Bundesrat will Regulierungswahn stoppen
Ein Gesetz für weniger Gesetze

Die Zahl der Gesetze steigt und steigt. Nun soll der ausufernden Bürokratie ein Riegel geschoben werden – unter anderem mit einem neuen Gesetz.
Publiziert: 28.04.2021 um 15:55 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2022 um 09:24 Uhr
Wirtschaftsminister Guy Parmelin hat am Mittwoch ein neues Unternehmens-Entlastungsgesetz und eine Regulierungsbremse vorgestellt.
Foto: keystone-sda.ch
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Lea Hartmann

Die Klage über übermässige Regulierungen im Bundeshaus sei wohl so alt wie das Gebäude selbst, meinte der Ausserrhoder Ständerat Andrea Caroni (41) einst. Doch was kann man tun, um dem Bürokratiewahn ein Ende zu setzen, den die Wirtschaft seit Jahr und Tag kritisiert?

Parlament verknurrt Bundesrat

Das Parlament hat die Lösung gefunden: Ein neues Gesetz soll her! Mit einer neuen Regulierung wollen die Politiker gegen die Regulierungswut vorgehen. Eine zweifellos eigene Logik, der auch der Bundesrat nicht ganz folgen konnte. Er sträubte sich gegen die Forderungen. Vergebens – das Parlament verknurrte ihn dazu.

Denn die National- und Ständeräte finden: Die bisherigen Bestrebungen zum Bürokratieabbau würden «bei Weitem» nicht genügen. So steht es in einem Bericht der ständerätlichen Wirtschaftskommission von 2019. «Trotz vieler Beteuerungen des Gegenteils» unternehme der Bundesrat «keine nennenswerten Anstrengungen in dieser Sache». Ja er weigere sich sogar, vom Parlament gemachte Vorgaben umzusetzen.

Neue Bürokratiebremse

Nun stellte Wirtschaftsminister Guy Parmelin (61) den Entwurf für das Unternehmens-Entlastungsgesetz vor. Auf dessen Grundlage wolle man bisherige und künftige Vorlagen «konsequent auf das Entlastungspotenzial prüfen», so der Bundesrat.

Ausserdem soll es eine Bürokratiebremse geben. Hat eine Vorlage für mehr als 10'000 Unternehmen mehr Papierkram zur Folge oder belaufen sich die Regulierungskosten insgesamt auf über 100 Millionen Franken, reicht neu eine einfache Mehrheit im National- und Ständerat nicht mehr. Stattdessen muss in beiden Kammern eine Mehrheit aller Parlamentarier – und nicht nur der anwesenden – grünes Licht geben.

Gleichzeitig mehr Bürokratie für Bauern

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der Wirtschaftsminister im gleichen Atemzug mit den konkreten Vorschlägen für eine Bürokratiebremse gleich eine Reihe weiterer Regulierungen präsentiert. So hat Parmelin heute auch ein Verordnungspaket auf den Tisch gelegt, mit dem der Pestizid- und Düngereinsatz in der Landwirtschaft reduziert werden soll. Damit setzt er einen Beschluss des Parlaments um, den es vor dem Hintergrund der bevorstehenden Pestizid-Initiativen getroffen hat. Die Änderungen sollen den Umweltschutz stärken – für die Bauern werden sie mehr Bürokratie zur Folge haben.

Die Vorschläge gehen nun bei Parteien, Kantonen und Verbänden in die Vernehmlassung. Bei der Bürokratiebremse wird das Stimmvolk das letzte Wort haben, da dafür eine Verfassungsänderung notwendig ist. Auch für den politischen Prozess gilt damit: Ganz schön viel Aufwand für weniger Aufwand.

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