeiten kam. Das VBS zeigte sofort auf die Ruag: Als Eigner erwarte der Bund, dass «offensichtliche Mängel in Organisation, Abläufen und Geschäftstätigkeit umgehend bereinigt» würden. Verwaltungsratspräsident Nicolas Perrin (65) hat bereits den Hut genommen.

VBS hätte Geschäft stoppen können

Fehler aber sind auch im VBS passiert. So zeigt der EFK-Bericht auf, dass Amherds Departement im Januar 2023 über den heiklen Panzer-Deal im Bild war – spät, aber nicht zu spät. «Bei Bedenken hätte das Geschäft jederzeit vor Vertragsunterschrift gestoppt werden können», schreiben die Prüfer.

Die Ruag weibelte für den indirekten Verkauf ihrer 96 eingemotteten Leopard-1-Panzern in die Ukraine – der aber scheiterte.
Foto: RSI
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Das sorgt für Kritik aus dem Parlament. «Amherd hat die Brisanz trotz des Ukraine-Kriegs offenbar völlig unterschätzt», sagt SVP-Nationalrat Mauro Tuena (52). Es sei klar gewesen, dass der Deal mit der Neutralität nicht vereinbar war. «Bundesrätin Amherd hätte die Reissleine ziehen müssen», findet auch SP-Sicherheitspolitikerin Franziska Roth (57). Andere werfen Amherd vor, zu wenig Leadership zu zeigen.

Die Frage, warum Amherd und ihr Departement nicht interveniert haben, geht das VBS auf Anfrage nicht näher ein. Es weist einzig darauf hin, dass eine informelle, positive Einschätzung des Seco vorgelegen sei. Allerdings dürfte schon damals die Chancenlosigkeit des Panzer-Deals absehbar gewesen sein.

«Viel zu wenig hingeschaut»

Amherd müsse zwingend die Zügel wieder in die Hand nehmen. «Der Bund als Eigner hat bei der Ruag viel zu wenig genau hingeschaut. Amherd hätte viel früher hellhörig werden und intervenieren müssen», haut SVP-Sicherheitspolitiker Thomas Hurter (60) in die selbe Kerbe. Immerhin habe Amherd auch die verantwortlichen Leute angestellt, betont Parteikollege Werner Salzmann (61). «Damit trägt sie auch die politische Verantwortung.»

Mit dem Rücktritt von Perrin soll bei der Ruag der Neuanfang eingeläutet werden. Schon im vergangenen August hatte CEO Brigitte Beck den Hut genommen, nach umstrittenen Aussagen zu Waffenlieferungen an die Ukraine. Im März tritt ihr Nachfolger Ralph Müller sein Amt an.

Amherds Personalpolitik wird hinterfragt

Ruag kämpft vor Gericht um 25 Panzer

Der Streit um 25 der 96 in Italien eingelagerten Leopard-1-Panzer geht in die nächste Runde. Die deutsche Firma Global Logistics Support (GLS) reklamiert diese für sich, wovon der bundeseigene Rüstungskonzern Ruag nichts wissen will. Allerdings gab ein italienisches Gericht der GLS anfangs Dezember recht.

Das aber will die Ruag nicht auf sich sitzenlassen. Sie zieht das Urteil weiter. «Gegen den superprovisorischen Massnahmen-Entscheid vom Dezember 2023 wurde erfolgreich Rechtsmittel eingelegt», sagt Ruag-Sprecherin Kirsten Hammerich. «Eine erste Anhörung von Ruag vor gleicher Instanz ist für Herbst 2024 vorgesehen.»

2019 hatte die GLS die 25 «Leos» zum Schnäppchenpreis gekauft, aber nie abgeholt. Zwei Jahre später wies die Ruag das Geld zurück. Erst im Februar 2023, als sie einen Vertrag mit Rheinmetall für alle 96 Panzer unterzeichnete, überwies die GLS das Geld erneut. Eine erneute schriftliche Vereinbarung aber fehlt, was zur Rechtsunsicherheit beiträgt.

Der Streit um 25 der 96 in Italien eingelagerten Leopard-1-Panzer geht in die nächste Runde. Die deutsche Firma Global Logistics Support (GLS) reklamiert diese für sich, wovon der bundeseigene Rüstungskonzern Ruag nichts wissen will. Allerdings gab ein italienisches Gericht der GLS anfangs Dezember recht.

Das aber will die Ruag nicht auf sich sitzenlassen. Sie zieht das Urteil weiter. «Gegen den superprovisorischen Massnahmen-Entscheid vom Dezember 2023 wurde erfolgreich Rechtsmittel eingelegt», sagt Ruag-Sprecherin Kirsten Hammerich. «Eine erste Anhörung von Ruag vor gleicher Instanz ist für Herbst 2024 vorgesehen.»

2019 hatte die GLS die 25 «Leos» zum Schnäppchenpreis gekauft, aber nie abgeholt. Zwei Jahre später wies die Ruag das Geld zurück. Erst im Februar 2023, als sie einen Vertrag mit Rheinmetall für alle 96 Panzer unterzeichnete, überwies die GLS das Geld erneut. Eine erneute schriftliche Vereinbarung aber fehlt, was zur Rechtsunsicherheit beiträgt.

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Doch ihm schlägt schon heute Misstrauen entgegen. Die Bisherigen Beck und Perrin hätten weder Erfahrung gehabt mit der Rüstungsindustrie noch mit politischen Abläufen. «Da ist es nicht gut gekommen», findet SVP-Nationalrat Tuena. Bei Nachfolger Müller sehe das nicht viel anders aus. «Aufgrund des Lebenslaufs kann man die notwendige Qualifikation nicht ableiten», sagt auch Ständerat Salzmann. Die Politik werde genau hinschauen müssen.

Mittlerweile wird im Parlament Amherds Personalpolitik grundsätzlich infrage gestellt. Dass der abtretende Verwaltungsratspräsident Perrin der Schwager von Amherds engster Beraterin ist, gehe nicht. Doch auch in anderen Bereichen seien Probleme offensichtlich. Immer wieder nehme Kaderpersonal den Hut. Das zeichne mehr und mehr ein fragwürdiges Bild.

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