«Zusammen bringen diese Schritte unser Land weiter»
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Energieministerin Sommaruga:«Zusammen bringen diese Schritte unser Land weiter»

Doch keine Solar-Pflicht
Der Bundesrat krebst zurück

Der Schweiz droht eine Stromlücke. Gleichzeitig hat das Volk eine Energiewende beschlossen. Das neue Energiegesetz soll beides unter einen Hut bringen. Die Landesregierung will damit grossen Wind- und Wasserkraftanlagen Schub verleihen.
Publiziert: 03.02.2022 um 07:56 Uhr
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Aktualisiert: 03.02.2022 um 10:23 Uhr

Der Bundesrat will beim Ausbau der erneuerbaren Energien vorwärtsmachen – aber nicht ganz so rasch wie ursprünglich geplant. Denn bis vor kurzem soll Energieministerin Simonetta Sommaruga (61) sogar noch eine Solar-Pflicht für alle Neubauten im Land vorgesehen haben. «Grosses Potenzial besteht nicht zuletzt im Gebäudebereich, auf Dächern und Fassaden, wo die Anlagen günstig, weitestgehend konfliktfrei und rasch realisiert werden können», zitierten die «CH Media»-Zeitungen Sommaruga aus einem vertraulichen Bericht. Mit ihrem Solar-Befehl wolle sie hier nachhelfen.

In der am Donnerstag vorgestellten Vorlage zum neuen Energiegesetz ist davon nun aber plötzlich nicht mehr die Rede. Ist das Anliegen in der Gesamtregierung gescheitert? Bundesrätin Sommaruga ging darauf nur am Rande ein. Sie erklärte einzig, dass die Landesregierung das Thema einer Solar-Pflicht geklärt haben möchte. In der nun bis Ende Mai laufenden Vernehmlassung bei Kantonen, Parteien und Verbänden habe die Regierung es deshalb als Frage aufgenommen.

Bauverfahren sollen beschleunigt werden

Mehr aufs Gas drücken will der Bundesrat dagegen bei den teilweise komplizierten und langwierigen Baubewilligungsverfahren. Wind- und Wasserkraftanlagen, die für die Stromproduktion in der Schweiz die höchste Bedeutung haben, sollen zukünftig schneller geplant und bewilligt werden. Planungs- und Bewilligungsverfahren sollen daher vereinfacht und gestrafft werden.

Bundesrätin Simonetta Sommaruga will bei den erneuerbaren Energien aufs Gas drücken.
Foto: Keystone
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«Das Verfahren für den Bau neuer Anlagen und auch für die Sanierung bestehender Einrichtung dauert heute zu lange», betonte Sommaruga vor den Medien. Bei einer grossen Anlage würden zwischen Projektbeginn und Realisierung manchmal mehr als 20 Jahre verstreichen.

Der Bundesrat wird das Verfahren für die für die heimische Stromproduktion «bedeutendsten» Anlagen deshalb schneller machen, und das ohne Abstriche beim Natur-, Umwelt- und Denkmalschutz. Der Bundesrat schlägt dazu ein Konzept mit den Standorten für solche Anlagen vor, das dann Vorgabe für die kantonale Richtplanung wird.

Zur Bewilligung dieser Anlagen soll auf kantonaler Ebene ein konzentriertes kantonales Plangenehmigungsverfahren eingeführt werden. Dieses soll neben der Baubewilligung auch alle anderen Bewilligungen umfassen, etwa jene zum Roden, gewässerschutzrechtliche Bewilligungen und das Enteignungsrecht. Klar aber ist auch: Die Hoheit der Gemeinden wird damit eingeschränkt – aus Sicht des Bundesrats im Sinne einer grösseren Sache.

Das Vorgehen soll laut Bundesrat verhindern, dass ein Projekt in mehreren, zeitlich auseinanderfallende Etappen aufgeteilt wird und in jeder Etappe vor Bundesgericht angefochten werden kann. Künftig soll es nur noch einen Rechtsmittelzug geben, der alle Rechtsfragen klärt. Die Regierung verspricht sich davon eine «wesentliche Beschleunigung» des Verfahrens.

Bundesrat ritzt die Gewaltenteilung

Gleichzeitig aber ist der Bundesrat auch bereit, hier die Gewaltenteilung zumindest leicht zu ritzen. So werden die Gerichte bei Beschwerdeverfahren zur Zurückhaltung gemahnt. Das betreffe aber nur bedeutende Projekte, sagte Sommaruga und versicherte: Die Gewaltenteilung gelte nach wie vor. «Die Stromversorgungssicherheit ist aber ein zentrales Gut für unser Land.» Dies sollen die Gerichte bei ihrer Interessenabwägung beachten.

Auch mit dem Ausbau der Solarenergie soll es nach dem Willen des Gesamtbundesrats schneller vorangehen. Im Auge hat er das «grosse Potenzial» auf Dächern und an Hausfassaden. Damit dort Solarzellen platziert werden, sollen Investitionen in Fotovoltaikanlagen nicht nur wie heute bei Sanierungen, sondern neu auch bei Neubauten von den Steuern abgezogen werden können.

Zudem soll die Zulassung von Solaranlagen an Fassaden vereinfacht werden. Neu soll ein Meldeverfahren genügen. Den Kantonen wird es der Bundesrat allerdings erlauben, in Schutzgebieten weiterhin eine Bewilligungspflicht vorzusehen. (dba/SDA)

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