Heikle Aussagen zur Weitergabe von Schweizer Waffen
Ruag-Chefin gerät unter Beschuss

Mit umstrittenen Aussagen zur Weitergabe von Schweizer Waffen an die Ukraine sorgt die Chefin des Rüstungskonzerns Ruag, Brigitte Beck, gewaltig für Ärger.
Publiziert: 11.05.2023 um 10:39 Uhr
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Aktualisiert: 11.05.2023 um 13:04 Uhr

Es sind unverblümte Aussagen zum Ukraine-Krieg und zur Debatte um Waffenlieferungen der Schweiz, die Brigitte Beck, Chefin des Bundesrüstungskonzerns Ruag in die Bredouille gebracht haben. So sprach sie darüber, dass Deutschland oder Spanien doch auch Schweizer Waffen ohne Erlaubnis der Schweiz an die Ukraine liefern könnten – und kritisierte den Bundesrat. Das kommt nicht nur im Parlament schlecht an, sondern auch im Ruag-Verwaltungsrat.

Den Anfang nahm die Geschichte mit einem Interview gegenüber CH Media, das nach Becks nachträglicher Intervention und der Drohung einer Schadensersatzklage allerdings nie erschienen ist. Ruag-Chefin Beck soll in dem Gespräch kein Blatt vor den Mund genommen haben, habe danach aber nichts mehr davon wissen wollen. In internen Stellungnahmen soll sich die Ruag-Chefetage beklagt haben, dass Aussagen «teilweise aus dem Kontext gerissen oder textlich isoliert dargestellt» worden seien, wie der «Tages-Anzeiger» nun berichtet.

Selber noch Öl ins Feuer gegossen

Doch damit nicht genug. Die Ruag-Chefin doppelte öffentlich nach. Auf einem Podium zur Schweizer Neutralität in Zürich forderte sie vergangene Woche Deutschland und Spanien auf, Schweizer Rüstungsgüter in die Ukraine zu liefern. Die Chefin eines Bundesbetriebs setzt sich damit über die Schweizer Neutralitätspolitik und das Kriegsmaterialgesetz hinweg.

Ruag-Chefin Brigitte Beck hat sich mit heiklen Aussagen zur umstrittenen Weitergabe von Schweizer Kriegsgütern in die Nesseln gesetzt.
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Wie auf dem Videoportal Vimeo nachzusehen ist, sinnierte Beck darüber, dass es wohl kaum Konsequenzen hätte, wenn andere Staaten ohne Genehmigung des Bundesrats Schweizer Rüstungsgüter weitergeben würden. «Deutschland oder Spanien, liefert doch dieses Zeug in die Ukraine», sagte Beck – und widerspricht damit der Haltung des Bundesrats diametral.

Ruag-Chefin widerspricht Haltung des Bundesrats
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Um diese Aussage gehts:Ruag-Chefin widerspricht Haltung des Bundesrats

Beck gerät politisch unter Druck

Das sorgt im Parlament für Ärger. SP-Nationalrat Matthias Aebischer (55) zeigt sich gegenüber dem «Tages-Anzeiger» erstaunt, «dass nach dem verhinderten Interview mit internen und öffentlichen Aussagen noch Öl ins Feuer gegossen wurde». Und: «Dass eine Direktorin eines bundesnahen Betriebs andere Länder öffentlich dazu aufruft, Schweizer Gesetze zu brechen, finde ich allerhand.» Für Mitte-Nationalrat Alois Gmür (68) verhält sich Beck «ungeschickt und unprofessionell».

Verärgert zeigen sich auch die beiden Präsidenten der Sicherheitspolitischen Kommissionen von National- und Ständerat. Für SVP-Nationalrat Mauro Tuena (51) und SVP-Ständerat Werner Salzmann (60) dürfe sich so etwas nicht wiederholen. Beck habe die Ruag zu leiten und solle sich nicht politisch äussern.

Strafanzeige wird geprüft

«Das VBS muss die nötigen Massnahmen ergreifen», so Salzmann, und Tuena wolle das Thema an der nächsten Kommissionssitzung mit Verteidigungsministerin Viola Amherd (60) zur Sprache bringen. Das Verteidigungsdepartement wolle die Aussagen von Brigitte Beck vorderhand nicht kommentieren.

Ganz anders die Auns-Nachfolgebewegung «Pro Schweiz»: Sie kläre derzeit ab, wie weit der Aufruf, Gesetze zu brechen und rechtskräftige Abkommen zu verletzen, strafrechtlich relevant sei und rechtlich sanktioniert werden könne. Und sie fordert schon mal Becks Rücktritt.

Der ganze Wirbel sorgt auch bei der Ruag selber für dicke Luft. Der Verwaltungsrat sei «über die aktuelle Situation nicht glücklich», sagte Ruag-Verwaltungsratspräsident Nicolas Perrin gegenüber «CH Media» – und kündigte seinerseits interne Abklärungen an. (dba)

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