Parlamentarier fordern Impf-Extrawurst
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Der Morgen auf BLICK TV:Schweizer Impfplan gescheitert

Kantone sagen Nein
Keine Impf-Extrawurst für Parlamentarier

Die Forderung, Risikopatienten unter den Parlamentarieren vorab zu impfen, stösst fast ausschliesslich auf Kritik. Die Kantone warnen gar davor. «Bald würden sich auch andere Anspruchsgruppen melden», erklärt der Basler Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger.
Publiziert: 27.01.2021 um 11:47 Uhr
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Aktualisiert: 21.02.2021 um 19:18 Uhr

Der Bundesrat machts vor: Bereits Mitte Januar liessen sich die Bundesräte Alain Berset (48), Guy Parmelin (61), Ignazio Cassis (59) und Karin Keller-Sutter (57) impfen. Cassis erklärt im Interview mit CH-Media: «Die Krisenführung muss in Zeiten wie diesen garantiert werden.» Man dürfe nicht riskieren, dass sich mehrere Bundesräte gleichzeitig anstecken.

Nun wollte das Parlament nachziehen – die Präsidenten von National- und Ständerat forderten ebenfalls eine Vorzugsbehandlung. Obwohl es mit den Impfungen in der Schweiz wegen Lieferengpässen schleppend vorangeht, baten Andreas Aebi (62, SVP) und Alex Kuprecht (63, SVP) die Kantone um eine Extrawurst: In einem Brief an die Kantonsregierungen forderten sie, dass Risikopersonen unter den Bundesparlamentariern prioritär geimpft werden.

Schliesslich nähere sich die Frühlingssession, die am 1. März startet. Für Risikopersonen, von denen es auch im Parlament einige gibt, werde das politische Amt damit zum Gesundheitsrisiko. Ausserdem erfülle man als Parlamentarier eine Vorbildfunktion – deswegen mache es Sinn, sich impfen zu lassen, so Kuprecht.

Nationalrats-Präsident Andreas Aebi fordert in einem Brief, dass Risikopersonen unter den Bundesparlamentariern prioritär geimpft werden.
Foto: Keystone
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Kantone sind dagegen

Diesen Argumenten kann die Konferenz der Kantonalen Gesundheitsdirektoren (GDK) nichts abgewinnen – und erteilt den Impfwünschen des Parlaments laut dem «Tages-Anzeiger» eine Absage. «Das Präsidium der GDK empfiehlt ihren Mitgliedern, einzelne Personen nicht bevorzugt zu impfen und den Brief in diesem Sinn zu beantworten», so GDK-Präsident Lukas Engelberger (45, CVP) gegenüber der Tageszeitung.

Man nehme das Anliegen der Parlamentsspitze nicht auf die leichte Schulter, das Funktionieren des Parlaments sei wichtig, sagt der Gesundheitsdirektor. «Wir unterstützen es auch, wenn sich Parlamentarier mit Vorerkrankungen möglichst schnell impfen lassen. Aber ein spezielles Vorrecht für Parlamentarier wäre schwierig – da würden sich sofort auch andere Anspruchsgruppen melden.» Deswegen rate das GDK-Präsidium von einer Impf-Extrawurst ab.

«Impfdrängler nehmen anderen den Impfstoff weg»

Auch bei der Zürcher Gesundheitsdriektorin Nathalie Rickli (44, SVP) kommt die Forderung nach Impfprivilegien für Parlamentarier nicht gut an. «Wir impfen Parlamentarier nicht prioritär», sagt sie gegenüber dem «Tages-Anzeiger». Und obwohl sie als Gesundheitsdirektorin viele Kontakte mit Gesundheitsinstitutionen hat, lässt sich auch Rickli nicht vorzeitig impfen. «Als gesunde 44-Jährige werde ich mich dann impfen lassen, wenn die breite Bevölkerung es auch kann», sagt sie.

Nicht nur in den Kantonen, sondern auch im Parlament stösst die Impf-Extrawurst auf grosse Ablehnung. So haben bereits einige Parlamentarier aus der Risikogruppe bereits angekündigt, sich nicht vorab impfen zu lassen. Für Mitte-Nationalrat Christian Lohr (58) zum Beispiel komme das nicht infrage.

Medizinethiker Ralf Jox versteht diese Ablehnung gegenüber den Impfdränglern. «Diese Personen nehmen anderen den Impfstoff weg. Es ist nicht auszuschliessen, dass jemand deshalb schwer erkrankt oder sogar stirbt.» Das medizinische Personal müsse sich erst um jene kümmern, die wirklich Hilfe brauchen, kritisiert er.

Luzern macht Rückzieher

Nach so heftigen Gegenreaktionen geben sich die Befürworter kleinlaut. In Luzern, wo die Kantonsregierung nach Erhalt des Briefes aus dem Bundeshaus bereits aktiv geworden war, macht man nun laut dem «Tages-Anzeiger» einen Rückzieher. Luzerner Parlamentarier seien bereits per Mail dazu eingeladen worden, sich für eine Impfung anzumelden, falls sie zu einer Risikogruppe gehören. Inzwischen teile ein Mitarbeiter des kantonalen Führungsstabs mit: «Dieses Mail ist jetzt nichtig.»

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