So wollen die Kantone die Schulen wieder öffnen
Reduzierter Stundenplan in Zürich, Halbklassen in St. Gallen, Vollgas in Basel-Stadt

Die Primar- und Sekundarschulen öffnen am 11. Mai wieder die Klassenzimmer. Doch wie genau soll das geschehen? Die Kantone schlagen ein unterschiedlich rasches Tempo an. Einige starten in Halbklassen, andere wieder im Vollprogramm.
Publiziert: 30.04.2020 um 10:50 Uhr
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Aktualisiert: 09.05.2020 um 09:46 Uhr
Reduzierter Stundenplan in Zürich, Halbklassen in St. Gallen, Vollgas in Basel-Stadt
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Schulstart in den Kantonen:Reduzierter Stundenplan in Zürich, Halbklassen in St. Gallen, Vollgas in Basel-Stadt
Ruedi Studer und Sermîn Faki

Der Bundesrat hat entschieden: Die Schülerinnen und Schüler der obligatorischen Schule dürfen ab dem 11. Mai 2020 wieder in die Klassenzimmer zurückkehren. Um gefährdete Personen zu schützen und die Weiterverbreitung des Virus einzudämmen, hat der Bundesrat ein Schutzkonzept verabschiedet.

Wie die Schulen dieses genau umsetzen, entscheiden die Kantone. Und hier sind viele Fragen offen: Werden die Klassen geteilt, um den Abstand einzuhalten? Wie werden die Pausen geregelt? Und was passiert, wenn ein Kind plötzlich Symptome zeigt? BLICK zeigt, wie unterschiedlich die Kantone die Situation handhaben.

Seit Wochen stehen die Schulzimmer leer – wegen der Corona-Krise.
Foto: Keystone
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ZH: Maximal 15 Schüler pro Klasse

Im Kanton Zürich geht der Präsenzunterricht am 11. Mai wieder los, aber nur in reduzierter Form. «Das Virus wird uns die nächsten Wochen und Monate begleiten, da müssen wir uns nichts vormachen», sagte Bildungsdirektorin Silvia Steiner (62) am Donnerstag vor den Medien. Deshalb wird der Stundenplan reduziert. Je nach Stufe finden nur zehn bis 18 Lektionen pro Klasse im Schulhaus statt. Zudem dürfen die Klassen nicht mehr als 15 Schülern sein. Grössere Klassen werden aufgeteilt. Steiner machte klar, dass nicht gleich alles reibungslos ablaufen werde: «Wir werden eine Chaosphase erleben, wir müssen zuerst Erfahrungen sammeln.»

Im Kanton St. Gallen plant man für die Volksschule mit zwei Phasen. Ab dem 11. Mai wird während vier Wochen in der Halbklasse unterrichtet, danach soll möglichst wieder Normalbetrieb herrschen. Auch die Westschweizer Kantone Genf, Waadt und Neuenburg starten mit Halbklassen-Unterricht.

Auch der Kanton Tessin nimmt den regulären Schulbetrieb am 11. Mai mit einem strengen Sicherheitsplan wieder auf – und setzt ebenfalls auf Halbklassen. Die Regierung erlaubt den Gemeinden zudem eine um sieben Tage nach hinten geschobene Öffnung der Schulen am 18. Mai. Und der Besuch des Kindergartens ist freiwillig. Trotzdem meldete die Stadt Lugano Opposition an.

Aargau und Basel-Stadt geben Vollgas

Der Kanton Basel-Stadt hingegen will ab 11. Mai gleich wieder voll durchstarten. Der Unterricht im Kindergarten, in der Primar- und Sekundarschule findet gemäss den üblichen Unterrichtszeiten und dem regulären Stundenplan in ihren Klassen statt. Dasselbe gilt für Kantone wie Baselland, Solothurn, Thurgau, Schaffhausen, Glarus oder Luzern.

