Radschützenpanzer für die Ukraine
Hacker stellen Plan für Schweizer Deal online

Russische Hacker haben ein internes Dokument des Bundes zu einem möglichen Ringtausch mit Piranha-Radschützenpanzern zugunsten der Ukraine veröffentlicht. Das bereitet Sicherheitspolitikern Sorge.
Publiziert: 11.08.2023 um 14:04 Uhr

Die Veröffentlichung vertraulicher Dokumente des Bundes sind für SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf (54) sehr beunruhigend. «Wir müssen noch mehr in die Cyber-Abwehr investieren, das wurde zu lange vernachlässigt», findet die Sicherheitspolitikerin.

Auf dem Nachrichtenkanal Telegram haben russische Hacker vertrauliche Dokumente des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) veröffentlicht. Dieses bestätigt den Tamedia-Zeitungen, dass das Papier echt ist. Darin werden die Möglichkeiten für einen Ringtausch von Radschützenpanzern aus Schweizer Produktion ausgelotet, um die Ukraine im Krieg gegen Russland weiter zu unterstützen.

«Das zeigt, wie verwundbar wir sind»

«Bund und bundesnahe Betriebe sind in letzter Zeit vermehrt von Hacker-Angriffen betroffen», sagt auch SVP-Nationalrat Mauro Tuena (51). Dem Präsidenten der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats macht das Sorgen: «Das zeigt, wie verwundbar wir sind. Der Bund muss hier schleunigst über die Bücher.» Vermutlich seien damit auch Pläne für elektronisches Abstimmen und ähnliches für längere Zeit vom Tisch.

Russische Hacker haben ein internes Dokument des Bundes zu einem möglichen Ringtausch mit Piranha-Radpanzern zugunsten der Ukraine veröffentlicht.
Foto: Keystone
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Die Veröffentlichung vertraulicher Dokumente zeige nicht nur, wie verwundbar der Bund sei, findet FDP-Präsident Thierry Burkart (47). «Es deutet auch ein weiteres Mal darauf hin, dass die Schweiz im Cyber-Bereich zu den Angriffszielen des Kremls zählt», sagt er. «Eigentlich würde ich vom Bundesrat erwarten, dass er Russland auf diplomatischem Weg klar mitteilt, was er davon hält.»

Gemäss dem Seco-Dokument könnte Dänemark Piranhas-Radschützenpanzer, die vor Jahren der Schweiz abgekauft worden sind, an einen baltischen Staat liefern. Dieser würde dann eigene Militärfahrzeuge an die Ukraine weitergeben.

Schweiz würde Ukraine-Hilfe ermöglichen

Dänemark würde so also indirekt die Aufrüstung der Ukraine ermöglichen, ohne dass Schweizer Schützenpanzer tatsächlich in einem Kriegsgebiet landeten. Dem Seco liegt für einen solchen Ringtausch allerdings kein konkretes Gesuch vor, betont das Bundesamt.

Das Dokument als Sprachregelung gegen Aussen wurde laut dem Seco Dienststellen der Bundesverwaltung sowie Botschaften im Ausland zur Verfügung gestellt. Die Indiskretion sei inhaltlich nicht mehr problematisch, versichert der Seco-Sprecher. Die Version stamme von Anfang Jahr, die Informationen daraus seien inzwischen bereits bekannt gewesen.

Tatsächlich zeigen sich auch Sicherheitspolitiker eher gelassen. «Das Seco lotet lediglich die Möglichkeiten innerhalb des bestehenden Rechts aus. Es macht damit seinen Job», findet SP-Nationalrätin Seiler Graf. Das sieht SVP-Kollege Tuena gleich.

Bei der inhaltlichen Wertung allerdings gehen die Meinungen deutlich auseinander. «In diesem Fall aber würden die Piranhas gar nicht in die Ukraine gelangen. Aus meiner Sicht wäre das vereinbar mit dem Schweizer Neutralitätsrecht», sagt Seiler Graf.

Ähnlich sieht die Situation aus bei 25 Leopard-2-Panzern, die Bundesrat und Nationalrat an Deutschland verkaufen wollen. Berlin möchte die eigenen Bestände wieder auffüllen, nachdem bereits Panzer an die Ukraine geliefert wurden. Noch fehlt einzig die Zustimmung des Ständerats.

Seco nimmt Angelegenheit «sehr ernst»

Tuena hingegen spricht von einem Ringtausch, der neutralitätspolitisch nicht möglich wäre: «Über ein konkretes Gesuch müsste der Bundesrat abschliessend entscheiden.» Das Problem: Selbst Völkerrechtsexperten sind sich in dieser Frage nicht einig.

Klar sei einzig, dass das verschärfte Kriegsmaterialgesetz der Schweiz mittlerweile enge Fesseln setze, sagt FDP-Chef Burkart. Das Parlament ist weiter daran, nach Lösungen zu suchen.

Wie das Dokument in die Hände der Hacker geriet, war vorerst unklar. Sie behaupteten, dass sie das Schweizer Dokument in einer Mail eines Angehörigen des ukrainischen Militärs gefunden hätten. Den Ukrainern wiederum sei das Papier vom US-Geheimdienst zugespielt worden. Das Seco leitete Abklärungen ein. Man nehme die Angelegenheit «sehr ernst», versichert der Seco-Sprecher. (dba)

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