Noch fehlen viel zu viele Unterschriften
Frontex-Referendum droht zu scheitern

Europa sorge an seinen Grenzen für viel Flüchtlingselend. Daran dürfe sich die Schweiz nicht beteiligen, finden Gegner der Grenzschutzagentur Frontex. Bisher hat das linke Aktivsten-Netzwerk aber Mühe zu mobilisieren.
Publiziert: 23.12.2021 um 09:15 Uhr

Europa rüstet an seinen Aussengrenzen auf. Die Staaten sehen sich von nicht enden wollenden Flüchtlingsströmen bedroht. Seit 2016 verstärkt die EU die Grenz- und Küstenwache Frontex mit mehr Personal und technischer Ausrüstung. An diesem Ausbau muss sich auch die Schweiz als Schengen-Mitglied beteiligen.

In seiner Herbstsession hat das Parlament eine Erhöhung des Beitrags von 14 Millionen auf neu 61 Millionen Franken pro Jahr abgesegnet – allerdings nur sehr knapp. SP, Grüne und auch Teile der SVP hatten sich dagegen gewehrt.

Dagegen hat das Migrant Solidarity Network Mitte Oktober das Referendum angekündigt – unterstützt von SP, Juso, Grünen, dem Klimastreik Schweiz oder der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA).

Nach wie vor versuchen Zehntausende, nach Europa zu gelangen. Nach wie vor sterben Hunderte bei dem Versuch.
Foto: Keystone
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«Gewalt, Elend und Tod sind an den EU-Aussengrenzen trauriger Alltag geworden», begründet das Aktivisten-Netzwerk. Flüchtende aus Kriegsgebieten würden verprügelt, ausgeraubt und zurückgeschickt, wobei Frontex eine zentrale Rolle spiele. «Wir fordern: Kein Geld für Menschenrechtsverletzungen!»

«Wir glauben nach wie vor daran, dass wir es schaffen!»

Doch trotz breiter Unterstützung: Die Unterschriftensammlung harzt. Nach Ablauf von rund zwei Dritteln der Referendumsfrist hat das Komitee dieser Tage auf sozialen Medien Alarm geschlagen: «Das Referendum droht zu scheitern!» Am Donnerstagmorgen waren erst gerade 10'948 Unterschriften ausgewiesen. 50'000 sind bis zum 20. Januar nötig – wobei es erfahrungsgemäss jeweils ein paar Tausend mehr braucht, weil einige ungültig sind.

Dennoch bleiben die Frontex-Gegner zuversichtlich. «Wir haben in der letzten Woche nochmals so viel sammeln können wie zuvor in einem Monat und sind jetzt bei rund 20'000 Unterschriften», betont Malek Ossi vom Referendumskomitee. Der Gang an die Öffentlichkeit habe genützt. «Wir glauben nach wie vor daran, dass wir es schaffen!» Über Weihnachten seien noch einige Sammelaktionen geplant.

Partner sind weniger zuversichtlich

Der Start aber war harzig, was wohl auch an der fehlenden Erfahrung beim Sammeln von Unterschriften liegt. Das ist sogar aus den Reihen von SP und Grünen zu hören, die das Referendum unterstützen. Das Ganze wirke nicht sehr professionell, man habe beim Referendumskomitee nicht einmal eine Ansprechperson. Hilfe aber sei nicht erwünscht gewesen, heisst es. Vermutlich sei das Vorhaben kaum mehr zu retten, zeigen sich Parteienvertreter wenig optimistisch.

Das Frontex-Referendum ist mit diesen Problemen aber nicht alleine. Die Pandemie erschwert viele Unterschriftensammlungen, wie Demokratie-Aktivist Daniel Graf (48) kürzlich im Blick ausführte: «Initiativen und Referenden, die mit Corona zu tun haben, sammeln sich derzeit leicht. Aber was ist mit dem Rest?» Das Frontex-Referendum oder jenes gegen das Transplantationsgesetz seien wichtige gesellschaftspolitische Anliegen. Auch wegen Corona aber drohten sie bereits in der Sammelphase zu scheitern. (dba)

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