Ebenso sollen im Kanton Graubünden der Präsenzunterricht an den obligatorischen Schulen «wo immer möglich wieder im Rahmen des regulären Stundenplans erfolgen», wie die Regierung mitteilt. Auch an der Aargauer Volksschule findet der Unterricht grundsätzlich «wieder im Klassenverband nach Lehrplan und gemäss den geltenden Stundentafeln statt».

Der Kanton Bern will zwar auch rasch auf Normalunterricht umstellen, wählt aber einen sanften Einstieg. Die ersten beiden Tagen soll jeweils nur eine Halbklasse unterrichtet werden, um so besser die Hygiene- und Verhaltensregeln einzuüben. Bei Bedarf können einzelne Gemeinden zudem eine Verlängerung der Einstiegsphase in Halbklassen beantragen.

Gefährdete Lehrpersonen dürfen nicht ins Klassenzimmer

Eine Herausforderung kommt beim Lehrpersonal auf die Kantone zu: Wer zur Risikogruppe gehört, darf nicht im Schulzimmer unterrichten. Je nach Kanton betreffe dies bis zu 30 Prozent der Lehrpersonen, hiess es heute an einer Medienkonferenz des Kantons St. Gallen. In St. Gallen wird mit einer Ausfallquote von rund 10 Prozent gerechnet.

Die Schulen müssen weitgehend selber versuchen, die Lücke zu stopfen. So werden etwa Vertreter organisiert. In St. Gallen wurde etwa auch die Möglichkeit genannt, dass sich die Lehrerschaft anderweitig organisiere. So ist Teamteaching in St. Gallen vorerst nicht möglich, deshalb könne die zweite Lehrperson in einer anderen Klasse eingesetzt werden.

Die gefährdeten Lehrpersonen könnten zudem anderweitig eingesetzt werden. Im Kanton Zürich wurde etwa die Möglichkeit genannt, dass diese im Homeoffice die Schulleitung unterstützen könnten. Eine andere Option sei es, via Fernunterricht jene Kinder zu unterrichten, die nicht zur Schule könnten – etwa weil sie sich zuhause in Quarantäne befinden.

In Bern heisst es zudem, gefährdete Lehrpersonen könnten «für den Schulbetrieb wertvolle Arbeit leisten, indem sie beispielsweise Unterricht vorbereiten, Arbeiten korrigieren oder Personen coachen, die Stellvertretungen übernehmen».

Lehrkräfte pochen auf praktikable Lösungen

Der Dachverband der Lehrkräfte (LCH) begrüsst zwar im Grundsatz die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts an den Schulen ab dem 11. Mai. Doch er vermisst in den Schutzkonzept-Vorgaben des Bundes weitergehende Regelungen. So bedauert der Lehrerverband denn auch, dass er vom Bund nicht in die Entwicklung der Grundprinzipien miteinbezogen wurde.

Der Lehrerverband fordert nun praxistaugliche Vorgaben zur Ausgestaltung. Es sei nämlich bereits heute erkennbar, dass es in den Kantonen deutliche Divergenzen in der Ausgestaltung gebe.

Sorgen wegen Schutzabstand

Der Präsenzunterricht darf laut Ansicht des LCH erst wieder aufgenommen werden, wenn die kantonalen Schutzkonzepte bereit sind, die Abläufe zur Umsetzung der Schutzkonzepte festgelegt und alle in der Schule tätigen Personen darin geschult wurden. Für die Umsetzung der Reinigungsmassnahmen im Schulhaus brauche es sowohl genügend Personal als auch einen Vorrat an Desinfektionsmitteln und Schutzmaterial.

Besorgt zeigt sich der LCH insbesondere darüber, wie die Schutzabstände beim Präsenzunterricht eingehalten werden sollen, insbesondere bei der Einzelbetreuung. Es brauche zudem praktikable Lösungen für den Präsenz- und Fernunterricht für vulnerable Personen. Eines sei dabei klar: «Ein gleichzeitiger Präsenz- und Fernunterricht ist für eine Lehrperson nicht leistbar.» (SDA)

Der Dachverband der Lehrkräfte (LCH) begrüsst zwar im Grundsatz die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts an den Schulen ab dem 11. Mai. Doch er vermisst in den Schutzkonzept-Vorgaben des Bundes weitergehende Regelungen. So bedauert der Lehrerverband denn auch, dass er vom Bund nicht in die Entwicklung der Grundprinzipien miteinbezogen wurde.

