Neue Sitzordnung im Nationalrat
Grüne drängen GLP nach rechts

BLICK zeigt, wer sich auf die neue Legislatur hin im Bundeshaus einen der begehrten Plätze sichern konnte und wer eine Niete gezogen hat.
Publiziert: 29.11.2019 um 23:12 Uhr
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Aktualisiert: 01.12.2019 um 17:13 Uhr
Ladina Triaca

Wer sitzt wo? Diese Frage sorgt im Bundeshaus alle vier Jahre für Gesprächsstoff. «Obwohl es völlig irrational erscheint, gibt es bei der Sitzverteilung im Saal fast so viel Sprengstoff wie bei der Verteilung der Kommissionssitze», sagt SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann (46).

Insbesondere im Nationalrat ist die Hackordnung klar: Die politischen Schwergewichte nehmen in der hintersten Reihe Platz. Die Hinterbänkler sitzen, anders als es der Name vermuten lassen würde, ganz vorne.

Schwergewichte sitzen hinten

Kein Wunder also, nehmen politische Top-Shots wie SP-Fraktionschef Roger Nordmann (46), FDP-Präsidentin Petra Gössi (43), CVP-Präsident Gerhard Pfister (57) oder SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (40) auch auf die neue Legislatur hin ganz hinten Platz.

Wegen des starken Zuwachses der Grünen bei den Wahlen bleibt für die GLP kein Platz mehr auf der linken Ratsseite. Hier Grünen-Präsidentin Regula Rytz und GLP-Chef Jürg Grossen.
Foto: KARL-HEINZ HUG
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Doch es gibt Ausnahmen. Es gäbe durchaus auch Leute, die gerne vorne sitzen würden – denn dort sei die Wahrscheinlichkeit grösser, dass man fotografiert würde, so Aeschi gegenüber den Parlamentsdiensten.

CVP zeigt ihre Macht

Besonders radikal im Umgang mit den neuen Fraktionsmitgliedern ist die FDP: Die Freisinnigen platzierten mit einer Ausnahme alle neuen Gesichter in der vordersten FDP-Reihe.

Auch in der neuen Mitte-Fraktion ist klar, wer das Sagen hat. Die CVP hat für ihre Verbündeten BDP und EVP bloss die Plätze ganz vorne freigehalten. Gerhard Pfister (57) hat seine Juniorpartner so stets im Auge – und im Griff.

GLP-Enklave

Anders die Grünen und die Grünliberalen. Die Ökoparteien stellen den Neo-Nationalräten meist eine erfahrene Kollegin zur Seite. So werden sowohl Kathrin Bertschy (40, GLP) als auch Regula Rytz (57, Grüne) von Neugewählten flankiert.

Wegen des starken Zuwachses der Grünen bei den Wahlen bleibt für die GLP zudem kein Platz mehr auf der linken Ratsseite. Die Grünliberalen politisieren – zumindest gemäss den provisorischen Sitzplätzen – ab sofort rechts der Mitte.

Mehr noch: Die Zürcher GLP-Nationalrätin Barbara Schaffner (51) bildet quasi eine GLP-Enklave im SVP-Hoheitsgebiet. Schaffner muss nämlich nicht nur alleine in der untersten GLP-Reihe Platz nehmen, sondern ist zusätzlich umgeben von den beiden SVP-Politikern Erich Hess (38, BE) und Lukas Reimann (37,SG).

Nahe bei der Cafeteria

Besser hat es Pierre Yves Maillard (51, SP). Der Gewerkschaftsboss erbt einen begehrten Sitz am linken Rand. «Der Sitzplatz Nummer 127 am Rand der zweithintersten Reihe, ist sehr begehrt, nicht zuletzt deshalb, weil es der Sitzplatz mit der allerkürzesten Verbindung zur Cafeteria des Parlaments ist», sagte einst Mario Fehr (61, SP). Der heutige Zürcher Regierungsrat sass von 2007 bis 2011 auf dem besagten Stuhl.

Romands und Tessiner beieinander

Die Sitzverteilung in der grossen Kammer ist seit jeher ein Politikum. Seit der Einweihung des Nationalratssaals 1902 wurden die Regeln bereits mehrmals geändert. Anfangs sassen die Romands und die Tessiner in einem Block zusammen. In den 1960er-Jahren wurden die Sitze nach Fraktionen gruppiert, um einen «engeren Kontakt» zwischen Deutschschweizern, Romands und Italienischsprachigen zu ermöglichen.

Fortan wurden jeweils die Sprache, die Fraktion und die individuellen Wünsche der Parlamentarier als Kriterien berücksichtigt. Erst ab 1995 spielte die Sprache für die Verteilung der Sitze keine Rolle mehr. Heute fällt auf, dass die Vertreter der lateinischen Schweiz einzig bei der CVP en bloc nebeneinandersitzen. Der Röstigraben im Ratssaal ist also zumindest physisch weitestgehend überwunden.

Nicht so der Links-rechts-Graben. Um diesen abzuschwächen, regte die damalige Ständerätin und heutige Bundesrätin Simonetta Sommaruga (59, SP) 2004 an, die Nationalratssitze nach Kantonen zu gruppieren. Das Unterfangen blieb ohne Erfolg.

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