Klimawandel in Zürich
Grüne profitieren vom Greta-Effekt

Die SVP floppt, die SP wird gebremst, die FDP verkalkuliert sich und die grünen Parteien profitieren vom Greta-Effekt. Die Zürcher Wahlen setzen den Trend für die nationalen Wahlen im Herbst.
Publiziert: 25.03.2019 um 00:14 Uhr
|
Aktualisiert: 17.07.2019 um 20:25 Uhr
Lange Gesichter bei Konrad Langhart, Präsident der SVP Zürich (l.) und Hans-Jakob Boesch, Präsident der Zürcher FDP. Die Bürgerlichen mussten bei den Kantonsratswahlen bluten.
Foto: Keystone
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Ruedi Studer und Lea Hartmann

Greta-Effekt bei den Zürcher Wahlen! Jubel bei den Öko-Parteien, Konsternation bei der SVP, aber auch bei der so siegessicheren FDP. Beide Seiten wissen: Die Zürcher Wahlen sind ein wichtiger Gradmesser für die nationalen Wahlen im Herbst. Kommt im Sommer kein Grossereignis dazwischen – wie vor vier Jahren die Flüchtlingskrise –, geben sie ein gutes Stimmungsbild ab. BLICK erklärt, was das für die Parteien im Herbst bedeutet.

Die Resultate

Bei den Zürcher Kantonswahlen sind Grünliberale und Grüne die grossen Gewinner. Sie legen zusammen fast 10 Prozent zu (siehe Grafik). Und die Grünen erobern mit Martin Neukom (32) auch noch einen Regierungssitz auf Kosten der FDP. Die SVP dagegen verliert fast 6 Prozent und fällt auf das Niveau von 1995 zurück.

Im Kantonsrat gibt es drastische Veränderungen. Die Sitzverteilung im 180-köpfigen Parlament sieht nun wie folgt aus: SVP 45 (-9), SP 35 (-1), FDP 29 (-2), GLP 23 (+9), Grüne 22 (+9), CVP 8 (-1), EVP 8 (-), AL 6 (+1), EDU 4 (-1), BDP 0 (-5). Die Bürgerlichen mitte-rechts, also SVP, FDP, CVP und EDU haben nur noch 86 Sitze – und damit zum ersten Mal keine Mehrheit mehr.

Bei den Zürcher Kantonswahlen sind Grünliberale und Grüne die grossen Gewinner. Sie legen zusammen fast 10 Prozent zu (siehe Grafik). Und die Grünen erobern mit Martin Neukom (32) auch noch einen Regierungssitz auf Kosten der FDP. Die SVP dagegen verliert fast 6 Prozent und fällt auf das Niveau von 1995 zurück.

Im Kantonsrat gibt es drastische Veränderungen. Die Sitzverteilung im 180-köpfigen Parlament sieht nun wie folgt aus: SVP 45 (-9), SP 35 (-1), FDP 29 (-2), GLP 23 (+9), Grüne 22 (+9), CVP 8 (-1), EVP 8 (-), AL 6 (+1), EDU 4 (-1), BDP 0 (-5). Die Bürgerlichen mitte-rechts, also SVP, FDP, CVP und EDU haben nur noch 86 Sitze – und damit zum ersten Mal keine Mehrheit mehr.

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SVP

Bei der SVP schrillen die Alarmglocken. Bereits vor Wochenfrist musste die SVP in Appenzell Ausserrhoden eine herbe Wahlschlappe einstecken. Und jetzt das Wahldebakel in Zürich. Der Negativtrend geht weiter: Seit 2016 hat die SVP in den kantonalen Parlamenten 27 Sitze verloren.

Die Partei muss sich im Herbst auf eine Niederlage gefasst machen. Sie wird von Personalproblemen geplagt, und ihre Themen ziehen derzeit nicht. An der Asyl- und Migrationsfront ist Ruhe, das EU-Rahmenabkommen kritisiert sie nicht alleine, und zum Thema Klima hat sie nichts zu sagen. Da bleiben viele potenzielle SVP-Wähler zu Hause.

Am Freitag trifft sich der Parteileitungsausschuss. SVP-Chef Albert Rösti (51) sagt offen: «Ich bin enttäuscht. Wir haben deutlich verloren, da gibt es nichts schönzureden.» Er warnt vor Schnellschüssen: «Wir müssen kühlen Kopf bewahren und das Ganze sauber und in Ruhe analysieren.»

FDP

Lange schien FDP-Chefin Petra Gössi (43) unaufhaltsam auf einen beachtlichen Wahlerfolg im Herbst zuzusteuern. In den Kantonen gings für die FDP kontinuierlich vorwärts – und Gössi machte eine klare Kampfansage nach links: Die FDP werde die SP als zweitstärkste Kraft ablösen!

Die Klatsche in Zürich holt die Freisinnigen auf den Boden zurück. Sie kommt nicht aus dem Nichts. Denn die FDP ist zur neuen Wischiwaschi-Partei geworden. Auf die Uns-egal-Haltung beim Klimaschutz folgte eine Klimapirouette. Auch beim EU-Abkommen fährt die FDP einen Schlitterkurs.

Die SP kann sich schon fast zurücklehnen. Auch wenn es bei der Kampfansage bleibt, wie Gössi betont. Das Resultat in Zürich schreibt sie dem «aktuellen Zeitgeist» zu. «Die Umweltthematik ist für die Wähler sehr wichtig. Wir werden hier unsere Hausaufgaben erledigen und Taten folgen lassen.»

