Missbrauch bei Maurers Corona-Krediten
Bund bleibt auf 1,7 Milliarden Franken sitzen

Bei den Corona-Krediten kam es zu Missbrauch im grossen Stil. Doch die Behörden unternehmen wenig dagegen, kritisiert die Finanzkontrolle.
Publiziert: 16.06.2023 um 08:48 Uhr

Während der Corona-Pandemie half der Bund vielen Unternehmen unbürokratisch. Innert Tagen stampfte zum Beispiel der damalige Finanzminister Ueli Maurer (72) gemeinsam mit den Banken das Corona-Kreditprogramm aus dem Boden. Das könnte jetzt teuer werden. Der Bund rechnet damit, dass er auf 1,7 Milliarden Franken – das entspricht elf Prozent der Gesamtsumme des Kreditprogramms – sitzen bleibt, wie die «NZZ» am Freitag berichtet.

Ein Grund dafür: Die leicht erhältlichen Kredite – Unternehmen erhielten innerhalb von 15 Minuten bis zu einer halben Million Franken – riefen Betrüger auf den Plan. Bis Ende Mai dieses Jahres summierte sich der Betrag von potenziell missbräuchlich verwendeten Covid-Krediten auf über 320 Millionen Franken.

«Missbrauch ist ausgeschlossen»

Maurer hatte die Gefahren damals heruntergespielt: «Missbrauch ist praktisch ausgeschlossen, davon bin ich grundsätzlich überzeugt», sagte er. Doch er lag falsch: In 2000 Fällen hat der Bund Strafanzeige eingereicht. Davon fielen allein 460 auf den Kanton Zürich. Am meisten Delikte wurden demnach im Baugewerbe begangen, doch auch in der Gastronomie und im Detailhandel gab es zahlreiche Verstösse, zitiert die Zeitung aus einer Auswertung.

Der Corona-Lockdown Anfang 2020 traf viele Schweizer Unternehmen hart.
Foto: Keystone
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Und die Summe dürfte noch ansteigen, denn viele mögliche Betrugsfälle werden noch abgeklärt. Allerdings, so kritisiert die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK), stelle man bei den Behörden eine «Corona-Müdigkeit» beim Aufklären der Missbräuche fest. In einem Amt heisse es, die Kontrollen seien viel zu aufwendig und teuer, in einem anderen finde man, dass es keinen Sinn ergebe, die Leute jetzt noch zu bestrafen.

Verbotene Dividenden ausbezahlt

Deutlich weniger Ungereimtheiten stellten die Behörden bei den ausbezahlten Härtefallgeldern fest. Von den gut fünf Milliarden Franken, die als À-fonds-perdu-Beiträge an etwa 35'000 Gastro- und Hotelbetriebe, Detailhändler und andere KMU flossen, besteht ein solcher Verdacht bloss bei rund 200 Fällen. Nur gerade in 21 Fällen konnte ein Missbrauch bestätigt werden.

Eine Prüfung der EFK brachte allerdings ans Licht, dass sich etliche Firmen, die Härtefallgelder erhielten, auch bei der Ausschüttung der Dividenden nicht ans Gesetz hielten. Allein im ersten Halbjahr 2022 hätten 80 Unternehmen ihre Aktionäre ausbezahlt, obwohl dies verboten war. Bei Firmen, die Corona-Kredite erhielten, war es ähnlich: Im selben Zeitraum haben mehr als 160 Unternehmen trotz Verbot Dividenden in Höhe von 24 Millionen Franken ausbezahlt.

«Auch wenn man es nicht gern hört: Missbrauch und Fehler sind vorgekommen. Weil so horrende Summen ausbezahlt wurden, drohen dem Bund dreistellige Millionen- oder gar Milliardenbeträge zu entgehen», sagt die stellvertretende EFK-Direktorin Brigitte Christ gegenüber der «NZZ». Sie fordert, dass die Behörden jetzt aufräumen und allen Hinweisen konsequent nachgehen. (sf)

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