Langjähriger Bundesratssprecher beigesetzt
Bewegender Abschied von Achille Casanova (†74)

Die gesammelte Polit-Prominenz erwies dem früheren Bundesratssprecher und Vizekanzler die letzte Ehre.
Publiziert: 22.07.2016 um 16:40 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 21:46 Uhr

Schwerer Gang in die Dreifaltigkeitskirche zu Bern: Bundesräte und Amtskollegen nahmen heute Abschied von Achille Casanova (†74). Der langjährige Vizekanzler und Bundesratssprecher war am Sonntagabend nach langer Krankheit gestorben.

Die (alt) Bundesräte Ruth Dreifuss, Doris Leuthard, Adolf Ogi, Flavio Cotti, Kaspar Villiger, Moritz Leuenberger, Samuel Schmid erwiesen im die letzte Ehre, genau wie der ehemalige Bundeskanzler François Couchepin oder der aktuelle Kanzler Walter Thurnherr. 

Der ehemalige Vizekanzler Achille Casanova arbeitete mit 26 Bundesräten zusammen. (Archivbil)
Foto: KEYSTONE/EDI ENGELER

Der vielsprachige und eloquente Casanova hatte während 24 Jahren als Vizekanzler gearbeitet. Er erlebte die Bundesräte Kurt Furgler und Otto Stich ebenso wie später Pascal Couchepin oder Christoph Blocher. Seine langjährige Amtszeit prägte er mit seiner Zurückhaltung und seinem diplomatischen Geschick.

Der Tessiner Ständerat Filippo Lombardi
Foto: Manuel Zingg
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Casanova sei es gelungen, mithilfe seines Talents und seiner Mehrsprachigkeit der Landesregierung «ein Gesicht zu geben», würdigte ihn Bundesratssprecher André Simonazzi.

Der Tessiner habe mit viel politischem Flair in drei Landessprachen kommuniziert, und in den schwierigsten Situationen die richtigen Worte gefunden. Er sei «eine Inspiration für alle seine Nachfolger» gewesen.

Casanova war im Juli 1981 zum Vizekanzler gewählt worden. Im September 2000 wurde ihm das neu geschaffene Amt des Bundesratssprechers anvertraut. In seinen 24 Jahren als Vizekanzler nahm er an rund 1200 Sitzungen der Landesregierung teil.

Gegenüber Schweizer Radio SRF sagte Casanova nach seinem Rücktritt einmal, er habe häufig Lust verspürt, in den bundesrätlichen Beratungen seine Meinung zu sagen. Es sei «nicht immer einfach» gewesen, still zu sein.

Zwei Mal - 1991 und 2000 - kandidierte Casanova erfolglos für das Kanzleramt. Bei seinem Rücktritt im Jahr 2005 sagte er, er habe 26 Bundesräte erlebt, und immer habe er deren Entscheide mit Vergnügen kommuniziert.

Als erster Bundesratssprecher der Geschichte Vertrauen geschafft

Casanova war in Zürich als Sohn eines PTT-Angestellten geboren worden. Die Schule und das Gymnasium besuchte er in Lugano. Seine Studien in Bern und Freiburg schloss er 1967 mit dem Lizentiat der politischen Wissenschaften ab.

Noch während seiner Studienzeit begann er seine journalistische Laufbahn. Ab 1962 arbeitete er bei der Schweizerischen Depeschenagentur (sda). 1971 wurde Casanova Verantwortlicher für Innenpolitik und Bundeshauskorrespondent beim Tessiner Fernsehen (TSI).

Seine in dieser Zeit dreisprachig geführten Interviews mit den neugewählten Mitgliedern des Bundesrates seien «unvergessen», schrieb am Montag die Bundeskanzlei. Als «erster Bundesratssprecher in der Geschichte des schweizerischen Bundesstaates» habe Casanova dann später geholfen, das Vertrauen in den Bundesrat zu stärken.

Diesen Aspekt würdigte auch der Tessiner Ständerat und Filippo Lombardi, der auch bei der Abschiedsfeier war. Es sei Casanova gelungen, den Bundesrat für eine transparentere Kommunikation gegenüber der Öffentlichkeit zu gewinnen, sagte der CVP-Fraktionspräsident am Montag über das ehemalige Parteimitglied.

Dank seiner ausgeglichenen Persönlichkeit habe der Tessiner zudem auch in Krisensituationen stets seine Gelassenheit und seinen Humor behalten.

Der Vater zweier Kinder wurde für seine Tätigkeit unter anderem mit dem Oertli-Preis 2005 geehrt. Er erhielt die Auszeichnung «für sein Engagement für die mehrsprachige Schweiz, für die sympathische und glaubwürdige Art und Weise, in der er auf höchster Ebene im Land die Mehrsprachigkeit der Schweiz verkörpert hat». (zeb/sda)

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