Kritik an Referendum gegen CO2-Gesetz
«Klimapolitisch unverantwortlich» und «dumm»

Eine Woche nach der Schlussabstimmung im Parlament ist klar: Gegen das neue CO2-Gesetz werden Unterschriften gesammelt. Verschiedene Westschweizer Sektionen der Klimastreik-Bewegung ergreifen das Referendum. Nun hagelt es Kritik von Links und Mitte.
Publiziert: 02.10.2020 um 11:24 Uhr
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Aktualisiert: 06.10.2020 um 20:40 Uhr

Für die Klimastreik-Bewegung waren die jeweiligen Debatten im National- und Ständerat enttäuschend. Verschiedene Regionalgruppen haben nun in Bern angekündigt, das Referendum zu ergreifen. Es sind mit Genf, Waadt, Neuenburg, Jura, Wallis und Berner Jura vor allem Westschweizer Sektionen. Der nationale Klimastreik überlasse die Organisation und Referendumsstrategie bewusst den Regionen, «um die interne Heterogenität der Bewegung zu bewahren».

Das vorliegende CO2-Gesetz reiche bei weitem nicht aus, um die Klimaerwärmung zu stoppen, so der Tenor. Die Politik habe die Dringlichkeit der Klimakrise immer noch nicht erkannt. «Das CO2-Gesetz verfehlt die verschiedenen Emissionsreduktionsziele deutlich, missachtet die Klimagerechtigkeit und verfestigt bestehende Strukturen», sagt Sprecherin Franziska Meinherz. Man fühle sich «von der grünen Welle verraten.»

Die Linken im Parlament unterstützten das Gesetz trotz einiger Lücken letztlich deutlich. Sie fürchten bei einem Nein eine weitere Verzögerung im Kampf gegen den Klimawandel. Das CO2-Gesetz enthält verschiedene Massnahmen, beispielsweise im Strassen- und Luftverkehr sowie im Gebäudebereich, mit denen die schrittweise Reduktion der Treibhausgase erreicht werden soll.

Klimaaktivisten ergreifen gegen das aus ihrer Sicht ungenügende CO2-Gesetz das Referendum.
Foto: Nathalie Taiana
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Gibt es eine unheilige Allianz mit der SVP?

Auch von anderer Seite dürfte das CO2-Gesetz bekämpft werden. Die SVP lehnte die Vorlage - «zu sozialistisch», «ein Mega-Bürokratiemonster» - im Parlament ab, zierte sich bisher aber, den Lead bei der Unterschriftensammlung zu übernehmen. Organisationen wie der Gewerbeverband oder Auto Schweiz hatten sich ebenfalls kritisch zum CO2-Gesetz geäussert und entscheiden in den nächsten Wochen, wie sie zu einem allfälligen Referendum stehen.

Es wäre eine sehr unheilige Allianz zwischen dem Klimastreik, dem das CO2-Gesetz nicht weit genug geht, und der SVP, der es zu weit geht. Doch eine Zusammenarbeit schliessen die Klima-Aktivisten aus und distanzieren sich in den Worten von Meinherz explizit «von den Klimaleugnern der SVP und den Nimmersatten von Economiesuisse.» Das Ziel der verschiedenen Klimastreik-Sektionen sei es, unabhängig von allfälligen anderen Referenden 50'000 Unterschriften zu erreichen. Verschiedene Organisationen würden die Klimastreikenden unterstützen.

Kritik von links und Mitte

Auch wenn nur die Westschweizer Regionen des Klimastreiks sich zum Referendum durchgerungen haben: Die Reaktionen sind harsch. Ein Referendum sei «klimapolitisch unverantwortlich» kritisiert etwa Grünen-Präsident Balthasar Glättli (48, ZH). Das CO2-Gesetz sei zwar nicht perfekt, ein Referendum würde es aber verzögern.

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Aus dem gleichen Grund kritisiert auch SP-Fraktionschef Roger Nordmann (47, VD) das Referendum – und bittet gar explizit darum, das Referendum nicht zu unterschreiben. Denn damit würde man mehrere Jahre verlieren, warnt er. «Das Ersatzgesetz würde nach dem Gusto der Finanzierer der Neinkampagne aussehen», schreibt Nordmann.

Und auch die Bürgerlichen haben keine Freude. «Wenn ihr euch mit der SVP ins Bett legt, verlieren wir wertvolle Jahre auf Kosten des Klimas! Das CO2-Gesetz ist wirksam und erlaubt rasches Handeln» so die FDP. Und CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt (SO) schreibt auf Twitter: «Dass ein paar Klimaaktivisten das Referendum gegen das CO2-Gesetz ergreifen wollen, ist dumm - aber auch der Beweis dafür, dass das Gesetz der goldene Mittelweg mit realistischen Zielen und Massnahmen ist.»

(gbl/sda)


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