Politiker zum SNB-Entscheid
«Ein Spiel mit dem Feuer»

Was für ein Knall. Die Nationalbank hebt den Mindestkurs auf. In der Politik sorgt der Entscheid für Entsetzen – aber auch für Applaus.
Publiziert: 15.01.2015 um 11:50 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 18:18 Uhr
Von Ruedi Studer und Christof Vuille

Martin Landolt, Präsident BDP: «Es mag überraschend sein, aber eigentlich war von Anfang an klar, dass der Mindestkurs nicht auf ewige Zeiten verteidigt werden soll. Das Ziel der Untergrenze war, der Wirtschaft genügend Zeit zu geben, um sich auf die tieferen Kurse einstellen zu können. Seither ist die Kaufkraftparität stetig gesunken. Unterstützt mit der massiven Zinssenkung ist möglicherweise der Zeitpunkt jetzt tatsächlich gekommen, um die Untergrenze aufzuheben. Dies mag jetzt zu Kursturbulenzen führen, die sich aber bald einpendeln dürften. Ich bin zudem davon überzeugt, dass die SNB den Kurs weiterhin aufmerksam beobachten und nötigenfalls auch situativ intervenieren wird.»

Christian Levrat, Präsident SP: «Die Aufhebung des Mindestkurses ist zu diesem Zeitpunkt sehr überraschend und unverständlich. Wie die ersten Kursreaktionen zeigen, droht der Franken nun wieder massiv aufzuwerten. Die Gefahr für die Volkswirtschaft ist immens, wenn die Negativzinsen alleine nicht wirken. Was die SNB dazu bewogen hat, darüber kann ich nur spekulieren, aber ich hoffe sehr, man ist sich im Direktorium bewusst, dass man mit dem Feuer spielt. Wenn der Frankenkurs zum Euro weiter fallen sollte, führt kein Weg an einer Wiedereinführung eines Mindestkurses vorbei.»

Thomas Matter, SVP-Nationalrat: «Das ist ein mutiger Schritt der Nationalbank, der zeigt, dass sie wirklich unabhängig ist. Ich kann den Entscheid nachvollziehen. In den letzten Tagen hat die SNB wohl massiv Euro kaufen müssen. Nun hat sie offenbar realisiert, dass es der Eurozone schlechter geht als angenommen. Hinzu kommt, dass die Kaufkraftparität stetig gesunken ist.»

Christophe Darbellay, CVP-Präsident: «Die CVP hat den Mindestkurs gegenüber dem Euro stets unterstützt. Das gab den KMU Planungssicherheit und schützte das Gewerbe vor allem in den Randregionen. Ebenfalls profitierten die Exportwirtschaft und der Tourismus davon. Klar ist, dass die Euro-Anbindung für die SNB immer teurer wurde und ihre Devisenberge immer höher wurden. Die SNB fällt ihre Entscheide unabhängig, und in der Vergangenheit wusste sie stets, was sie tat.»

Susanne Leutenegger Oberholzer-SP-Nationalräitn, nennt den Entscheid der Nationalbank «brandgefährlich» und ein «va banque»-Spiel mit der Exportwirtschaft. Diese habe sich auf den Mindestkurs eingestellt.

Der Euro-Markt sei für die Exportwirtschaft der wichtigste Markt, sagte Leutenegger Oberholzer am Donnerstag der Nachrichtenagentur sda. Die Aufgabe des Mindestkurses bringe neue Unsicherheit. Die Absicherungskosten für die Unternehmen würden steigen.

Für die Exportwirtschaft bringe der Entscheid grosse Probleme. Leutenegger Oberholzer fürchtet deshalb auch um Arbeitsplätze. Ob die höheren Negativzinsen eine Hilfe sein können, bezweifelt sie. In den Augen von Leutenegger Oberholzer hat die Nationalbank «offenbar dem Druck von rechts nachgegeben», wie sie sagt. «Ebner, Grübel, Schildknecht haben sich durchgesetzt», schrieb die Nationalrätin im Kurznachrichtendienst Twitter.

Corrado Pardini, SP-Nationalrat und Unia-Gewerkschafter: Dank dem Mindestkurs kamen wir mit einem blauen Auge durch die Krise. Dieser Entscheid ist ein grosser Fehler. Die Nationalbank setzt unsere Löhne und Arbeitsplätze – vor allem in der Industrie – leichtfertig aufs Spiel.

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Lukas Reimann, SVP-Nationalrat, lobt die Nationalbank. Für ihn ist der Entscheid der Nationalbank, auf den Euro-Mindestkurs zu verzichten, «hervorragend und überfällig» gewesen. Die Schweizer Wirtschaft sei gut aufgestellt. Sie werde und müsse den Entscheid verkraften, sagte er.

Für die Exportwirtschaft sei der am Donnerstag unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Entscheides eingetretene Kurssturz zwar schwierig, räumte Reimann ein. «Vielleicht wäre ein Vorgehen in Schritten besser gewesen». Er vertraue jedoch auf das Fachwissen der Verantwortlichen bei der Nationalbank.

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