Kommentar von SonntagsBlick-Chefredaktor Gieri Cavelty
Nein sagen ist einfacher: Darum gibts nicht überall Massentests

Auf grosse Fragen gibt es manchmal ganz einfache Antworten. Beispielsweise wenn man sich fragt: Warum gibt es keine landesweiten Massentests?
Publiziert: 28.02.2021 um 11:14 Uhr
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Aktualisiert: 01.03.2021 um 07:00 Uhr
Gieri Cavelty

Taugen Massentests, um die Ausbreitung des Virus zu ­verhindern? Oder taugen sie nicht? Bei ihren öffentlichen Auftritten bezeichnen die Bundesräte Alain Berset und Guy Parmelin grossflächiges Testen als wichtige Stütze im Kampf gegen die Pan­demie. Die zuständigen Stellen im Bundesamt für Gesundheit jedoch sehen keinen Anlass, Massentests in der ganzen Schweiz zu forcieren. Im Gegenteil: Das BAG bremst, wo es nur kann.

Wo liegt das Problem?

Offensichtlich glaubt man in Bundesbern durchaus an die prak­tische Wirksamkeit von Massentests. Wenn ab morgen Montag die National- und Ständeräte zu ihrer Frühjahrssession zusammenkommen, sind sie aufgefordert, zwei Mal die Woche einen Spucktest ­abzuliefern – damit das Bundeshaus nicht zum Hotspot wird.

Gieri Cavelty, Chefredaktor SonntagsBlick.
Foto: Paul Seewer

Auch die Journalisten, die das Bundeshaus während der Session besuchen, erhielten von den Par­lamentsdiensten eine Einladung zum Testen. «Das Testkit für die e­rste Sessionswoche kann ab Mittwoch, 24. Februar 2021, an der Loge des Medienzentrums bezogen werden», heisst es in einer E-Mail, die ich vor zehn Tagen erhielt.

Als ich mich am Mittwoch an ­besagter Loge einfinde, kassiere ich aber erst mal eine Absage. Der Mann hinter dem Tresen erläutert mir: Nur fest akkreditierte Bundeshausjournalisten (Behördenjargon: «Journalisten mit Ausweis C») hätten Anspruch darauf, Herr Cavelty aber sei nur teilakkreditiert («Ausweis C1»). Ich erwidere: «Auf der Einladung der Parlamentsdienste steht das aber anders.» Und ­frage: «Macht das Virus einen Unterschied zwischen fest- und teilakkreditierten Journalisten?» Der Mann beharrt ­auf seiner Absage, erklärt sich irgendwann aber doch ­bereit, bei einer zuständigen Stelle nachzufragen. Dort ist niemand zu erreichen, und ­leider mache auch ich keine An­stalten, die Loge unverrichteter Dinge zu verlassen.

Nach für uns beide etwas pein­lichen 15 Minuten gibt der Herr der Testkits klein bei: «Dann nehmen Sie eben eine Schachtel, um Himmels Willen! Sie können den Spucktest am Montag beim Eingang zum Bundeshaus abgeben.»

So funktioniert die Bundes­verwaltung. Es werden irgend­welche Vorschriften erlassen. Und irgendwie eingehalten. Vor allem aber wähnt sich der einzelne Verwaltungsangestellte auf der sicheren Seite, wenn er zunächst einmal Nein sagt. Wenn er sagt: Es geht nicht.

Darum gibt es in der Schweiz nicht längst überall Massentests.

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