Interner Bericht zeigt
Bodycams für Polizisten haben kaum etwas gebracht

Nach dem Kanton Bern führt auch die Stadt Zürich Bodycams ein, und auch Basel-Stadt arbeitet an einer gesetzlichen Grundlage. Die Kameras bringen jedoch eigentlich kaum etwas, wie ein interner Bericht des Kantons Bern zeigt.
Publiziert: 19.07.2024 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 19.07.2024 um 14:37 Uhr
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Céline ZahnoPraktikantin Politik

Polizeikorps setzen vermehrt auf Kameras. Die Linse auf Brusthöhe soll Konflikte deeskalieren und zu Beweiszwecken dienen. Im Kanton Bern wurden die Bodycams nach einem einjährigen Pilotprojekt in den ordentlichen Betrieb aufgenommen, seit Anfang Juli sind sie auch in der Stadt Zürich im Einsatz. Auch die Kantonspolizei Basel-Stadt arbeitet momentan an einer gesetzlichen Grundlage für die Kameras.

Doch was bringen Bodycams? Ein interner Bericht des Kantons Bern zeigt: äusserst wenig. Blick konnte den Bericht, der 2022 zum Abschluss eines einjährigen Pilotprojekts verfasst worden war, gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz einsehen.

Videos nur einmal für Täterermittlung verwendet

Die Kameras wurden mit dem expliziten Grund eingeführt, besseres Beweismaterial bei Gewalttaten im öffentlichen Raum zu haben. Polizisten können die Kameras auf Anweisung der Einsatzleiter anschalten, wenn man damit rechnet, dass eine Straftat unmittelbar bevorsteht oder diese schon verübt wurde.

Immer mehr Schweizer Grossstädte setzen auf Bodycams.
Foto: Keystone
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Zehn Prozent der Mitarbeitenden haben die Kameras während des Pilotprojekts in Betrieb genommen. Allerdings wurde das Videomaterial nur gerade in einem einzigen Fall dann auch zur Täterermittlung benutzt. Und es konnte nichts aus dem Bildmaterial gezogen werden, was nicht schon im schriftlichen Rapport stand.

Kaum deeskalierende Wirkung

Auch um Situationen zu deeskalieren, waren die Kameras kaum hilfreich. Wenn die Kamera wahrgenommen wurde, hat es den Verlauf des Einsatzes nur für 15 Prozent der Polizisten begünstigt. 80 Prozent gaben an, dass sich der Verlauf des Einsatzes aus ihrer Sicht nicht verändert hat. Für drei Prozent hat es den Einsatz negativ beeinflusst.

Meistens wurden die Kameras aber gar nicht bemerkt. Der Entscheid, die Kamera einzuschalten, liegt nämlich bei den Polizisten. Das Gegenüber kann den Einsatz nicht verlangen.

Der Einsatz der Kameras «vollbringt keine Wunder» und der Mehrwert könne noch nicht beurteilt werden, resümiert die Berner Kantonspolizei.

Bern will Anwendung trotzdem erweitern

Und trotzdem: Die Kameras sind in den regulären Betrieb aufgenommen worden und die Verwendung soll ab 1. August sogar noch ausgeweitet werden. Dann tritt das neue Polizeigesetz in Bern in Kraft. Damit wird die gesetzliche Grundlage für sogenanntes «Pre-Recording» geschaffen. Körperkameras zeichnen das Geschehen zur Beweissicherung bereits ein bis zwei Minuten vor dem Drücken der Aufnahmetaste auf.

Dafür gab es von den linken Parteien Kritik. Mit dem Gesetzesartikel würde durch die Hintertüre ein genereller Einsatz von Bodycams erlaubt, kritisierte die SP Bern. Und die Datenschutzstelle des Kantons bemängelte, dass die Pre-Recording-Zeit zu lange sei. Die Gespräche der Polizisten würden ständig aufgenommen, was sie in ihrer Freiheit einschränke.

Nutzen der Cams könnte steigen

Die Kameras trotz fraglichem Nutzen situativ einzusetzen, findet Adrian Wüthrich (44), Präsident des Polizeiverbands Kanton Bern, nicht grundsätzlich schlecht. Gerade in schwierigen Situationen könnten die Kameras für Beruhigung sorgen, etwa bei Vorfällen von häuslicher Gewalt. Ausserdem gehe der technologische Fortschritt weiter, entsprechend könne der Nutzen der Kameras in Zukunft steigen. «Erfahrungen mit neuen Technologien zu machen, ist im Sinne der Sicherheit.»

Der Verband spricht sich zwar nicht für die flächendeckende Einführung von Körperkameras aus, den situativen Einsatz wie bei der Kantonspolizei Bern unterstützt er aber. «Die Praxis zeigt, dass die Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten durch die Verwendung von Kameras eingedämmt werden kann. Sie können aber auch das Gegenteil bewirken», sagt Wüthrich. Darum solle es keinen Zwang zum Filmen geben.

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