Der Lehrerverband fordert nun praxistaugliche Vorgaben zur Ausgestaltung. Es sei nämlich bereits heute erkennbar, dass es in den Kantonen deutliche Divergenzen in der Ausgestaltung gebe.

Sorgen wegen Schutzabstand

Der Präsenzunterricht darf laut Ansicht des LCH erst wieder aufgenommen werden, wenn die kantonalen Schutzkonzepte bereit sind, die Abläufe zur Umsetzung der Schutzkonzepte festgelegt und alle in der Schule tätigen Personen darin geschult wurden. Für die Umsetzung der Reinigungsmassnahmen im Schulhaus brauche es sowohl genügend Personal als auch einen Vorrat an Desinfektionsmitteln und Schutzmaterial.

Besorgt zeigt sich der LCH insbesondere darüber, wie die Schutzabstände beim Präsenzunterricht eingehalten werden sollen, insbesondere bei der Einzelbetreuung. Es brauche zudem praktikable Lösungen für den Präsenz- und Fernunterricht für vulnerable Personen. Eines sei dabei klar: «Ein gleichzeitiger Präsenz- und Fernunterricht ist für eine Lehrperson nicht leistbar.» (SDA)

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Einige Kantone planen Matura-Prüfung

Der Bundesrat überlässt es den Kantonen, ob sie die schriftliche Matura-Prüfung durchführen wollen oder nicht. St. Gallen hat entschieden, dass es die Matura-Prüfung durchführen wird – allerdings gelten aufgrund der Corona-Umstände gelockerte Bedingungen, um die Matura zu bestehen. So werden die Prüfungsnoten etwas weniger stark gewichtet im Gesamturteil. Auch Graubünden, Aargau, Thurgau, Obwalden, Schwyz, Freiburg oder Luzern setzen auf schriftliche Matura-Prüfungen. Luzern beispielsweise will aber bei den Noten die Rundungsregeln grosszügiger auslegen.

In Basel-Stadt, Baselland, Solothurn, Wallis, Genf, Waadt, Bern oder Zürich hingegen werden die Prüfungen abgeblasen. Nachdem die Schüler fast drei Monate im Homeoffice verbracht hätten, ist für den Kanton Bern klar: «Faire Prüfungen sind unter diesen Umständen nicht möglich.»

Niklaus Schatzmann, Chef des Zürcher Mittelschul- und Berufsbildungsamts, widersprach zudem Bedenken, dass die Matura ohne Prüfung «geschenkt» sei. Im Gegenteil sei der aktuelle Jahrgang so gut vorbereitet auf die Uni wie sonst wohl keiner. «Mit dem Fernunterricht haben die Maturanden eine Studierkompetenz trainieren können, wie sonst kein Jahrgang zuvor.» Allerdings wird die schriftliche Matura-Prüfung in Zürich in Ausnahmefällen doch durchgeführt: Wer aufgrund den Erfahrungsnoten die Matura nicht bestehen würde, der darf die Prüfung machen, um doch noch eine Chance zu haben.

Coronavirus

Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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Wie kann ich mich schützen?

Wie reagiert die Schweiz auf das neue Virus?

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) verfolgt die Entwicklung aufmerksam. Das BAG bereitet sich auf eine internationale Ausbreitung des neuen Coronavirus vor und steht mit allen relevanten Partnern in Kontakt. Die Informationen werden auf der BAG-Internetseite regelmässig aktualisiert.

Wie wird das Virus übertragen?

Übertragen wird das Coronavirus wie das Sars-Virus durch Tröpfcheninfektion, weshalb hustende und niesende Patienten hohe Ansteckungsgefahr bedeuten. Laut WHO soll die Inkubationszeit (Zeit zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit) zwei Tage bis eine Woche betragen.

