Offener Brief an die Politik
Jetzt will Nemo auch den Code des Bundeshauses knacken

Adressiert an Bundesrat und Parlament, fordert ein offener Brief die amtliche Anerkennung von non-binären Menschen. Die Forderung ist an Nemos Lied für den Eurovision Song Contest angelehnt.
Publiziert: 08.05.2024 um 12:15 Uhr
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Aktualisiert: 08.05.2024 um 13:27 Uhr
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Céline ZahnoPraktikantin Politik

Ins Bundeshaus gelangt man eigentlich nur mit einem Badge – nicht mit einem Code. Nemos Lied für den Eurovision Song Contest hat es aber trotzdem in die heiligen Hallen der Schweizer Politik geschafft.

«I broke the code», singt Nemo und erzählt damit den Weg zur eigenen non-binären Geschlechteridentität. Dafür müsse der vorherrschende zweiteilige Code aus den Kategorien Mann und Frau aufgebrochen werden. In einem offenen Brief wird nun gefordert: Dieser Code solle endlich auch von Bundesrat und Parlament geknackt werden. 

Anlehnung an Nemos Song

Träger des Briefes sind unter anderem linke Politiker und Politikerinnen wie Balthasar Glättli (52), Anna Rosenwasser (34) oder Islam Alijaj (37). Für die Schweizer Behörden existierten nicht binäre Menschen wie Nemo gar nicht, schreiben die Unterzeichnenden im offenen Brief. Anders als zum Beispiel in Deutschland oder Österreich ist es nach geltendem Recht in der Schweiz nämlich nicht möglich, sich im Personenregister anders denn als «Frau» oder «Mann» einzutragen. Es gibt auch keine Möglichkeit, ganz auf einen Eintrag über das Geschlecht zu verzichten.

Am Eurovision Song Contest singt Nemo über einen geknackten Code.
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Dafür sollen jetzt die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden. Die Forderung für ein amtliches drittes Geschlecht ist eigentlich nicht neu. Allerdings hat der Bundesrat eine solche Option bereits 2022 abgelehnt, weil er die «gesellschaftlichen Voraussetzungen» dafür nicht erfüllt sah. 

Gesellschaft ist der Politik voraus

«Diese Einschätzung ist aber schon längst aus der Zeit gefallen», sagt Daniel Graf (51) von der Stiftung für direkte Demokratie, die den Brief unterstützt. Die Politik würde dem gesellschaftlichen Wandel hinterherhinken, lautet die Kritik.

Das zeigten Beispiele aus dem Kulturbereich – so wie eben Nemos Song oder auch Kim de l'Horizons Debütroman «Blutbuch», dessen Erzählfigur sich weder als Mann noch als Frau identifiziert.

Warten sei keine Option mehr, sagt Graf. Die Politik müsse handeln, um die Existenz von Menschen wie Nemo endlich anzuerkennen. «Die nächste Gelegenheit hat der Bundesrat, wenn er Nemo bei einem allfälligen Platz auf dem Podium gratuliert. Dieser Moment könnte der Kipppunkt für eine nicht binäre Schweiz sein.»

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