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Parlament untersucht Crypto-Affäre
Jetzt werden alt Bundesräte vorgeladen

Plötzlich kann es Bundesrat und Parlament nicht schnell genug gehen: Die Aufsicht über den Nachrichtendienst führt eine Inspektion der Crypto-Spionageaffäre durch. Auch die Landesregierung lässt sie untersuchen. Doch wie ernsthaft ist das?
Publiziert: 13.02.2020 um 22:48 Uhr
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Aktualisiert: 19.02.2020 um 17:41 Uhr
Ladina Triaca, Tobias Bruggmann, Daniel Ballmer und Ruedi Studer

Mit einer geheimen Informationsnotiz war die Landesregierung am 5. November 2019 ins Bild gesetzt worden, dass die Verschlüsselungsgeräte der Zuger Firma Crypto AG für den US-Geheimdienst CIA und den deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) eine Hintertür offen liessen. Und dass die Firma auch diesen beiden Nachrichtendiensten gehörte, wie Recherchen der «Rundschau» zeigen würden. Das belegt ein vertrauliches Papier aus dem Bundesrat, von dem BLICK Kenntnis hat.

Laut diesem Papier informierte das Verteidigungsdepartement (VBS) dann am 12. November 2019 den damaligen Präsidenten der Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments (GPDel), Claude Janiak (71), sowie die unabhängige Aufsichtsbehörde über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten.

Aktivismus ausgebrochen

Janiak, der derzeit in Südamerika weilt, hat die GPDel laut eigener Aussage am 25. November 2019 in Kenntnis gesetzt. Anfang Dezember übernahm Alfred Heer das GPDel-Präsidium. Wohl dem Wechsel und Weihnachten geschuldet, passierte daraufhin nichts.

SVP-Nationalrat und GPDel-Chef Alfred Heer kündigt eine Inspektion zur Crypto-Affäre an.
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Doch weil die Spionageaffäre seit Dienstag kocht, geht es plötzlich schnell: Die GPDel führt in der Crypto-Affäre eine Inspektion durch. Das gab GPDel-Chef Heer gestern bekannt. Erste Befragungen sollen noch diesen Monat stattfinden.

«Im Fokus stehen dabei natürlich alt Bundesräte, Mitarbeiter des Verteidigungsdepartements und des damaligen Nachrichtendienstes», erklärte Heer vor den Medien. In den Fokus geraten war etwa der einstige Verteidigungsminister Kaspar Villiger (79). Der Name des früheren FDP-Bundesrats war in den CIA-Papieren aufgetaucht, die der Ursprung der Affäre sind. Das deutsche ZDF hatte die Papiere mit der «Rundschau» und der US-Zeitung «Washington Post» geteilt.

GPDel drängt vor

Schon im Januar hatte der Bundesrat eine Untersuchung unter der Führung von alt Bundesrichter Niklaus Oberholzer (66) in Auftrag gegeben. Die GPDel begrüsse diese, so Heer. Allerdings hielt er fest, dass die Öffentlichkeit und die Politik diesen Schritt als ungenügend erachteten. «Wir werden unsere Arbeit sicher mit Herrn Oberholzer koordinieren», sagte Heer. Doch seine Delegation habe als Oberaufsichtsbehörde den Vorrang. Erste Ergebnisse zur Zusammenarbeit der Zuger Firma mit ausländischen Nachrichtendiensten sollen im Juni vorliegen.

Untersucht werden sollen die «Berührungspunkte» zwischen den Bundesstellen und den ausländischen Nachrichtendiensten – also primär mit dem deutschen BND und der amerikanischen CIA. Die Gruppe unter Heers Führung will ebenfalls klären, ob und inwieweit der Bundesrat über die Aktivitäten der Crypto AG informiert war.

Es war bereits seit längerem vermutet worden, dass ausländische Geheimdienste bei der Zuger Crypto ihre Finger im Spiel hatten. Nun ist klar: CIA und BND waren seit 1970 Eigentümer der Crypto AG – über eine liechtensteinische Tarnfirma.

Amherds CVP will keine PUK

Verschiedenen Parteien reicht die GPDel-Inspektion nicht. Vor allem der zögerliche Start wirft seit Publikation der «Rundschau»-Recherchen Fragen nach der Ernsthaftigkeit der Untersuchung auf. Grüne, SP und FDP fordern eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK). Selbst aus Heers SVP kommt eine solche Forderung.

Einzig die CVP, die Partei der zuständigen Bundesrätin Viola Amherd (57), ist auffallend zurückhaltend. Dabei stellen sich genau in ihrem Verteidigungsdepartement, zu dem just der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) gehört, die dringendsten Fragen. Wer wusste – vor allem im NDB – wann was? Und wurde einer der VBS-Vorsteher informiert? Und falls ja, auch der Gesamtbundesrat?

Hier verlangen Parteien von links bis rechts Klarheit.


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