Welches sind die Anzeichen?

Fieber, Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Atemprobleme wie Kurzatmigkeit, Lungenentzündung.

Sind Schweizer betroffen?

In Wuhan, wo das Virus entdeckt wurde, leben acht Schweizer. Gemäss BAG sind keine Schweizer von der Krankheit betroffen.

Wie gross ist die Gefahr eines Imports nach Europa?

Obwohl direkte Flugverbindungen von Wuhan nach London, Paris und Rom existieren, schätzt das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) das Risiko einer Einschleppung aktuell als moderat ein. Gleiches gilt für die Schweiz.

Darf man noch nach Wuhan reisen?

Da die chinesischen Behörden die Stadt Wuhan praktisch unter Quarantäne gestellt haben und die Verkehrsverbindungen nur noch teilweise genutzt werden können, wird von Reisen dahin abgeraten.

Wie kann ich mich auf Reisen schützen?

Bei Reisen nach China empfiehlt das BAG:

  • Gute persönliche Hygienemassnahmen wie regelmässiges Händewaschen
  • Meiden von Fischmärkten und Märkten, an denen lebendige oder tote Tiere und Vögel gehandelt werden
  • Kein Kontakt mit Tieren, insbesondere Geflügel und deren Exkrementen
  • Kein Kontakt mit Personen mit respiratorischen Symptomen
  • Eier und Fleisch nur gut durchgekocht essen

Wann gibt es einen Impfstoff?

Zurzeit gibt es keinen Impfstoff. Die globale Impfallianz Gavi rechnet damit, dass die Entwicklung eines Impfstoffes gegen die neue Lungenkrankheit mindestens ein Jahr dauern wird. Noch seien die Gefahren durch das Coronavirus auch schwer abzuschätzen, sagte der Gavi-Geschäftsführer und Epidemiologe Seth Berkley.

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Wie wird das Virus übertragen?

Übertragen wird das Coronavirus wie das Sars-Virus durch Tröpfcheninfektion, weshalb hustende und niesende Patienten hohe Ansteckungsgefahr bedeuten. Laut WHO soll die Inkubationszeit (Zeit zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit) zwei Tage bis eine Woche betragen.

Welches sind die Anzeichen?

Fieber, Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Atemprobleme wie Kurzatmigkeit, Lungenentzündung.

Sind Schweizer betroffen?

In Wuhan, wo das Virus entdeckt wurde, leben acht Schweizer. Gemäss BAG sind keine Schweizer von der Krankheit betroffen.

Wie gross ist die Gefahr eines Imports nach Europa?

Obwohl direkte Flugverbindungen von Wuhan nach London, Paris und Rom existieren, schätzt das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) das Risiko einer Einschleppung aktuell als moderat ein. Gleiches gilt für die Schweiz.

Darf man noch nach Wuhan reisen?

Da die chinesischen Behörden die Stadt Wuhan praktisch unter Quarantäne gestellt haben und die Verkehrsverbindungen nur noch teilweise genutzt werden können, wird von Reisen dahin abgeraten.

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Bei Reisen nach China empfiehlt das BAG:

  • Gute persönliche Hygienemassnahmen wie regelmässiges Händewaschen
  • Meiden von Fischmärkten und Märkten, an denen lebendige oder tote Tiere und Vögel gehandelt werden
  • Kein Kontakt mit Tieren, insbesondere Geflügel und deren Exkrementen
  • Kein Kontakt mit Personen mit respiratorischen Symptomen
  • Eier und Fleisch nur gut durchgekocht essen

Wann gibt es einen Impfstoff?

Zurzeit gibt es keinen Impfstoff. Die globale Impfallianz Gavi rechnet damit, dass die Entwicklung eines Impfstoffes gegen die neue Lungenkrankheit mindestens ein Jahr dauern wird. Noch seien die Gefahren durch das Coronavirus auch schwer abzuschätzen, sagte der Gavi-Geschäftsführer und Epidemiologe Seth Berkley.

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