Parlamentarier fordern Militär-Einsatz
Die Armee soll boostern!

Fast niemand, der noch keine 65 Jahre alt ist, wird sich vor Jahresende in der Schweiz die Auffrischungsimpfung geben lassen können. Die Kantone machen keine Anstalten, Gas zu geben. Jetzt schliessen sich Politiker der Forderung an, die Armee zu Hilfe zu holen.
Publiziert: 22.11.2021 um 08:16 Uhr
Pascal Tischhauser

«Armee an die Spritze», fordert der Infektiologe Huldrych Günthard (60). Denn ihm geht es viel zu langsam voran mit der Auffrischungsimpfung gegen Corona. Militär und Zivilschutz sollen aushelfen, wenn die Behörden das mit dem zur Verfügung stehenden medizinischen Personal nicht schaffen, macht er im Interview mit der «SonntagsZeitung» deutlich.

Für Günthard ist es unverständlich, dass die Kantone nicht alles unternehmen, um die älteren und gefährdeten Personen nicht umgehend und möglichst viele jüngere Leute noch in diesem Jahr zu boostern. Denn es bestätigt sich, was Blick geschrieben hat: Die dritte Impfung für unter 65-Jährige gibts in vielen Kantonen erst ab Neujahr.

Stöckli würde Soldaten Arm hinhalten

Günthards Forderung an die Adresse von Verteidigungsministerin Viola Amherd (59) schliessen sich nun Gesundheitspolitiker aus verschiedenen Parteien an – auch aus ihrer Mitte-Partei. Nach einem Armeeeinsatz im ersten Pandemiejahr belässt Amherd Sanitätsrekruten und -soldaten nämlich lieber in der Kaserne, als sie zur Unterstützung der Kantone einzusetzen.

Damit es beim Boostern vorwärtsgeht, soll die Armee einspringen.
Foto: Keystone
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«Ich würde mich durch einen ausgebildeten Sanitätsrekruten impfen lassen», betont der SP-Ständerat Hans Stöckli (69). Seine 96-jährige Mutter hatte die dritte Impfung bereits. «Und ich habe auch schon einen Boostertermin», sagt der Berner. Es sei richtig, die Leute jetzt in der Reihenfolge ihrer Verletzlichkeit zu boostern.

Auch Ettlin und Rösti für Soldaten

Aber auch bei den unter 65-Jährigen müsse es zügig weitergehen. «Die Kantone dürfen jetzt nicht logistische Probleme vorschieben, weshalb es nicht vorangehen soll, trotz verfügbaren Impfstoffs», sagt Stöckli. Darum sollen, wenn es nötig sei, halt auch Sanitätssoldaten beim Boostern helfen.

Ähnlich klingt es vonseiten des Mitte-Ständerats Erich Ettlin (59). Der Obwaldner betont zwar, zuerst seien jetzt die Kantone in der Pflicht. «Sie haben, unterstützt vom Bund, die notwendigen Kapazitäten zu schaffen, um die Bevölkerung rasch zu boostern.»

Doch: «Wenn diese tatsächlich nicht in der Lage sein sollten, rasch zu handeln, fände ich es durchaus richtig, wenn Sänitätssoldaten mithelfen würden, die Drittimpfungen zu verabreichen.»

Auch der frühere SVP-Präsident und Nationalrat Albert Rösti (54) sagt: «Ich wäre dafür, hier die Armee aufzubieten, wenn es sie braucht, um schnell Jüngere zu boostern.» Das sei sicher effektiver, als wie während der Impfwoche Hunderttausende Franken in die Kulturszene zu stecken.

Salathé: Leid verhindern

Der Epidemiologe Marcel Salathé (46) von der EPFL unterstützt Günthard via Twitter. Denn das Boostern nach sechs Monaten werde viel Leid verhindern. Das müsse jetzt schneller vorwärts gehen.


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