Neues Filmgesetz zwingt sie dazu
So viel investieren Netflix und Co. dieses Jahr in den Schweizer Film

Streamingdienste wie Netflix und Disney müssen ab diesem Jahr in den Schweizer Film investieren. Mit zusätzlichen rund 18 Millionen für das Schweizer Filmschaffen rechnet man damit beim Bund. Goldgräberstimmung macht sich deshalb nicht breit.
Publiziert: 24.06.2024 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 24.06.2024 um 07:22 Uhr
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Sophie ReinhardtRedaktorin Politik

Seit Anfang Jahr gilt in der Schweiz das neue Filmgesetz. Für Streamingdienste und private ausländische Sender gilt darum seit Anfang Jahr eine Investitionspflicht: Anbieter wie Netflix, Disney, Amazon Prime, Sky und Paramount müssen vier Prozent des hier erwirtschafteten Umsatzes ins Schweizer Filmschaffen investieren.

Bis Ende März hatten Netflix und Co. Zeit, ihre Umsätze dem Bundesamt für Kultur (BAK) zu melden. Diese seien der Pflicht nachgekommen, heisst es beim BAK auf Anfrage.

Blick wollte darum wissen, wie viel Geld die Schweizer Filmindustrie nun zusätzlich von diesen internationalen Firmen erwarten kann.

Seit diesem Jahr gilt für Streamingdienste wie Netflix eine Investitionspflicht von vier Prozent des hier erwirtschafteten Umsatzes ins Schweizer Filmschaffen.
Foto: AFP
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Drei zusätzliche Filme dank Filmgesetz?

Vor der Abstimmung hat das BAK geschätzt, dass so etwa 18 Millionen Franken zusätzlich in das Filmschaffen fliessen könnten. «Heute kann man sagen, dass diese Schätzungen wohl zutreffend sind», sagt Laurent Steiert (52), Co-Leiter der Sektion Film beim BAK. Ganz genau könne man das heute nicht sagen, weil Abklärungen noch am Laufen seien.

Auch werde erst nächsten Sommer überprüft, was die Firmen wirklich investiert hätten. Unternehmen, die nicht selbst in das Filmschaffen in der Schweiz investieren, können auch eine Ersatzabgabe an den Bund bezahlen.

Mit 18 Millionen kann man rund drei Filme finanzieren, schätzen Experten. Auch deshalb ist momentan keine Euphorie in der Schweizer Filmbranche auszumachen. «Bisher beobachte ich vor allem, dass auf den Streamingplattformen prominenter auf Schweizer Filme hingewiesen wird, zudem haben einige sich Lizenzen für ältere Filme wie Heidi oder Schellen-Ursli besorgt», sagt Lukas Hobi (40), von der Filmproduktionsfirma Zodiac Pictures.

Grosse Ankündigungen über neue Filmprojekte von Netflix und Co. in der Schweiz lassen vorerst noch auf sich warten. Die angefragten Streamingdienste wollten gegenüber Blick keine Stellung nehmen, wie ihre Investitionspläne aussehen.

Beiträge der Streaminganbieter spürt man kaum

Unweigerlich stellt sich also die Frage, ob das neue Filmgesetz denn wirklich Verbesserungen für das hiesige Filmpublikum mit sich bringt. Die SRG investierte vergangenes Jahr mit über 50 Millionen Franken deutlich mehr in den Schweizer Film und koproduzierte damit 190 Filme und Serien. Gemäss Bundesamt für Statistik förderte die öffentliche Hand Film und Kino im Jahr 2021 zusätzlich mit über 100 Millionen. Der Beitrag von Disney, Sky und Netflix ist also ein Klacks im Vergleich.

Jede zusätzliche Million sei begrüssenswert, verteidigt Matthias Aebischer (56), SP-Nationalrat und Präsident Cinésuisse, dem Dachverband der Schweizerischen Film- und Audiovisionsbranche, die Investitionspflicht. «Netflix kann bereits mit wenigen Millionen eine Schweizer Serie verfilmen, die ein Hit werden kann.» Zudem zeige sich die Stärke des Filmgesetzes auch darin, dass Schweizer Filme vermehrt auf Plattformen erscheinen würden, auf denen bis vor wenigen Jahren fast nur amerikanische Streifen gelaufen seien.

Als Referendumsführer kämpfte Matthias Müller (31, FDP) zuvorderst gegen das Filmgesetz. Heute geht er davon aus, dass künftig noch mehr Geld von den Plattformen in den Schweizer Film investiert werden müsse als die jetzt genannten 18 Millionen Franken. «Ich befürchte, dass die Streamingunternehmen wegen dieser Filmsteuer die Abopreise weiter anheben werden», so Müller.

Für ihn sei klar, dass aber auch das hiesige Filmwesen abliefern müsse, wenn es immer mehr Gelder erhalte: «Ich will Schweizer Filme sehen, die kommerziell erfolgreich sind und Oscars gewinnen», so Müller.

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