Chinesische Razzia im Auftrag der Schweiz
Hier räumt die Polizei bei Schweizerkreuz-Fälschern auf

Wo Schweiz draufsteht, ist nicht immer Schweiz drin. Besonders in China blüht der Markt mit falschen Swissness-Produkten. Der Bund macht Jagd auf die Fälscher – doch das reicht dem Parlament nicht.
Publiziert: 06.12.2021 um 03:24 Uhr
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Aktualisiert: 06.12.2021 um 07:14 Uhr
Lea Hartmann

Im 15. Stock eines Büroturms im Nordwesten Shanghais schlugen die Beamten vergangenen März zu. Sie beschlagnahmten Rucksäcke, Thermosflaschen, Kopfhörer, Kugelschreiber und viele weitere Billigwaren. Auf allen prangte der Markenname Swiss Peak, daneben ein Logo mit Schweizerkreuz.

Die chinesischen Behörden hatten den Einsatz im Auftrag der Schweiz durchgeführt. Das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) schaut ganz genau hin, wenn irgendwo im Ausland ein Schweizerkreuz oder die Bezeichnung «Swiss made» auftaucht. Denn wo Schweiz draufsteht, muss auch Schweiz drin sein. Die genauen Voraussetzungen sind seit vier Jahren im Swissness-Gesetz geregelt.

Bundesrat soll sich zur Wehr setzen

Doch die Hersteller von Swiss Peak scheren sich nicht darum. Und nicht nur sie. Das Handelsvolumen mit falschen Swissness-Produkten und gefälschten Schweizer Marken sei gewaltig, sagt der parteilose Schaffhauser Ständerat Thomas Minder (60). China ist mit Abstand der grösste Player im Fake-Markt: Fast zwei Drittel aller Fälschungen weltweit kommen laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aus dem Reich der Mitte.

Im Frühling hat die chinesische Marktaufsichtsbehörde in Zusammenarbeit mit der Schweiz eine Firma in Shanghai hochgenommen.
Foto: Zvg
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Das Parlament will den Bundesrat nun zwingen, den Kampf gegen falsche «Swiss made»-Produkte und Fälscherware aus China zu verstärken. Der Ständerat hat einen entsprechenden Vorstoss seiner Aussenpolitischen Kommission bereits klar angenommen. Fast alle Fraktionen waren mehrheitlich dafür, nur die FDP war gespalten. Am Montag entscheidet der Nationalrat. Das Ja der grossen Kammer dürfte Formsache sein – die vorberatende Kommission unterstützt den Vorstoss ebenfalls mit grosser Mehrheit.

Freihandelsabkommen im Visier

Doch was kann die Schweiz überhaupt gegen die chinesischen Fälscherbanden tun? Die Landesregierung müsse «auf höchster politischer Ebene» in China vorstellig werden, fordert Ständerat Minder. Das Thema müsse bindender Teil des Freihandelsabkommens mit China werden, das weiterentwickelt werden soll.

Minder räumt ein, dass Letzteres ein Wunschtraum bleiben dürfte. «Doch wir müssen das Thema wenigstens der Verhandlungsdelegation mit in den Rucksack geben.» Es könne doch nicht sein, dass man den grössten Player im Fälschungsmarkt einfach widerstandslos machen lasse. Auch SP-Nationalrätin Jacqueline Badran (60) sagt: «Der Vorstoss ist immerhin ein politisches Signal, dass die Schweiz das nicht einfach hinnimmt.»

Schweiz kontrolliert chinesische Marken

Der Bundesrat indes will sich nicht mit China anlegen. Justizministerin Karin Keller-Sutter (57) stellt sich auf den Standpunkt, dass man in den vergangenen Jahren ja schon viel erreicht habe. Das stimmt. So schicken die chinesischen Behörden seit drei Jahren jedes Gesuch zur Eintragung einer neuen Marke, die «Swiss» oder das Schweizerkreuz enthält, in die Schweiz. Nur wenn es aus Bern grünes Licht gibt, darf die Marke verwendet werden.

«Die Zahlen bestätigen, dass das funktioniert», sagt David Stärkle (42), Geschäftsführer des Vereins Swissness Enforcement, der für die Bekämpfung des Schweizerkreuz-Bschisses zuständig ist. Habe man 2012 noch über 100 Mal pro Jahr intervenieren müssen, habe man das im vergangenen Jahr nur noch in 14 Fällen tun müssen. In diesem Jahr habe man bisher vier Einsprachen gemacht.

Allerdings sagt Stärkle auch: «Die Dunkelziffer ist immens.» Von vielen falschen «Swiss made»-Produkten bekommen die Schweizer Behörden gar nicht Wind – oder erst, wenn sie schon lange auf dem Markt sind.

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