Nationalräte fordern sofortige Öffnung
SVP wird von eigenen Regierungsräten ausgebremst

Die SVP will ein sofortiges Ende des Lockdowns – trotz der steigenden Zahlen derzeit. SVP-Gesundheitsdirektoren sehen die Forderungen skeptisch.
Publiziert: 11.04.2021 um 20:39 Uhr
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Aktualisiert: 12.04.2021 um 09:02 Uhr
Der Berner Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg vor dem Impfzentrum in Burgdorf.
Foto: keystone-sda.ch
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Lea Hartmann

Kurz bevor die Landesregierung bezüglich der Corona-Massnahmen die nächste Weichenstellung vornimmt, erhöhen Bürgerliche und die Wirtschaft den Druck auf den Bundesrat. In der Wirtschaftskommission des Nationalrats wird die SVP am Montag mehrere Anträge einbringen, die rasche und weitgehende Lockerungen fordern.

Der Vorschlag, der am weitesten geht, will vom Bundesrat eine komplette Öffnung von Restaurants sowie Kultur-, Freizeit- und Sportbetrieben – mit Schutzkonzepten – bereits ab dem 19. April. Das berichtete der SonntagsBlick. Ein zweiter SVP-Antrag fordert dasselbe, aber erst ab dem 1. Mai. Ein dritter Vorschlag nennt kein konkretes Datum, verlangt vom Bundesrat aber einen konkreten Öffnungsplan.

Gesundheitsdirektoren sind zurückhaltend

Gerade letzterer Vorschlag ist durchaus mehrheitsfähig. Vertreter der anderen bürgerlichen Parteien signalisieren Unterstützung. Ein Ja würde allerdings nicht bedeuten, dass der Bundesrat verpflichtet wäre, auf die Forderung einzugehen. Bisher hat die Landesregierung solchen Druckversuchen aus dem Parlament keine grosse Beachtung geschenkt.

Selbst gewichtige SVP-Politiker aus den Kantonen äussern zudem Vorbehalte gegenüber den Forderungen ihrer Bundeshausfraktion. Während Letztere möglichst rasch möglichst umfangreiche Lockerungen will, ist der Aargauer Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati (54) deutlich zurückhaltender.

«Es besteht die Gefahr, dass wir die Spitäler überlasten»

Er sei derzeit ehrlicherweise noch unschlüssig, wie der nächste Öffnungsschritt am besten aussehen sollte, sagt er offen. «Angesichts der epidemiologischen Lage dürfte man jetzt eigentlich nicht öffnen. Es besteht die Gefahr, dass wir die Spitäler überlasten», gibt Gallati zu bedenken. Andererseits müsse man auch an die Wirtschaft und die sozialen Aspekte denken. Eines ist für den Aargauer aber klar: «Von einem verbindlichen Öffnungsdatum halte ich nichts.»

Unproblematisch wäre aus Sicht Gallatis, die Fitnesszentren zu öffnen. An den Hochschulen zurück zum Präsenzunterricht zu wechseln, kommt für ihn derweil derzeit nicht in Frage. «Für Studenten ist der Fernunterricht verkraftbar», findet er.

«Der Bundesrat hat keinen Plan»

Die SVP-Vertreter im Nationalrat wollen aber nicht nur rasche und weitgehende Öffnungen. Magdalena Martullo-Blocher (51) möchte laut SonntagsBlick auch durchsetzen, dass die Maskenpflicht für Geimpfte aufgehoben wird. Der Berner Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (58) findet das keine gute Idee. Noch sei es zu früh dafür. Über eine Ausnahme für Geimpfte könne man erst diskutieren, wenn man wisse, wie die Impfung beispielsweise bei Jüngeren wirke.

Auch einer Beizen-Öffnung, für die sich die SVP schon lange starkmacht, stehen die beiden SVP-Gesundheitsdirektoren derzeit eher kritisch gegenüber. Schnegg plädiert lediglich dafür, dass der Bundesrat den Betrieb der Aussenbereiche von Restaurants erlaubt.

