Post-Spitze bespricht Schadensbegrenzung – da platzt Strafanzeige herein
Knall in der Krisen-Sitzung

Gestern traf sich der Post-Verwaltungsrat in Bern zur Krisensitzung – die Strafanzeige gegen den Konzern machte ihm einen dicken Strich durch die Rechnung.
Publiziert: 14.02.2018 um 23:41 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 14:57 Uhr
Dicke Post für Postchefin Susanne Ruoff (60) und ihren Konzern: In der kommenden Frühjahrssession werden die Politiker in Bern nicht nur über Ruoff und ihre Rolle beim Subventionsbetrug sprechen, sondern auch über die künftige Organisation der Post.
Foto: Keystone
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Pascal Tischhauser, Sermin Faki und Guido Schätti

Eisig kalt war es gestern in Bern. Vor allem an der Wankdorfallee 4, am Hauptsitz der Post. Hier traf sich am Nachmittag der neunköpfige Verwaltungsrat zur Krisensitzung zum Post-Bschiss. Geschäftskosmetik wollte man betreiben. Massnahmen einführen, damit Gesetze in Zukunft besser eingehalten werden. Ein paar Kontrollmechanismen mehr ankündigen. Und den Staatsbetrieb mit Susanne Ruoff (60) an der Spitze weiterführen.

Daraus wurde nichts. Denn mitten in die Sitzung platzt eine Bombe: Die Meldung, dass der Bund Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft und bei der Berner Staatsanwaltschaft wegen der Postauto-Gewinnumbuchungen eingereicht hat – und zwar gegen alle Organe der Post, also auch gegen die Mitglieder des Verwaltungsrats (VR).

Post-Konzernchefin Susanne Ruoff steht in der Kritik.
Foto: Keystone

Zwei Bauernopfer und etwas Kosmetik reichen nicht mehr

Der Zeitpunkt könnte schlechter nicht sein. Aber: «Das Bundesamt musste handeln, da genug Anhaltspunkte für einen Anfangsverdacht von möglichen Straftaten gegeben sind», erklärt Verwaltungsstrafrechtler Andreas Eicker (45) das Vorgehen.

Krisensitzung am Berner Post-Hauptsitz.
Foto: Thomas Meier

«Genügend Anhaltspunkte»: Plötzlich wird den Frauen und Männern der Postaufsicht bewusst, es könnte auch ihnen an den Kragen gehen. Allen voran Postpräsident Urs Schwaller (65) muss jetzt klar sein, was es geschlagen hat. Der Jurist und alt CVP-Ständerat weiss: Zwei geschasste Postauto-Chefs und Kosmetik reichen nicht.

Grösster Subventionsbetrug

Der VR kann den wohl grössten Subventionsbetrug, den die Schweiz gesehen hat, nicht mehr aussitzen. Jetzt muss er handeln. Oder hoffen, dass die Bundesrätin und Schwallers Parteifreundin Doris Leuthard (54) nicht länger zusieht. Gut, haben Leuthard und Schwaller die Handynummern des jeweils anderen gespeichert.

Der Spielverderber heisst Peter Füglistaler (58). Er ist Chef des Bundesamts für Verkehr (BAV). Füglistaler hat den Post-Verantwortlichen mit seiner Strafanzeige einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Und so zog sich die Sitzung gestern bis spätabends hin.

BAV-Direktor Peter Füglistaler hat gehandelt und Strafanzeige eingereicht.
Foto: Keystone

Die Post hatte doch Externe beauftragt

Dabei hatte man doch zusammen mit Ruoff bereits im November die Wirtschaftsprüfer von EY – vormals Ernst & Young – an Bord geholt, um abzuklären, ob es die vom BAV beanstandeten Umbuchungen tatsächlich gab. Noch heute scannen die EY-Leute die Postauto-Buchungen durch.

Zudem hat die Post zusätzlich die renommierte Anwaltskanzlei Kellerhals Carrard mit einer externen Untersuchung des Postauto-Bschisses betraut. Sie gehört zu den Big Five der Wirtschaftsanwaltskanzleien im Land. Und sie rapportiert direkt an Schwaller.

Schwaller könnte der Ausweg sein

Solche Untersuchungen brauchen Zeit, die die Post nun nicht mehr hat. Dafür hat Füglistaler gesorgt. Das Vertrauen in die Konzernspitze ist weg: «Ruoff hat sich in den letzten Tagen in derart viele Widersprüche verheddert, dass sie nur an Glaubwürdigkeit zurückgewinnen kann, wenn sie sich mindestens einstweilen von der Postspitze zurückzieht», sagt Wirtschaftsjuristin Monika Roth von der Hochschule Luzern.

Post-Präsident Urs Schwaller musste bei der Krisensitzung die Strafanzeige gegen sein Unternehmen verdauen.
Foto: Thomas Meier

Gleichzeitig muss die Post weiter geschäften. Für Roth ist VR-Präsident Schwaller ein Ausweg: Erst seit 2016 VR-Präsident, sei der Freiburger «genug glaubhaft, um die Post interimistisch weiterzuführen».

Heute Nachmittag lädt der Post-VR um 14 Uhr die Medien in den Hauptsitz an der Berner Wankdorfallee. Man wartet auf den Befreiungsschlag.

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