Hickhack um Reform der zweiten Säule
Junge sollen schon ab 18 in Pensionskasse zahlen

Der Sozialpartner-Kompromiss für die Reform der zweiten Säule wackelt. Die bürgerlichen Jungparteien wollen vom umstrittenen Rentenzuschlag nichts wissen. Ihr Rezept: Früher einzahlen und länger arbeiten.
Publiziert: 20.02.2020 um 17:57 Uhr
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Aktualisiert: 25.11.2020 um 17:16 Uhr
JCVP-Präsidentin Sarah Bünter stellt sich zusammen mit den bürgerlichen Jungparteien gegen den Sozialpartner-Kompromiss.
Foto: Screenshot cvp-botschafter.ch
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Ruedi Studer

Eigentlich schien die Sache so gut wie geritzt: Im Sommer präsentierte der Arbeitgeberverband Seite an Seite mit Gewerkschaftsbund und Travailsuisse den Sozialpartner-Kompromiss für die zweite Säule. Die Pensionskassen sollten reformiert werden, um angesichts steigender Lebenserwartung und schwierigem Zinsumfeld die Renten zu sichern. Auch der Bundesrat stellte sich hinter den Sozialpartner-Deal.

Doch nun melden sich die Kritiker auf breiter Front immer lautstarker zu Wort. Auch die bürgerlichen Jungparteien lassen am Sozialpartner-Kompromiss kein gutes Haar. Eine Allianz aus Junger SVP, Jungfreisinnigen, Junger CVP, Junger BDP, den Jungen Grünliberalen und Junger EVP präsentiert nun ihre eigenen Reformideen. Im Kern lautet ihr Rezept: Früher einzahlen und länger arbeiten.

Die sind die wichtigsten Elemente:

Höheres Rentenalter: Die Jungen verlangen ein höheres Rentenalter für Mann und Frau. Das Referenzrentenalter soll automatisch an die Lebenserwartung angepasst werden. Dazu kommt ein Bonus/Malus-System: Wer sich früher pensionieren lässt, bekommt weniger Rente. Wer länger arbeitet, bekommt mehr.

Früher sparen: Die Arbeitnehmer sollen früher fürs Alter sparen. Statt wie heute mit 25 sollen sie schon ab 18 in die Pensionskasse einzahlen.

Mehr sparen: Den sogenannten Koordinationsabzug von heute 24'885 Franken wollen die Jungparteien ganz streichen. Durch diesen Abzug verringert sich heute der versicherte Lohn und damit die Rente. Eine Streichung kommt Teilzeitangestellten und damit insbesondere Frauen zugute. Der Sozialpartner-Kompromiss hingegen will den Koordinationsabzug auf 12'443 Franken halbieren.

Tiefere Beitragssätze: Die prozentualen Beiträge auf den Lohn sollen sinken. Heute betragen diese je nach Alter 7 bis 18 Prozent. Der Sozialpartner-Kompromiss will nur noch zwei Stufen mit 9 und 14 Prozent. Die Jungparteien hingegen nennen keinen konkreten Prozentsatz, er soll aber sinken. Speziell: Der Arbeitgeber-Beitrag soll künftig einheitlich sein. Damit sind ältere Arbeitnehmer für die Unternehmen gleich teuer wie jüngere.

Flexibler Umwandlungssatz: Der Mindestumwandlungssatz von heute 6,8 Prozent in der obligatorischen beruflichen Vorsorge soll sinken. Der Sozialpartner-Kompromiss sieht neu 6 Prozent vor. Die Rente sinkt damit von 6800 auf 6000 Franken pro 100'000 Franken Altersguthaben. Die Jungparteien wollen den Umwandlungssatz für die künftigen Pensionäre jährlich neu festlegen – nach einer Formel, die sich an der Lebens- und Renditeerwartungen orientiert. Damit würde der Umwandlungssatz weiter sinken: Ein rechnerisch «korrekter» Satz würde heute bei rund 5 Prozent liegen.

Kein Rentenzuschlag: Vom Herzstück des Sozialpartner-Kompromisses, dem generellen Rentenzuschlag für die Kompensation der drohenden Rentenlücken, wollen die Jungparteien nichts wissen. Stattdessen soll es nur für eine Übergangsgeneration von 15 Jahren eine Ausgleichszahlung geben. Mit einer einmaligen Erhöhung des Pensionskassenguthabens. Offen lassen die Jungen, wie hoch der Zustupf sein soll. Und wie er finanziert wird. Verlangt wird einzig, dass der Zustupf «von der Bevölkerung solidarisch getragen wird» – das könnte zum Beispiel über die direkte Bundessteuer geschehen.

«Potenzial für mehrheitsfähige Lösung»

«Wir Junge sind bereit, unseren Beitrag für eine sichere Altersvorsorge zu leisten», sagt JCVP-Präsidentin Sarah Bünter (26) zu BLICK. Als wichtiges Ziel erachtet sie, die bereits heute bestehende Umverteilung innerhalb der zweiten Säule zu vermindern.

Den Sozialpartner-Kompromiss lehnen die Jungen ab. «Der Rentenzuschlag führt zu einer dauerhaften, systemfremden Umverteilung in der zweiten Säule. Das kommt für uns nicht in Frage», so Bünter.

Allerdings dürften Linke und Gewerkschaften beim Jungparteien-Modell nicht mehr mit im Boot sein. Damit droht ein politischer Scherbenhaufen. Bünter zeigt sich trotzdem optimistisch: «Dass sich so viele Jungparteien in der Altersvorsorge auf eine Lösung einigen konnten, ist ein starkes und einzigartiges Zeichen.»

Sie hofft, dass dies ein Anstoss für die übrigen Mutterparteien sei, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Und sie ist überzeugt: «Unser Vorschlag bietet Potenzial für eine mehrheitsfähige Lösung.»

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