Kapitalsteuern von 150 Prozent
Ständerat beugt sich über 99-Prozent-Initiative

Am Dienstag berät der Ständerat die 99-Prozent-Initiative der Juso. Die vorberatende Wirtschaftskommission des Ständerats (WAK-S), der Nationalrat und der Bundesrat empfehlen, die Initiative ohne Gegenvorschlag abzulehnen. SP und Grüne unterstützen das Volksbegehren.
Publiziert: 02.03.2021 um 06:09 Uhr

Die Initiative der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten trägt offiziell den Titel «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern.» Sie verlangt, dass Kapitaleinkommen, das einen bestimmten Betrag übersteigt, im Umfang von 150 Prozent besteuert wird. Die Höhe des Freibetrags würde vom Gesetzgeber bestimmt. Die Initianten denken an rund 100'000 Franken.

Mit den Mehreinnahmen aus den Steuern auf Kapitaleinnahmen sollen entweder die Steuern von Personen mit tiefen und mittleren Löhnen gesenkt werden oder das Geld soll für die soziale Wohlfahrt verwendet werden.

Das erklärte übergeordnete Ziel der Volksinitiative besteht laut den Initianten darin, mittels einer höheren Besteuerung von Kapitaleinkommen bei einem Prozent der Bevölkerung und einer konsequenten Umverteilung soziale Gerechtigkeit herzustellen.

Am Dienstag berät der Ständerat die 99-Prozent-Initiative der Juso. Bundesrat und Nationalrat lehnen ab. (Archivbild)
Foto: PETER KLAUNZER

Der Bundesrat hat in seiner Botschaft die Initiative zur Ablehnung empfohlen. Die Einkommen in der Schweiz seien im Vergleich zum Ausland gleichmässig verteilt, argumentierte er. Es werde auch schon heute viel Geld zu Gunsten von schlechter Gestellten umverteilt.

Eine Annahme der Initiative könnte laut dem Bundesrat sogar negative Folgen haben: Die Schweiz würde als Standort geschwächt und die Anreize, Kapital zu bilden, könnten schwinden. Dies führe schliesslich dazu, dass in der Schweiz weniger Geld pro Arbeitskraft zur Verfügung stehe.

Das könnte laut Bundesrat schliesslich auch für diejenigen Personen negative Folgen haben, die von ihrem Arbeitslohn leben und die eigentlich von dieser Initiative profitieren sollten. Er beantragt deshalb den eidgenössischen Räten, die Initiative Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen - ohne einen Gegenvorschlag.

Der Nationalrat kam dieser Empfehlung des Bundesrat im vergangenen September nach. Die Initiative verpasse es, die Begriffe «Kapitaleinkommen» und «Freibetrag» zu definieren, hiess es etwa. Auch die Ausgestaltung der Umverteilung werde offengelassen. Erst wenn diese Begriffe definiert seien, könne tatsächlich die Frage beantwortet werden, ob nur ein Prozent der Bevölkerung von dieser Initiative betroffen sei oder nicht.

Unterstützt wurde die Initiative im Nationalrat von der SP und den Grünen. Die Ungleichheit im Steuersystem sei ungerecht und führe dazu, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer grösser werde, argumentierte die SP. Mit dem richtigen Steuersystem könne die Schweiz ihre Defizite bei den Sozialwerken revidieren, finden die Grünen.

In den vergangenen 20 Jahren sind mehrere Volksbegehren mit dem Ziel, Ressourcen zugunsten von Einkommensschwachen umzuverteilen, an der Urne abgelehnt worden. So zum Beispiel die Volksinitiative «Für eine Kapitalgewinnsteuer», die 2001 scheiterte. Mit der Initiative wollte der Gewerkschaftsbund erreichen, dass Gewinne auf private Finanzanlagen zu mindestens 20 Prozent besteuert werden.

Ein zweites Beispiel ist die Volksinitiative «1:12 - Für gerechte Löhne": Die Initiative verlangte, dass in einem Unternehmen der höchste bezahlte Lohn das Zwölffache des tiefsten Lohns nicht übersteigen darf. Auch diese Initiative wurde 2013 von Volk und Ständen abgelehnt.

(SDA)

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