Nachfolge von Thurnherr
Simonazzi und Rossi überlegen sich Kanzleramt «ernsthaft»

Im Rennen um die Nachfolge von Bundeskanzler Walter Thurnherr rücken die beiden Vizekanzler Viktor Rossi und André Simonazzi in den Fokus. Die beiden prüfen eine Kandidatur «ernsthaft».
Publiziert: 07.10.2023 um 12:40 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2023 um 22:49 Uhr

Wer wird der nächste sogenannte achte Bundesrat? Die Mitglieder von National- und Ständerat werden am 13. Dezember nach der Gesamterneuerungswahl des Bundesrats bestimmen, wer Thurnherr ab 2024 beerben wird. Im Rennen um die Nachfolge von Bundeskanzler Walter Thurnherr (60) haben die beiden Vizekanzler Viktor Rossi (55) und André Simonazzi (55) gute Karten. Die beiden prüfen eine Kandidatur «ernsthaft», wie sie auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA bekannt geben.

«Nach 14 Jahren in leitenden Funktionen in der Bundeskanzlei als Vizekanzler prüfe ich eine Kandidatur ernsthaft», teilte Bundesratssprecher Simonazzi mit. Er ist aktuell für die Regierungskommunikation zuständig und koordiniert die Informationstätigkeit der Departemente.

SP und GLP Mitglieder

Simonazzi wurde 1968 in Monthey im Unterwallis geboren, studierte in Genf internationale Beziehungen und absolvierte danach die Ausbildung zum Journalisten. Später war er Informationschef der Caritas Schweiz, bevor er 2004 für den Bund zu arbeiten begann. Simonazzi ist SP-Mitglied.

Bundesratssprecher André Simonazzi überlegt sich eine Kandidatur als Bundeskanzler «ernsthaft».
Foto: ANTHONY ANEX
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Auch der andere Vizekanzler, der 1968 in Bern geborene Viktor Rossi, interessiert sich für das Bundeskanzleramt. «Eine persönliche Kandidatur prüfe ich ernsthaft», schreibt er. Rossi ist Mitglied der GLP und trat 2019 das Amt des Vizekanzlers an. In seiner aktuellen Funktion trägt er in Abstimmung mit dem Bundeskanzler und dem Bundesratssprecher die Gesamtverantwortung für die Erledigung aller Aufgaben im Rahmen der Bundesratssitzungen.

Abwarten der Wahlen

Rossi studierte Wirtschaft und Recht. Nach Studienabschluss unterrichtete er zunächst als Handelslehrer, bevor er ab 1999 als Direktor die Berufsfachschule Biel leitete. 2009 übernahm er das Präsidium der Kaufmännischen Rektorenkonferenz des Kantons Bern, bevor er im Oktober 2010 in die Bundeskanzlei eintrat.

Definitiv auf eine Kandidatur festlegen wollen sich die beiden Vizekanzler noch nicht. Im Vordergrund stünden zurzeit die anstehenden Parlamentswahlen, schrieb Rossi. Einen Entscheid werde er daher erst danach treffen.

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«Die Wahl der neuen Bundeskanzlerin oder des neuen Bundeskanzlers steht für uns nicht im Zentrum in den nächsten Wochen und Monaten»
Die Grüne
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Das sagen die Parteien

Rund zwei Monate vor dem Wahltag bleiben die meisten Parteien noch vage bei der Frage nach der Bundeskanzler-Nachfolge. Die SVP will spätestens an ihrer Fraktionssitzung von Ende November informieren, wie sie auf Anfrage mitteilt. Nach dem angekündigten Rücktritt von Thurnherr Mitte August hatte SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (44) Anspruch auf den Sitz angemeldet. Die SVP habe noch nie den Bundeskanzler gestellt, begründete er.

Am klarsten Stellung beziehen derzeit die Grünliberalen. Sie hoffen auf eine Kandidatur Rossis. Der Vizekanzler sei «ein vom Bundesrat, der Bundesverwaltung und dem Parlament geschätztes GLP-Parteimitglied», schrieb die Partei auf Anfrage. Sein persönlicher und beruflicher Werdegang sowie sein Engagement zugunsten der Institutionen in der vergangenen «Krisen-Legislatur» zeigten, dass er die für das Kanzleramt notwendigen Kompetenzen, Erfahrung und das persönliche Format mitbringe.

Für die Grünen dagegen hat die Leitung der Bundeskanzlei keine Priorität, wie die Partei mitteilte. «Die Wahl der neuen Bundeskanzlerin oder des neuen Bundeskanzlers steht für uns nicht im Zentrum in den nächsten Wochen und Monaten.» Die Grünen hätten einen Anspruch auf einen Bundesratssitz und planten, diesen an den Gesamterneuerungswahlen im Dezember 2023 zu stellen.

Keinen Anspruch auf den Sitz erhoben

Auch die FDP stellt keinen Anspruch auf das Amt des Bundeskanzlers, wie die Partei mitteilte. Es brauche eine erfahrene Persönlichkeit, die überparteilich und im Interesse der Schweiz arbeite. Die FDP werde die Wahl der Thurnherr-Nachfolge «im Kontext des Anforderungsprofils sowie der Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats beurteilen».

In eine ähnliche Richtung geht die Stellungnahme der Mitte-Partei. Für sie stehe die Qualifikation einer Kandidatin oder eines Kandidaten über der Parteizugehörigkeit, hielt sie auf Anfrage fest. Die Mitte werde nach den Wahlen eine mögliche Kandidatur aus den eigenen Reihen prüfen.

Noch gar nicht in die Karten blicken lässt sich die SP. Es sei zu früh, um über die Nachfolge zu diskutieren, hiess es. Die Wahlen stünden für die SP im Zentrum. (lui/SDA)

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