P-26 polarisiert noch immer
Neuer Streit um die Kalten Krieger

Die armeefreundliche Gruppe Giardino fordert, dass die Mitglieder der ehemaligen Geheimorganisation P-26 vom Bundesrat rehabilitiert werden. Der Historiker Georg Kreis hält nichts davon.
Publiziert: 13.07.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 17:02 Uhr
Sermîn Faki

Die Todesanzeige für den Ende Juni verstorbenen Hans-Rudolf Strasser lässt den alten Konflikt um die Schweiz im Kalten Krieg und die geheime Kaderorganisation P-26 wieder aufleben. Waren die 400 Männer und wenigen Frauen Patrioten, die sicherstellten, dass die Schweiz bei einer möglichen Besetzung durch die Sowjetunion Widerstand leisten kann? Oder waren sie demokratiefeindliche Aktivisten, «Indianerli», wie der ehemalige SP-Präsident Helmut Hubacher in der «Aargauer Zeitung» sagt?

Foto: KEY

Giardino fordert formelle Rehabilitation

Für Willi Vollenweider ist der Fall klar. «Diese Leute haben ihre Pflicht getan wie alle anderen, die Wehrdienst geleistet haben», sagt der Präsident der Gruppe Giardino, die sich für eine starke Milizarmee einsetzt. Er versteht, dass die P-26-Ehemaligen den Tod ihres Mitglieds Strasser zum Anlass nehmen, ihren Unmut darüber zu äussern, wie mit ihnen umgegangen wird. «Dass sie dermassen diffamiert und zu Landesverrätern gemacht wurden, ist sehr, sehr ungerecht», so Vollenweider.

Er fordert ein Zeichen von der Landesregierung. Zwar hat der Bundesrat 2009 in einer Antwort auf einen Vorstoss des damaligen Bündner CVP-Ständerats Theo Maissen allen Angehörigen der Kaderorganisationen, die von 1940 bis 1991 bestanden haben, für die «in den gefahrvollen Tagen des Zweiten Weltkrieges und des Kalten Krieges» geleisteten Dienste gedankt. In der Folge haben auch verschiedene Kantonsregierungen die P-26-Leute geehrt. Doch das reicht Vollenweider nicht: «Der Bundesrat sollte handeln und die Mitglieder rehabilitieren.»

Der Aufschrei war gross, als 1990 die P-26 aufflog. Von einer «Geheimarmee» wurde bald gesprochen, von einer «unkontrollierbaren Guerillatruppe». In den letzten Jahren ist es ruhiger geworden um die geheime Widerstandsorganisation, die bei ihrer Enttarnung rund 400 Mitglieder zählte und vom 2014 verstorbenen Basler Efrem Cattelan geführt wurde. Foto: RDB
Foto: BAA_2015_05_11

«Kein Platz in einer Demokratie»

Handverlesen: Georg Kreis.
Foto: Keystone

Historiker Georg Kreis hat für diese Forderung kein Verständnis. «Die Kritik an P-26 erfolgte völlig zu Recht», sagt der Basler Professor, Anfang der 1990er-Jahre Beauftragter des Bundesrates zur Erarbeitung eines historischen Berichts über den Staatsschutz in der Schweiz zwischen 1935 und 1990. «Solche Geheimorganisationen haben in einem demokratischen Rechtsstaat keinen Platz», stellt er klar.

Auch wenn der Zeitgeist angesichts der aktuellen Bedrohungslage wieder dreht, «sollte eine kritische Haltung gegenüber dieser Art von Parallelgesellschaften aufrecht erhalten werden», findet Kreis. Der Trotz, der aus der Todesanzeige spreche, sei ein Zeugnis dafür, «dass diese männerbündlerischen Patrioten keinerlei Unrechtsbewusstsein haben».

Ganz geheim

Bern – P-26 (Projekt 26) war eine während des Kalten Krieges aufgebaute geheime Kaderorganisation. Sie sollte im Fall einer Besetzung der Schweiz durch den Feind Widerstand leisten. Eine Gesetzesgrundlage gab es nicht, aber Chef Efrem Cattelan, Oberst im Generalstab, beharrte immer darauf, dass die Tätigkeit durch die Verfassung abgedeckt gewesen sei.

Finanziert wurde P-26 vom damaligen Eidgenössischen Militärdepartement. Als die Geheimarmee 1990 im Rahmen der Fichenaffäre aufflog, hatte sie rund 400 Mitglieder. Die Auflösung bedeutete nicht Offenlegung: Die Akten bleiben bis etwa 2040 unter Verschluss.

Waffen, Sprengladungen und Unterlagen aus einem P-26-Depot.
Waffen, Sprengladungen und Unterlagen aus einem P-26-Depot.
Keystone

Bern – P-26 (Projekt 26) war eine während des Kalten Krieges aufgebaute geheime Kaderorganisation. Sie sollte im Fall einer Besetzung der Schweiz durch den Feind Widerstand leisten. Eine Gesetzesgrundlage gab es nicht, aber Chef Efrem Cattelan, Oberst im Generalstab, beharrte immer darauf, dass die Tätigkeit durch die Verfassung abgedeckt gewesen sei.

Finanziert wurde P-26 vom damaligen Eidgenössischen Militärdepartement. Als die Geheimarmee 1990 im Rahmen der Fichenaffäre aufflog, hatte sie rund 400 Mitglieder. Die Auflösung bedeutete nicht Offenlegung: Die Akten bleiben bis etwa 2040 unter Verschluss.

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