«Gutmensch» schickt Migranten ins Nachbardorf
SVP-Glarner umgeht Strafe mit Flüchtlings-Trick

Die Aargauer Gemeinde Oberwil-Lieli weigert sich, Flüchtlinge aufzunehmen. Um die Busse des Kantons zu vermindern, schickt sie die Migranten nun nach Rudolfstetten-Friedlisberg.
Publiziert: 25.08.2016 um 13:57 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 15:59 Uhr
Guido Felder

Der SVP-Nationalrat Andreas Glarner sorgte als Gemeindepräsident von Oberwil-Lieli AG für Schlagzeilen. Er weigerte sich, Flüchtlinge aufzunehmen. Die Gemeindeversammlung vom 10. Juni gab ihm ihre Unterstützung.

Für diese Verweigerungshaltung will der Kanton Aargau der Gemeinde pro Tag und Flüchtling 110 Franken Strafe auferlegen. Oberwil-Lieli müsste laut kantonalem Verteilschlüssel zehn Personen aufnehmen. Umgerechnet gibt das eine jährliche Busse von rund 400'000 Franken. 

Andreas Glarner in einem Flüchtlingscamp in Griechenland.

Wie die «Aargauer Zeitung» schreibt, will Glarner diese Busse mit einem Trick umgehen. Der sieht so aus:

Andreas Glarner beim Besuch eines Flüchtlingscamps in Griechenland.
Foto: Mario Heller

- Oberwil-Lieli und Rudolfstetten-Friedlisberg schliessen sich zu einem Asylverbund zusammen.
- Die vom Kanton Aargau der Gemeinde Oberwil-Lieli zugeteilten vorläufig Aufgenommenen können so auch in Rudolfstetten wohnen.
- Rudolfstetten hat sich verpflichtet, fünf Flüchtlinge von Oberwil-Lieli aufzunehmen.
- Der Gemeinderat von Oberwil-Lieli hat dem Verbund provisorisch zugestimmt, der Entscheid wird aber der Gemeindeversammlung am 25. November vorgelegt.
- Der Gemeinderat von Rudolfstetten hat dem Verbund bereits in eigener Kompetenz zugestimmt.

Überraschend ist: Der Vorschlag ist seitens Rudolfstetten-Friedlisberg gekommen, wie Gemeindeschreiber Urs Schuhmacher gegenüber BLICK bestätigt. «Wir haben ein Mehrfamilienhaus zur Miete erhalten mit der Auflage, es für Bedürftige einzusetzen.»

Nun verfüge die Gemeinde über mehr Plätze, als sie für die vorgegebenen 18 Flüchtlinge brauche. «Wir sind daher auf unsere Nachbargemeinde zugegangen und haben ihr fünf Plätze angeboten. Der Kanton hat das bereits abgesegnet», sagt Schuhmacher.

Andreas Glarner sorgte als Gemeindepräsident von Oberwil-Lieli für Schlagzeilen.
Foto: KEY

Rudolfstetten-Friedlisberg wird für die Nachbargemeinde keinen Rappen ausgeben müssen: «Die Kosten für die fünf Flüchtlinge übernimmt Oberwil-Lieli vollständig», sagt Urs Schuhmacher. Mit anderen Worten: Die Leute wohnen lediglich in Rudolfstetten, diese wickelt Betreuung und Administration ab – bezahlen wird Oberwil-Lieli, die reichste Gemeinde des Kantons.

Wieviel Oberwil-Lieli den Nachbarn pro Flüchtling bezahlt, darüber haben die beiden Gemeinden Stillschweigen vereinbart. Sicher aber ist, dass es mehr sind als die 30 bis 35 Franken, die eine Gemeinde pro Tag und Flüchtling vom Kanton erhält – und gleichzeitig weniger als die 110 Franken Busse pro Tag und Flüchtling.

Damit kommt Andreas Glarner mit seiner Gemeinde immer noch besser weg, als wenn er dem Kanton die volle Busse zahlen müsste. Glarner bestätigt gegenüber BLICK denn auch: «Das Modell ist für uns interessant.»

Damit Oberwil-Lieli gar keine Strafzahlungen mehr leisten muss, will Glarner im kommenden Jahr im eigenen Dorf eine Flüchtlingsfamilie aufnehmen. Glarner: «Aber es muss eine christliche Familie aus Syrien sein, die auch wirklich an Leib und Leben bedroht ist.»

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