SP

Die Genossen sind nochmals mit einem blauen, respektive grünen Auge davongekommen. Entgegen ihrer Befürchtungen sind die Verluste minim. Trotzdem muss sich die SP als Verliererin fühlen: Der Trend in den Kantonen zeigte in den letzten Jahren nach oben. Jetzt machen die Grünen den Roten die Öko-Stimmen streitig. Die anvisierten 20 Prozent im Herbst kann die SP vergessen. Womöglich dürfte die SP gar den einen oder anderen Sitz an ihre grüne Bündnispartnerin verlieren.

Ein Trost bleibt der SP: Den zweiten Platz dürfte sie trotz allem auf sicher haben.

Grüne

Die Grünen sind eindeutig im Aufwind – und bestätigen damit den bisherigen Trend in den Kantonen. Ein Plus von 27 Sitzen seit 2016 ist das Resultat. Die Klimaschutz-Debatte gibt den Grünen nochmals zusätzlichen Schub. Und wie Zürich zeigt, können sie, anders als die Grünliberalen, das auch in Regierungssitze ummünzen. Kommt jetzt nochmals ein Hitzesommer, ist den Grünen ein Sieg bei den nationalen Wahlen kaum zu nehmen. «Neue Mehrheiten sind möglich – Mehrheiten für eine sozialere und ökologischere Politik», schwelgt Grünen-Chefin Regula Rytz (57) bereits.

GLP

Zürich ist für die Grünliberalen ein besonderes Pflaster: Hier sind ihre Stammlande. Dank der Klimakrise sind ökologisch gesinnte Bürgerliche in Scharen zur GLP gewechselt. Was aber auch klar scheint: Es gibt keinen Chantal-Galladé-Effekt. Die SP dürfte in erster Linie an die Grünen verloren haben, nicht an die GLP.

Im Herbst wird auch die GLP zu den Gewinnerinnen gehören. Parteichef Jürg Grossen (49) warnt vor Übermut: «Bis im Oktober ist es noch ein weiter Weg mit viel Arbeit – gerade bei unseren Kernthemen Klimaschutz und Europa.»

CVP

CVP-Präsident Gerhard Pfister (56) kann ein bisschen aufatmen. Leichte Verluste, kein Debakel. Das entspricht dem Trend, in den letzten Jahren verlor die CVP fast in allen Kantonen. Fällt der Verlust aber so glimpflich aus wie in Zürich, kommt die CVP nochmals davon.

BDP

Die BDP schleppt sich von Niederlage zu Niederlage. In Zürich scheitert sie an der 5-Prozent-Hürde und fliegt gleich ganz aus dem Kantonsrat. Für Parteichef Martin Landolt (50) dürfte es langsam ungemütlich werden. Im Herbst geht es für die Kleinpartei um die Existenz.

Bald folgen die nächsten kantonalen Testläufe: Bereits am Sonntag wählen Luzern und Baselland, danach das Tessin. Dann wird die Fieberkurve bei den Parteistrategen nochmals steigen.

Prominenz hilft nicht immer

Der Zürcher Kantonsrat ist um einen prominenten Kopf reicher: Der bekannte Milieu-Anwalt Valentin Landmann (68) schafft den Sprung ins kantonale Parlament. Als Vertreter der Kreise 7 und 8 der Stadt Zürich. 

Doch Prominenz hilft nicht immer: Allzu gerne hätte die als Nationalrätin abtretende CVP-Frau Kathy Riklin (66) eine Politstufe tiefer weitergewirbelt. Ihre Liste machte keinen Sitz – und selbst wenn, hätte Riklin diesen nicht erhalten. Sie machte auf ihrer Liste nämlich nur den zweiten Platz.

Das Nachsehen hat auch SVP-Shootingstar Camille Lothe (25). Die Präsidentin der kantonalen Jung-SVP hat sich mit dem bürgerlichen Referendum gegen den AHV-Steuer-Deal zwar schweizweit einen Namen gemacht. Gewählt wurde sie trotzdem nicht.

Auch der umstrittene SVP-Kandidat Stefan Locher (40), der durch ein «Izzy»-Video bekannt wurde, das ihn mutmasslich der Anstiftung zu Wahlbetrug überführte, hat die Wahl im linken Stadtkreis 4 und 5 verpasst. Immerhin machte er auf seiner Liste den ersten Platz.

Ein Glanzresultat schaffte SP-Vertreterin Sarah Akanji (25): In Winterthur macht die ältere Schwester von Nati-Fussballer Manuel Akanji die meisten Stimmen.

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National- und Ständeratsratswahlen 2019

Am 20. Oktober finden die eidgenössischen Parlamentswahlen in der Schweiz statt. Die insgesamt 200 Sitz im Nationalrat werden nach Anzahl Bevölkerung auf die Kantone verteilt und müssen neu gewählt werden. Auch die 46 Sitze des Ständerats werden neu vergeben.

BLICK bietet rund um die Uhr die aktuellsten Informationen zum Wahlkampf, der politischen Themenagenda der Parteien und Kandidaten, der Sitzverteilung im Parlament und den Wahlergebnissen.

Für die Ständeratswahlen sind die Kantone zuständig. Bei den Nationalratswahlen arbeiten Bund, Kantone und Gemeinden eng zusammen.

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