Mangelnde Manieren in der Monster-Debatte
Das war nicht die feine Art!

In der Nationalratsdebatte zur Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative ging es zeitweise hoch her. Da kommen die Anstandregeln schon mal unter die Räder.
Publiziert: 22.09.2016 um 13:11 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:51 Uhr
Sermîn Faki

Mit Emotionen ist es so eine Sache: Gibt es zu viel davon, leidet schon mal das Benehmen. Das war auch am Mittwoch in der Nationalratsdebatte zur Umsetzung der Masseneinwanderung nicht anders.

Wider den Anstand

Zu Reden gab insbesondere der Kniff der SVP, sich in der Debatte mehr Redezeit zu verschaffen als ihr gemäss Reglement zusteht. Nicht weniger als acht Fraktionsmitglieder stellten ihrem eigenen Präsidenten Adrian Amstutz nach dessen Votum eine Frage und boten dem Chef so die Möglichkeit, sich noch länger vor dem Publikum – die Debatte wurde live im Fernsehen übertragen – zu profilieren.

Dabei sind die Fragen eigentlich für kritische Anmerkungen aus anderen Fraktionen gedacht. Auch wenn das Vorgehen der SVP nicht das Parlamentsgesetz verletzt: Von schlechtem Benehmen, das dem Geist der Debattenkultur widerspricht, zeugt es allemal.

Die SVP-Nationalräte Gregor Rutz, Magdalena Martullo-Blocher und Hans-Ueli Vogt beobachten die Debatte im Nationalrat.
Foto: Keystone/Peter Schneider

Auch links benimmt sich daneben

Doch auch die linke Ratsseite vergass, was sich gehört. So wurde Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli vor Beginn der Debatte beobachtet, wie er an das verwaiste Pult von Nationalratsprädidentin Christa Markwalder trat und in ihren Unterlagen wühlte.

Ausgerechnet der Kämpfer gegen den Schnüffelstaat – Glättli engangiert sich an vorderster Front gegen das Nachrichtendienstgesetz, das am Sonntag zur Abstimmung kommt – schnüffelt bei der obersten Schweizerin!

Machte sich am Bock zu schaffen: Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli am Mittwoch, 21. September 2016, im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)
Foto: PETER SCHNEIDER

Glättli sagt, er habe nur die Wortmeldungsanträge seiner Fraktion in den richtigen Stapel sortiert – und zwar an der für die Grünen ohnehin vorgesehenen Stelle. Doch bei den wenigen CVPlern, die im leeren Saal zugegen waren, erntete er damit Fassungslosigkeit. Man mache sich nicht einfach am «Bock», wie das Pult des Nationalratsprädidenten genannt wird, zu schaffen, schimpften sie.

Selbst Markwalder ist nicht gefeit dagegen

Aber auch Markwalder selbst leistete sich eine Abweichung vom Parlaments-Knigge. Nachdem SVP-Chef Adrian Amstutz zu späterer Stunde einen seiner vielen Angriffe auf FDP-Kommissionssprecher Kurt Fluri ausführte, eilte Markwalder ihrem Fraktionskollegen zu Hilfe.

Doch nicht etwa mit einem Ordnungsruf, sondern mit einer politischen Aussage: Wie der Inländervorrang, den der Rat beschlossen habe, konkret ausgestaltet werde, sei «eine Sache der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber», so Markwalder.

Christa Markwalder macht eine politische Bemerkung – heikel für die Nationalratspräsidentin. (KEYSTONE/Peter Schneider)
Foto: PETER SCHNEIDER

Eine heikle Bemerkung für die Frau, die sicherstellen soll, dass die Entscheide in der grossen Kammer ordnungsgemäss zustandekommen. Politische Äusserungen sind da nicht die feine Art. Markwalders Vorgänger scheuten solche Bemerkungen jeweils wie der Teufel das Weihwasser.

Aber eben: Es war eine emotionsgeladene Debatte über mehr als sieben Stunden. Da kann man sich schon mal vergessen. 

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