Nach Trychler-Auftritt
Distanziert sich der Bundesrat von Maurer?

In einer Rede erklärte SVP-Bundesrat Ueli Maurer, das Kollegium habe in der Corona-Krise versagt. Nun muss sich die Gesamtregierung doch noch zum provokativen Auftritt ihres Kollegen äussern.
Publiziert: 23.09.2021 um 09:03 Uhr
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Aktualisiert: 23.09.2021 um 10:41 Uhr

Bundespräsident Guy Parmelin (61) wollte sich keinesfalls die Finger verbrennen. Letzte Woche verweigerte er vor den Medien jeden Kommentar zum provokativen Auftritt von Bundesratskollege Ueli Maurer (70) in Wald ZH. Der Finanzminister hatte sich nicht nur ein T-Shirt der Corona-skeptischen Freiheitstrychler übergestreift. In einer Rede kritisierte er auch die Corona-Politik des Bundesrats und verharmloste die Pandemie – für viele ein Verstoss gegen das Kollegialitätsprinzip.

Ueli Maurer im Shirt der Freiheitstrychler
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SVP-Bundesrat provoziert:Ueli Maurer im Shirt der Freiheitstrychler

Solche Themen «diskutieren wir innerhalb des Kollegiums, wenn es etwas zu diskutieren gibt», hatte Parmelin darauf erklärt. Öffentlich mochte er sich nicht dazu äussern. Nun aber muss der Gesamtbundesrat Farbe bekennen. Die SP-Bundeshausfraktion zwingt ihn dazu. Gleich neun detaillierte Fragen zu Maurers Auftritt haben die Sozialdemokraten eingereicht. Damit kann die Gesamtregierung nicht mehr ausweichen. Sie wird am nächsten Montag in der Fragestunde des Nationalrats Antworten liefern müssen.

Ueli Maurer provoziert gerne. Kürzlich posierte er an einem SVP-Anlass in Wald ZH im Hemd der Freiheitstrychler.
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Wie ist das mit dem Kollegialitätsprinzip vereinbar?

Die SP will nun wissen, wie sich das Regierungskollegium zu Maurers Aussagen stellt. So fragt sie konkret, wie diese mit dem Kollegialitätsprinzip vereinbar seien. «Der Bundesrat hat auch Freude gekriegt an der Macht, ich sage das jetzt selbstkritisch, jetzt können wir mal sagen, wo Gott sitzt», sagte Maurer beispielsweise in seiner Rede, von der ein Videomitschnitt existiert.

Gleichzeitig relativierte Maurer auch die Pandemie mit ihren Tausenden von Toten: «Und wenn wir dann diese Corona-Krise mal überwunden haben – sofern es überhaupt eine Krise ist, das kann man ja durchaus auch noch hinterfragen, wie gross diese Krise ist –, dann müssen wir uns genau wieder auf diese Grundwerte besinnen.» Auch aufgrund solcher Aussagen will die SP wissen, ob der Bundesrat einen Zusammenhang sieht zwischen Maurers Aufruf zum Widerstand und der Gewaltbereitschaft gewisser Massnahmenkritiker an Demonstrationen.

Hier skandieren die Skeptiker Maurers Namen
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«Ueli, Ueli, Ueli»:Hier skandieren die Skeptiker Bundesrat Maurers Namen

Bundesrat muss Farbe bekennen

Zu erwähnen ist, dass Maurer neben konfrontativen Aussagen in seiner Rede auch zu gesellschaftlichem Ausgleich aufruft. So bittet er das Publikum, Respekt vor Andersdenkenden zu haben – gerade beim Thema Impfen.

Nun wird sich zeigen, wie sich der Bundesrat zu den verschiedenen Aussagen stellt. Wie der «Tages-Anzeiger» (Bezahlartikel) mit Verweis auf eine bundesratsnahe Person berichtet, werde das Präsidialdepartement von Maurers Parteikollege Parmelin die Antworten formulieren. Die anderen Regierungsmitglieder können diese in der Bundesratssitzung zwar noch korrigieren, was aber selten vorkommt. Veröffentlicht werden die Antworten im Namen des Gesamtbundesrats. Dieser hat nun zwei Möglichkeiten: Entweder er distanziert sich hier öffentlich von Maurer – oder aber er trägt seine Aussagen ab diesem Zeitpunkt offiziell mit. (dba)

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