«Wenig Verständnis»
Berset legt sich mit Corona-Skeptikern an

Die Kritik an der Landesregierung wächst: Immer mehr Menschen glauben nicht an die Gefährlichkeit von Corona und fühlen sich von den Massnahmen unterdrückt. Nun widerspricht Gesundheitsminister Alain Berset den Skeptikern.
Publiziert: 13.09.2020 um 11:52 Uhr
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Aktualisiert: 17.11.2020 um 08:56 Uhr

Sie wollen keine Masken tragen und wehren sich auch sonst gegen alle Corona-Massnahmen: Corona-Skeptiker werden auch hierzulande immer lauter. Sie beklagen die schleichende Einführung einer Diktatur unter dem Mäntelchen der Gesundheitsfürsorge. Die Bewegung besteht längst nicht nur aus Wirrköpfen – nein, Anwälte, Mittelständler und gar Ärzte finden sich darunter.

Nun hat sich Gesundheitsminister Alain Berset (48) – oberster Corona-Chef des Landes – erstmals zu den Kritikern geäussert. Er habe «wenig Verständnis für jene Strömung, die das Virus, das weltweit viel Leid verursacht, negiert und den Behörden sogar diktatorisches Verhalten vorwirft. Das ist absurd», sagte Berset in einem Interview mit der «SonntagsZeitung».

«Unredlich und unsinnig»

Zwar sei es normal und verständlich, dass manche die Corona-Politik des Bundes als zu grossen Eingriff ins persönliche Leben empfinden und einfach alles weghaben möchten. Und die grosse Mehrheit dieser Kritiker wolle auch eine faktenbasierte Debatte über die Gefahr des Virus und die Massnahmen führen.

Corona-Skeptiker haben genug von den Massnahmen des Bundes.
Foto: Keystone
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Doch gegen die anderen – «Rechtsaussen, radikale Impfgegner, auch obskure Verschwörungstheorien» – teilt der SP-Gesundheitsminister aus: «Es ist unsinnig und unredlich, uns jetzt diktatorisches Verhalten vorzuwerfen. Dafür habe ich kein Verständnis. Unsere erfolgreiche Demokratie lebt davon, dass wir faktenbasiert und mit gegenseitigem Respekt debattieren.»

Keine Anzeichen, dass das Virus sich abschwäche

Behauptungen, wie jene, dass das Virus weniger tödlich geworden sei, widerspricht Berset ebenso: «Ich weiss nicht, woher diese Leute dieses Wissen haben. Ich misstraue plakativen Aussagen. Indizien, dass das Virus weniger gefährlich geworden ist, gibt es nicht.»

Prognosen für den Winter will der Bundesrat aber dennoch nicht machen: «Denn ich habe festgestellt: Fast alle, die in den letzten Monaten Prognosen gemacht haben, lagen falsch.» Im Moment zumindest gebe es kein exponentielles Wachstum. Die Fallzahlen seien hoch, stiegen aber sehr viel langsamer als im Frühling.

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Harte Massnahmen im Winter nicht ausgeschlossen

Dennoch: Sollte sich im Winter die Situation verschlimmern und etwa auch noch eine überdurchschnittlich starke Grippewelle über die Schweiz rollen, könnte das das Spitalsystem an die Grenze kommen. «Und dann sind auch harte Massnahmen wie Beschränkungen für Versammlungen oder Schliessungen nicht mehr auszuschliessen», so Berset.

Noch geht er aber nicht davon aus. Der Gesundheitsminister hat bereits Skiferien gebucht. (sf)


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