Jäger gegen neues Jagdgesetz
Rückenschuss aus den eigenen Reihen

Der Jagdverband steht voll und ganz hinter dem neuen Jagdgesetz, über das die Schweiz am 17. Mai abstimmt. Nun aber lehnen sich plötzlich Jäger dagegen auf.
Publiziert: 12.03.2020 um 11:48 Uhr
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Aktualisiert: 15.09.2020 um 19:21 Uhr
Daniel Ballmer

Nur ein toter Wolf ist ein guter Wolf. Davon sind nicht nur viele Bauern und Nutztierhalter überzeugt. Auch der Verband Jagd Schweiz kämpft an vorderster Front für das neue Jagdgesetz, über das die Schweiz am 17. Mai abstimmt. Dieses will den Schutz verschiedener Arten lockern. Vor allem im Visier: der Wolf.

Doch nun regt sich in den eigenen Reihen Widerstand.Neu hat sich ein Komitee mit mehreren Dutzend Jägerinnen und Jägern gebildet, die sich öffentlich gegen ihren eigenen Verband stellen. Sie wehren sich gegen das «missratene Gesetz».

«Wölfe können auf Vorrat abgeschossen werden»

Die Schwächung des Artenschutzes gehe viel weiter als vom Bundesrat ursprünglich geplant, wird kritisiert. Mit dem Gesetz werde der Abschuss von Wölfen neu sogar subventioniert – selbst in Wildtierschutzgebieten.

Soll weniger streng geschützt werden: Der Umgang mit dem Wolf ist der meist diskutierte Punkt beim neuen Jagsgesetz.
Foto: imago
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«Von einer massvollen Regulation von Wölfen, die grosse Schäden an geschützten Herden anzurichten drohen, ist nicht mehr die Rede – faktisch sollen Wölfe auf Vorrat abgeschossen werden können», meint David Gerke, Jäger und Präsident der Gruppe Wolf Schweiz.

Gesetz als reine «Alibi-Übung» kritisiert

Für die Kritiker ist klar: Der Abbau des Artenschutzes soll dem Volk mit einigen Massnahmen beim Lebensraumschutz schmackhaft gemacht werden. Allerdings würden gar keine Lebensräume geschaffen oder aufgewertet. «Das missratene Jagdgesetz sieht keine neuen Wildtierkorridore oder Schutzgebiete für Wildtiere vor», sagt Daniel Leu, ehemaliger Präsident des kantonalen Jagdverbandes Schaffhausen.

Statt konkreter Massnahmen sehe das Gesetz vor allem die stärkere Subvention der Kantone vor – meist für Massnahmen, die sie heute schon umsetzten. So bleibe das Gesetz beim Schutz eine «blosse Alibi-Übung» – ohne messbare Verbesserungen für Natur, Wildtiere und Jagd.

Grosse Mehrheit stehe hinter Gesetz

Beim Jagdverband zeigt man sich gelassen: «Wir haben in der Schweiz Meinungsfreiheit. Daher ist es völlig legitim, wenn sich einzelne Jäger gegen das Gesetz wehren», sagt David Clavadetscher. Der Geschäftsführer von Jagd Schweiz betont aber, dass von den rund 30'000 Jägern im Land die «absolut grosse Mehrheit» hinter dem Gesetz stehe.

Anders wird das bei den Naturverbänden beurteilt, die das Referendum ebenfalls unterstützen: «Der Konflikt Jäger gegen Jäger zeigt, wie umstritten das neue Gesetz selbst in Jagdkreisen ist», kommentiert Jonas Schmid vom WWF Schweiz.

Artenschutz werde geschwächt

Ein grosser Teil naturliebender Jäger lehne das Gesetz ab, weil es den Artenschutz schwäche. Und es bringe der Jagd keine Vorteile. «Zudem sind die geplanten Massnahmen zur Aufwertung des Lebensraumes reine Alibi-Übungen», sagt Schmid. «Die Nachteile für den Artenschutz wiegen ungleich schwerer.»

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