Grundeinkommen-Experiment kostet 6,2 Mio
«Kommt die Summe nicht zusammen, ist das Projekt tot»

Das Experiment mit dem bedingungslosen Grundeinkommen geht in die entscheidende Phase. Bis zum 4. Dezember müssen 6,2 Millionen Franken zur Finanzierung zusammenkommen. Die Projektleiterin hat Vertrauen in ihre All-in-Strategie.
Publiziert: 16.10.2018 um 19:14 Uhr
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Aktualisiert: 13.11.2018 um 23:48 Uhr
Julien Duc

Weihnachten könnte für Rebecca Panian (39), ihre Mitstreiter und die Gemeinde Rheinau dieses Jahr verfrüht kommen. Dies, wenn in 49 Tagen – also am 4. Dezember – via Crowdfunding 6,2 Millionen Franken zusammenkommen. So viel nämlich kostet das Experiment mit dem bedingungslosen Grundeinkommen, dessen Projektleiterin Filmemacherin Panian ist. Seit Montagabend läuft die Spendenaktion auf Wemakeit.

Genau 6'142'416 Franken braucht es, um den Test mit 770 Teilnehmern zu finanzieren. Kommt die Summe bis dann nicht zusammen, wird das Experiment nicht durchgeführt. «Wir können die Sammelfrist nicht verlängern. Sind bis zum 4. Dezember keine 6,2 Millionen beisammen, ist das Projekt in Rheinau tot. Vorerst jedenfalls», erklärt Panian ihre All-in-Strategie. «Es ist wie in einem Spielfilm, die Zeitbombe tickt.» Scheitern Panian und ihre Mitstreiter, fliesst das gesammelte Geld auf Wemakeit an die Investoren zurück.

Panian: Zeit für Grundeinkommens-Test ist reif

Seit dem Sammelstart am Montagabend sind bisher 4'570 Franken geflossen (Stand: Dienstag, 16. Oktober um 14.45 Uhr). «Als ich heute Morgen aufgewacht bin, hatte ich grosse Freude, dass schon mal was da ist», sagt Panian. Dem Projektteam ist bewusst, wie hoch die Herausforderung ist. Vielleicht seien sie naiv, meint Panian, doch der Glaube sei gross, dass die Zeit für so ein Experiment reif sei. «Ich habe Vertrauen, dass es gut kommt. Das hat sich bislang auch bewahrheitet.»

6,2 Millionen Franken kostet das Experiment mit dem bedingungslosen Grundeinkommen, das die Gemeinde Rheinau ZH für ein Jahr durchführen will.
Foto: KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER
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Nicht nur via Crowdfunding, sondern auch von privaten Gönnern und Stiftungen erhofft sich Panian Unterstützung. Welche sie konkret im Kopf hat, will sie nicht sagen. «Ich stehe mit einigen in Kontakt. Es sieht gut aus», lässt sie aber durchblicken. Es sei wichtig, dass das Experiment breit abgestützt sei.

So funktioniert das Experiment

Das Grundeinkommen (2500 Franken) ist nicht einfach Geld, das zu allen übrigen Einkünften obendrauf gepackt wird. Die Teilnehmer im Rheinauer Modell müssen es teilweise selbst finanzieren. Das bedeutet: Wer mehr als 2500 Franken verdient, gibt das Grundeinkommen zurück in die Allgemeinheit, um den nächsten Monat zu finanzieren. Man hat also keinen persönlichen Vorteil.

Wer aber zum Beispiel 1000 Franken im Monat einnimmt und zusätzlich 2500 Franken Grundeinkommen bekommt, muss nur den Überschuss, also die 1000 Franken, rückerstatten. Am meisten profitieren diejenigen, die gar nichts verdienen. Sie dürfen über die 2500 Franken nicht nur bedingungslos verfügen, sondern müssen auch keinen Rappen rückerstatten.

«Grundeinkommen ist keine Spinnerei»

Ihre Vision gehe davon aus, dass der Mensch seinen Alltag gerne mit sinnvollem Tun füllt und die Leute nicht für Geld, sondern für Sinn arbeiten, sagt Panian. «Mit der gesellschaftlichen Entwicklung, den Herausforderungen, welche die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung mit sich bringen, ist das bedingungslose Grundeinkommen nicht mehr nur eine Spinnerei, sondern ein Lösungsansatz, mit dem viele Länder zurzeit experimentieren.»

Der Versuch, der wissenschaftlich begleitetet wird, könnte wichtige Ergebnisse und Erkenntnis für grössere Experimente liefern, so die Hoffnung. Panian wird das Experiment, sofern es denn zustande kommt, mit ihrer Kamera begleiten und dokumentieren.

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