Wo Schnegg und seine Partei hingegen ganz auf einer Linie sind, ist die Kritik am Pandemie-Management der Landesregierung. «Der Bundesrat hat keinen Plan», so der Vorwurf des Regierungsrats. «Heute könnte man ohne grosse Risiken gewisse Veranstaltungen wieder erlauben – aber dafür hätte man im Voraus besser planen müssen, wie man das angeht.»

Drei von fünf Richtwerten auf Rot

Bisher hat der Bundesrat lediglich kommuniziert, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit Lockerungen ins Auge gefasst werden können. Wie diese aussehen, ist hingegen offen. Diese fehlende Perspektive kritisiert auch SVP-Nationalrätin Esther Friedli (43) im SonntagsBlick.

Allerdings sind grössere Öffnungen derzeit sowieso nicht realistisch. Drei der fünf Richtwerte für den nächsten Öffnungsschritt sind derzeit nicht erfüllt. So sind unter anderem seit dem letzten Öffnungsschritt im März wieder mehr Corona-Infizierte hospitalisiert, und die Zahl der Todesfälle ist gestiegen.

Kantone weisen Trödel-Vorwurf von sich

Die Schweiz ist noch meilenweit vom Impfziel entfernt. Im Schnitt wurden in der ersten Aprilwoche gerade einmal 22'000 Dosen Corona-Impfstoff pro Tag verimpft – ein Fünftel dessen, was man sich vorgenommen hat. Mehrere Hunderttausend Impfdosen lagerten – Stand Ende vergangene Woche – noch in Kühlschränken oder Tiefkühlern im Land.

Die Kantone aber wehren sich gegen den Vorwurf, beim Impfen zu trödeln. «Wir verimpfen alles, was wir erhalten!», versichert der Aargauer Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati. «Dass wir momentan nicht mehr impfen, liegt daran, dass wir nicht mehr Impfstoff bekommen. Deshalb können wir nur 45 Prozent unserer Impfkapazitäten ausschöpfen.» Zudem müsse und wolle man genügend Reserven zurückbehalten für die notwendige Zweitimpfung.

Auch sein Berner Amtskollege Pierre Alain Schnegg sagt, dass man viel mehr impfen könnte. «Aber wir müssen die Sicherheit haben, dass die weiteren Dosen auch wirklich kommen.» In den vergangenen Wochen mussten einige Kantone bereits anderen aushelfen, weil Dosen für den zweiten Piks fehlten.

Beim Pfizer-Impfstoff gehe man heute schon mehr Risiko ein, doch bei Moderna fehle noch die notwendige Sicherheit, dass die Dosen wirklich pünktlich geliefert würden, sagt Schnegg. «Sobald auch da die Lieferungen zuverlässig erfolgen, werden wir den Rhythmus erhöhen.»

Die Schweiz ist noch meilenweit vom Impfziel entfernt. Im Schnitt wurden in der ersten Aprilwoche gerade einmal 22'000 Dosen Corona-Impfstoff pro Tag verimpft – ein Fünftel dessen, was man sich vorgenommen hat. Mehrere Hunderttausend Impfdosen lagerten – Stand Ende vergangene Woche – noch in Kühlschränken oder Tiefkühlern im Land.

Die Kantone aber wehren sich gegen den Vorwurf, beim Impfen zu trödeln. «Wir verimpfen alles, was wir erhalten!», versichert der Aargauer Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati. «Dass wir momentan nicht mehr impfen, liegt daran, dass wir nicht mehr Impfstoff bekommen. Deshalb können wir nur 45 Prozent unserer Impfkapazitäten ausschöpfen.» Zudem müsse und wolle man genügend Reserven zurückbehalten für die notwendige Zweitimpfung.

Auch sein Berner Amtskollege Pierre Alain Schnegg sagt, dass man viel mehr impfen könnte. «Aber wir müssen die Sicherheit haben, dass die weiteren Dosen auch wirklich kommen.» In den vergangenen Wochen mussten einige Kantone bereits anderen aushelfen, weil Dosen für den zweiten Piks fehlten.

Beim Pfizer-Impfstoff gehe man heute schon mehr Risiko ein, doch bei Moderna fehle noch die notwendige Sicherheit, dass die Dosen wirklich pünktlich geliefert würden, sagt Schnegg. «Sobald auch da die Lieferungen zuverlässig erfolgen, werden wir den Rhythmus erhöhen.»

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