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Handelsabkommen mit Indonesien wegen Palmöl umstritten
Bei dieser Abstimmung kämpfen Linke gegen Linke

Im März entscheidet die Schweiz über das Freihandelsabkommen mit Indonesien. Es geht um die Frage: Soll der grösste Palmöl-Produzent der Welt künftig billiger exportieren können? Die Linken sind sich nicht einig.
Publiziert: 07.12.2020 um 16:54 Uhr
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Aktualisiert: 23.02.2021 um 21:36 Uhr
Lea Hartmann

Fast genau zwei Jahre ist es her, als der damalige Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann (68) den Durchbruch verkündete: Nach über acht Jahren Verhandlung haben die Efta-Staaten Schweiz, Liechtenstein, Island und Norwegen mit Indonesien ein Freihandelsabkommen unterzeichnet.

Doch bevor zwischen Indonesien und der Schweiz die Zölle fallen, hat die Schweizer Stimmbevölkerung das letzte Wort. Mehrere Organisationen und Parteien aus dem links-grünen Lager haben das Referendum gegen das Handelsabkommen ergriffen. Am 7. März stimmt die Schweiz ab. Es ist nach dem Freihandelsabkommen mit dem EWR (heute EU) von 1972 erst das zweite Mal in der Schweizer Geschichte, dass ein Freihandelsabkommen an die Urne kommt.

Zollrabatt nur für nachhaltiges Palmöl

Wirtschaftsminister Guy Parmelin (61) eröffnete heute den Abstimmungskampf. Grosser Streitpunkt ist das Palmöl. Indonesien ist das bevölkerungsmässig viertgrösste Land der Welt und der mit Abstand grösste Produzent des umstrittenen Öls, das in extrem vielen Lebensmitteln Verwendung findet – zum Beispiel in Fertigprodukten, Margarine, Schoggi, Glace oder auch Waschmitteln und Kosmetika. Umstritten ist es, weil für die Palmölplantagen riesige Flächen Regenwald gerodet werden. Zudem werden Torfböden trockengelegt und dadurch enorme Mengen CO2 freigesetzt. Durch die Monokulturen verlieren vom Aussterben bedrohte Tiere und Pflanzen ihren Lebensraum.

Wirtschaftsminister Guy Parmelin hat am Montag den Abstimmungskampf ums Freihandelsabkommen mit Indonesien eingeläutet.
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Die Schweiz hat als Verhandlungsführerin deshalb durchgesetzt, dass das Abkommen mit einem Kapitel zur Nachhaltigkeit ergänzt wird. Nur Palmöl darf importiert werden, das aus nachhaltiger Produktion stammt. Welche Standards genau man dafür zum Massstab nimmt und wie die Kontrollen aussehen sollen, ist allerdings noch nicht klar. Das will Wirtschaftsminister Guy Parmelin in einer Verordnung festlegen, die noch nicht steht.

Bauern fürchten sich vor Billigkonkurrenz

Doch es gibt nicht nur Umweltbedenken. Schweizer Rapsbauern und Produzenten von Sonnenblumenöl fürchten auch um ihre Einnahmen, wenn das Palmöl noch billiger importiert werden kann.

Parmelin, selbst gelernter Landwirt, hält die Angst für unbegründet. Die Zölle auf Palmöl würden nicht vollständig aufgehoben, sondern nur gesenkt, sagt er. Zudem stammten 2019 nur 0,1 Prozent der Palmöl-Importe in die Schweiz aus Indonesien. Man gehe davon aus, dass die Senkung der Zölle nicht dazu führe, dass insgesamt mehr Palmöl importiert wird.

Linke sind sich nicht einig

Das Abkommen, wie es nun auf dem Tisch liegt, entzweit die Linken. Grüne und Juso kämpfen dagegen. Die Zugeständnisse, die man Indonesien abrang, gehen ihnen zu wenig weit. Am liebsten wäre ihnen gewesen, wenn Palmöl ganz vom Abkommen ausgeschlossen worden wäre.

Die SP hingegen dürfte sich aller Wahrscheinlichkeit nach für ein Ja starkmachen, berichtet die «NZZ am Sonntag». Und das, obwohl die Partei im Parlament noch gegen das Abkommen gestimmt hatte.

Die Kehrtwende hat pragmatische Gründe. In Sachen Umweltschutz und Menschenrechte hat die SP zwar weiterhin grosse Vorbehalte, doch ist es auch das erste Mal, dass – auf Druck der Linken – in einem Freihandelsabkommen explizite Bedingungen bezüglich Nachhaltigkeit gestellt werden. «Das Abkommen bringt beim Palmöl nicht freien Handel, sondern fairen Handel», sagt SP-Nationalrat Fabian Molina (30). Kommt der Vertrag so durch, wird der Bundesrat künftig unter Druck stehen, auch bei weiteren solchen Abkommen ähnliche Klauseln einzufügen.

Auch die Umwelt-Organisationen sind deshalb gespalten. Während sich der WWF laut «NZZ am Sonntag» vorsichtig für ein Ja ausspricht, ist Pro Natura Mitglied des Referendumskomitees.

Parmelin geht auf Nummer sicher

Wirtschaftsminister Parmelin könnte den Abstimmungskampf angesichts dieser Ausgangslage relativ entspannt angehen. Wenn sich schon die Linken nicht einig sein, hat er nicht viel zu befürchten. Dass der Bundesrat trotzdem schon jetzt die Werbetrommeln für ein Ja rührt, begründet Parmelin mit den bevorstehenden Festtagen und der Corona-Pandemie. Zudem stecken ihm wohl die vergangenen Abstimmungen in den Knochen. Beim Jagdgesetz und der Konzernverantwortungs-Initiative haben NGOs – teilweise dieselben, die sich jetzt engagieren – gezeigt, zu welcher Mobilisierung sie fähig sind.

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