Konzern-Initiative erhitzt die Gemüter
UBS-Mitarbeiter wehren sich gegen Nein-Parole

Die UBS-Chefetage wirbt in einer Mail an die Mitarbeitenden für ein Nein zur Konzernverantwortungs-Initiative. Das stösst bei der Belegschaft auf Unverständnis.
Publiziert: 09.11.2020 um 17:27 Uhr
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Aktualisiert: 16.11.2020 um 19:30 Uhr
Noa Dibbasey und Ladina Triaca

Eigentlich gibt die UBS keine Abstimmungsempfehlungen an ihre Mitarbeitenden ab. Das behauptet die Grossbank zumindest offiziell. Eine Mail mit dem Betreff «Unternehmungsverantwortungs-Initiative – Informieren Sie sich!», die die Chefetage vergangene Woche an die gesamte Belegschaft verschickt hat, erweckt allerdings einen anderen Eindruck.

Der Verwaltungsratspräsident der UBS Schweiz, Lukas Gähwiler (55), erklärt darin, dass die Initiative zwar ein «wichtiges Ziel» verfolge – nämlich den Schutz von Menschenrechten und Umwelt –, dass sie aber zu «extrem» sei und auf die «falschen Instrumente» setze.

Darum geht es bei der Konzernverantwortungs-Initiative

Am 29. November stimmt die Schweiz über die Konzernverantwortungs-Initiative ab. Sie will, dass Unternehmen mit Sitz in der Schweiz dafür haften, wenn sie, ihre Tochterfirmen oder andere kontrollierte Unternehmen im Ausland gegen Menschenrechte oder Umweltstandards verstossen. Im Rahmen einer Sorgfaltsprüfung müssen Unternehmen künftig mögliche Risiken erkennen und geeignete Massnahmen dagegen ergreifen. Diese Sorgfaltspflicht gilt für alle Unternehmen in der Lieferkette.

Dagegen sind Bundesrat und Parlament. Sie argumentieren, dass ein Ja ein Alleingang der Schweiz wäre, der vor allem dem Wirtschaftsstandort schaden würde. Dem Nein-Lager gehören CVP, FDP und SVP an, dazu kommen die Wirtschaftsverbände, allen voran der Dachverband Economiesuisse. Sie befürchten eine Schwächung der Schweizer Unternehmen, den Rückzug von KMU aus Entwicklungsländern, zu viel Bürokratie und erpresserische Klagen.

Dafür sind neben den über hundert Nichtregierungsorganisationen, welche die Initiative ergriffen haben, SP, Grüne, GLP, EVP und BDP. Dazu kommt ein bürgerliches Komitee mit Vertretern von CVP und FDP.

BLICK beantwortet hier die wichtigsten Fragen zur Initiative.

Am 29. November stimmt die Schweiz über die Konzernverantwortungs-Initiative ab. Sie will, dass Unternehmen mit Sitz in der Schweiz dafür haften, wenn sie, ihre Tochterfirmen oder andere kontrollierte Unternehmen im Ausland gegen Menschenrechte oder Umweltstandards verstossen. Im Rahmen einer Sorgfaltsprüfung müssen Unternehmen künftig mögliche Risiken erkennen und geeignete Massnahmen dagegen ergreifen. Diese Sorgfaltspflicht gilt für alle Unternehmen in der Lieferkette.

Dagegen sind Bundesrat und Parlament. Sie argumentieren, dass ein Ja ein Alleingang der Schweiz wäre, der vor allem dem Wirtschaftsstandort schaden würde. Dem Nein-Lager gehören CVP, FDP und SVP an, dazu kommen die Wirtschaftsverbände, allen voran der Dachverband Economiesuisse. Sie befürchten eine Schwächung der Schweizer Unternehmen, den Rückzug von KMU aus Entwicklungsländern, zu viel Bürokratie und erpresserische Klagen.

Dafür sind neben den über hundert Nichtregierungsorganisationen, welche die Initiative ergriffen haben, SP, Grüne, GLP, EVP und BDP. Dazu kommt ein bürgerliches Komitee mit Vertretern von CVP und FDP.

BLICK beantwortet hier die wichtigsten Fragen zur Initiative.

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«Unternehmungsverantwortungs-Initiative – Informieren Sie sich!», heisst es in einem Email an alle Mitarbeiter der UBS.
Foto: Keystone
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Der Führung sei es wichtig, dass die Mitarbeiter wüssten, weshalb sich die UBS öffentlich gegen die Initiative positioniert. Der Verwaltungsratspräsident der UBS Group Axel Weber (63) wirbt etwa auf Inseraten mit seiner Unterschrift für ein Nein.

UBS-intern brodelt es

Vielen Mitarbeitenden stösst die Botschaft kurz vor der Abstimmung am 29. November jedoch sauer auf. Wie BLICK von mehreren Quellen weiss, entfacht sie im Intranet der Grossbank hitzige Diskussionen. «Ich kann diese Haltung nicht ganz nachvollziehen», schreibt ein Mitarbeiter, der mit über 140 Likes die grösste Unterstützung erfährt. «Bei meiner täglichen Arbeit muss ich mich doch auch an die Regeln halten.»

Andere Angestellte nehmen ebenfalls kein Blatt vor den Mund: «Wenn Konzerne Flüsse vergiften oder Menschenrechte missachten, dann sollen sie auch dafür haften!» Das sei schliesslich nichts anderes, als das «worauf wir Jahr für Jahr achten und uns in diversen Trainings verpflichten.» Er hoffe doch schwer, dass sein Arbeitgeber nirgends auf der Welt in Geschäften mitmischt, die diese Grundprinzipien missachten würden.

Wer muss haften?

Aber auch in den Detailfragen scheut die Belegschaft die Auseinandersetzung mit der Banken-Führung kein bisschen. So schreibt Verwaltungsratspräsident Gähwiler, dass die Initianten Schweizer Unternehmen «nicht nur für das eigene Verhalten, sondern auch für das ihrer weltweiten Geschäftspartner haftbar machen» wollten.

Im Intranet klärt ein UBS-Mitarbeiter dann aber auf: «Wer sich informiert, findet heraus, dass Firmen nur für Tochterfirmen und wirtschaftlich kontrollierte Zulieferer haften – nicht für alle Geschäftspartner.»

Streit um die Beweislast

Ähnlich verhält es sich bei der Beweislastumkehr, vor der sich Gähwiler fürchtet. Der UBS-Chef behauptet, dass Schweizer Unternehmen im Falle von weltweiten Klagen schuldig wären, bis sie das Gegenteil bewiesen haben.

Auch hier präzisiert ein Angestellter, dass die Geschädigten erst «Schaden, Widerrechtlichkeit und die Kontrolle durch den Konzern», beweisen müssten. In der Tat steht der Konzern erst danach in der Pflicht darzulegen, dass er seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen ist.

UBS begrüsst Diskussionen

Und was sagt die UBS zum internen Aufstand? Auf Nachfrage von BLICK erklärt die Grossbank, dass es sich bei der Mail nicht um eine Abstimmungsempfehlung an die Mitarbeitenden handle. Zudem begrüsse sie es, dass sich die Mitarbeitenden «vertieft mit der Thematik auseinandersetzen und sich aktiv an der Diskussion beteiligen».

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