Kritik von der UNO
Hat die Schweiz bei minderjährigem Asylsuchenden getrickst?

Die UNO rügt die Schweiz. Sie kritisiert den Umgang des Staatssekretariats für Migration mit einem minderjährigen Asylsuchenden aus Afghanistan.
Publiziert: 07.06.2024 um 16:46 Uhr
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Aktualisiert: 07.06.2024 um 17:16 Uhr

Die Kritik ist happig: Der Uno-Kinderrechtsausschuss wirft der Schweiz vor, die Rechte von Amir* verletzt zu haben, wie Radio SRF berichtet. Vor sechs Jahren kam er in die Schweiz. Mit seinen 17 Jahren war er zu diesem Zeitpunkt noch minderjährig, das hatten damals schwedische Behörden nach einer Knochenanalyse festgelegt. Doch das Staatssekretariat für Migration (SEM) misstraute dem Urteil der Kollegen.

Das SEM korrigierte das Geburtsdatum um einige Monate – mit schweren Folgen: Amir war plötzlich volljährig. Hätte er als Minderjähriger in der Schweiz noch ein neues Asylgesuch einreichen können, war das als Volljähriger nicht mehr möglich und er müsste nach Schweden zurück. Dort drohte die Ausschaffung.

Ohne neue Analyse

Die Schweiz korrigierte das Alter ohne neue medizinische Analyse, sondern nur aufgrund von Gesprächen mit Amir. Das kritisiert nun der UNO-Kinderrechtsausschuss, wie SRF berichtet. So sei ihm bei der Befragung keine Vertrauensperson zur Seite gestellt worden und es hätten keine kinderpsychologischen Abklärungen stattgefunden. Die Schweiz müsse nun für Wiedergutmachung sorgen, so die UN-Behörde. Doch wie genau die aussieht, lässt sie offen. 

Ein Asylbewerber wurde nach einigen Gesprächen älter gemacht, als eine schwedische Knochenanalyse vorgibt (Symbolbild).
Foto: Keystone
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Der UNO-Kinderrechtskonvention ist wohl die erfolgreichste UN-Konvention. Ausser den USA sind ihr alle UN-Staaten beigetreten. Der Ausschuss mit Sitz in Genf kontrolliert die Umsetzung der Regeln. 

Das Staatssekretariat für Migration will das Urteil jetzt analysieren. «Wir prüfen nun, ob wir unsere Praxis anpassen müssen und auch, ob es eine Wiedergutmachung braucht», sagt ein Sprecher gegenüber SRF. Einige Kritikpunkte seien aber schon veraltet, da ein neues Asylgesetz gilt.

Amir selbst durfte während des sechs Jahre langen Verfahrens nicht arbeiten oder eine Schule besuchen. «Ich habe davon geträumt, dass ich zur Schule kann und eine Ausbildung mache, und so lebe wie andere Menschen», sagt er. Nun dürfte er wohl in der Schweiz ein neues Asylgesuch stellen. Sein Traum könnte in Erfüllung gehen. 

*Name geändert 

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