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Peinlicher Flop des Bundesamtes für Kultur
Schweiz gibt Ramsch an Ägypten zurück

Ein deutscher Ägyptologe ist sicher: Statt alter Kulturgüter hat die Eidgenossenschaft kürzlich billige Souvenirs dem Botschafter vom Land der Pharaonen zurückgegeben.
Publiziert: 01.12.2018 um 19:52 Uhr
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Aktualisiert: 02.12.2018 um 11:18 Uhr
Marcel Odermatt

Yves Fischer (44) platzte fast vor Stolz. Am 21. November übergab der Vizedirektor des Bundesamts für Kultur (BAK) dem ägyptischen Botschafter in Bern, Hisham Seifeldin, 26 angebliche archäologische Kulturgüter aus Ägypten.

Bei den zurückerstatteten Objekten handle es sich, wie das BAK feierlich mitteilte, um «eine Figurine, welche den Gott Anubis repräsentierte, zwölf Uschebti (mumiengestaltige Statuetten) sowie verschiedene Amulette, welche unter anderem das Ho-rusauge und den Djed-Pfeiler darstellen». Diese Kulturgüter «stammten aus einer Zeit zwischen dem 3. Jahrtausend v. Chr. und 4. Jahrhundert v. Chr.».

«Moderne Nachahmungen billigster Machart»

Die Objekte, die der Jurist und Musiker Fischer dem Diplomaten per Handschlag übergab, waren im Verlauf von zwei Strafverfahren durch die Behörden der Kantone Luzern und Wallis eingezogen worden. Wahrscheinlich waren sie Ägypten-Reisenden am Zoll abgenommen und beschlagnahmt worden. Die im Internet publizierten Abbildungen des Schmuggelguts waren auch Sachverständigen nicht entgangen. Die aber kommen zu ­einem ganz anderen Schluss als die Schweizerische Eidgenossenschaft.

Vor kurzem wurden 26 Objekte an Ägypten zurückgegeben. Alles billige Souvenirs, meint der Fachmann.
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Chistian E. Loeben (56), Kurator der ägyptischen und islamischen Sammlungen am Museum August Kestner in Hannover (D) versteht die Welt nicht mehr: «Bei den 26 angeblich ‹archäologischen Kulturgütern› handelt es sich in 25 Fällen eindeutig um moderne Nachahmungen billigster Machart.» Der renommierte Experte weiter: «Solche Objekte werden in Ägypten an Touristen verkauft und zwar nicht einmal unter dem Vorwand, original alt­ägyptische Stücke zu sein, sondern als ganz billiger Touristenramsch, wobei Alter nicht einmal vorgetäuscht wird: zu offensichtlich ist, dass solche Stücke nicht antik sind, sondern ganz einfache, billigste Souvenirs.» Die Restitu­tion sei deshalb reine Zeit- und Geldverschwendung.

Um zweifelsfrei festzustellen, dass es sich um Fälschungen handle, brauche man, so der Ägyptologe, nicht einmal Spezialist zu sein. Das könne auch ein Liebhaber ägyptischer Kunst.

«Massive Fehleinschätzung»

In den Augen des Kunsthistorikers hat das Bundesamt für Kultur jetzt ein Glaubwürdigkeitsproblem: «Es ist mir – ehrlich gesagt – unbegreiflich, wie solch eine massive Fehleinschätzung einer Schweizer Bundesbehörde unterlaufen konnte.» Es gebe in der Schweiz eine grosse Anzahl von Ägyptologen und anderen hervorragenden Kennern altägyptischer Kunst.

Loeben: «Sie nach ihrem Urteil zu befragen, wäre ein leichtes – sowie Pflicht – gewesen und hätte nicht nur dem Bundesamt, sondern dem Ruf der Schweiz als Land von Kunstbegeisterung und darüber hinaus auch den involvierten ägyptischen Behörden eine Riesenpeinlichkeit erspart!»

Das Bundesamt für Kultur selber schiebt den Schwarzen Peter der Polizei und den Ägyptern zu. BAK-Sprecher Daniel Menna: «Die Fachstelle Internationaler Kulturgütertransfer unseres Bundesamts hat eine entsprechende Anfrage an das Fedpol gerichtet, welche über Interpol in Kairo beantwortet wurde.» Interpol Kairo habe die Authentizität der Objekte eindeutig bestätigt. «Diese Information wurde von der Fachstelle an die Zollbehörden übermittelt», so Menna weiter.

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