Grüne Bundesratskandidatur
Die Zeit läuft ab

Die Wahlsieger stehen unter Druck. Spätestens nächste Woche müssen die Grünen eine allfällige Kandidatur für die Landesregierung lancieren.
Publiziert: 17.11.2019 um 16:24 Uhr
Simon Marti
Simon MartiRedaktor SonntagsBlick

Treten die Grünen am 11. Dezember zur Bundesratswahl an? Und wenn ja, mit welchem Kandidaten, welcher Kandidatin? Nach dem Triumph bei den eidgenössischen Wahlen hat die Partei ihren Anspruch auf einen Sitz im Bundesrat zwar mehrfach bekräftigt. Wie er in weniger als vier Wochen eingelöst werden soll, behält die Parteispitze aber für sich.

Das liegt nicht zuletzt an der zweiten Runde der Berner Ständeratswahlen von heute Sonntag: Schafft Grünen-Präsidentin Regula Rytz (57) den Sprung ins Stöckli, stehe sie für eine Bundesratskandidatur nicht zur Verfügung, wie sie dem Berner Stimmvolk versicherte. So bleibt den Grünen – und dem Rest des Landes – nichts anderes übrig, als das Verdikt aus Bern abzuwarten. Dass die Parteichefin auf Zeit spielt, hat andere Kandidaturen sicher nicht befördert: Wer will im parteiinternen Rennen schon gegen die eigene Präsidentin antreten?

Klarheit bis Ende Woche

Immerhin gibt es nun einen Fahrplan für die grüne Bundesratskandidatur. Kommenden Freitag und Samstag treffen sich in Bern die neu aufgestellten Bundeshausfraktionen. Und zu diesem Zeitpunkt, so Regula Rytz, muss die Planung für den 11. Dezember bereits stehen: «Wir führen Gespräche und werden bis zu den Fraktionssitzungen von Ende Woche Klarheit schaffen.»

Bild des grünen Triumphs: Parteipräsidentin Regula Rytz.
Foto: keystone-sda.ch
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Etliche Grüne glauben, antreten sei Pflicht. Die Partei habe in der Vergangenheit bereits Anspruch auf einen Bundesratssitz erhoben, als die Voraussetzungen dafür weniger günstig waren als heute, sagt die grüne Nationalrätin Irène Kälin (32): «Nun ist die Zeit reif.»

Knapper Zeitplan

Wenn es dafür nicht schon zu spät ist: Treten die Grünen an, dürften die ersten Hearings bei den anderen Fraktionen Anfang Dezember stattfinden, in der ersten Woche der Session. In der zweiten schreitet die Bundesversammlung bereits zur Wahl.

Ein knapper Zeitplan – mit fraglichen Erfolgsaussichten: Die anderen Parteien wollen natürlich wissen, wen sie bei der Befragung löchern sollen. Zumal ein grüner Bundesrat nur auf Kosten eines bisherigen gewählt werden kann.

Warten auf Grün

Dass die Grünen vom Ausmass ihres Wahlerfolgs überrascht worden sind, kann ihnen niemand verdenken – da erging es der Partei wie den meisten im Land.

Dass sie ab Herbst ihren Anspruch auf eine Vertretung im Bundesrat würden anmelden können, hatte sich allerdings schon länger abgezeichnet – wenn auch vorläufig eher der letzte Sitz der CVP in Reichweite schien.

Parteipräsidentin Regula Rytz verzichtete vor den Wahlen darauf, allzu grossspurig aufzutreten und die anderen Fraktionen mit absoluten Forderungen vor den Kopf zu stossen wie einst die SVP. Das hatte Stil.

Die Grünen hätten sich allerdings beizeiten – wenn auch im Stillen – Gedanken darüber machen müssen, wie der Einzug in die Landesregierung zu bewerkstelligen wäre. Sind derlei Pläne tatsächlich einmal gewälzt worden, so ist davon heute wenig zu spüren. Dann stünde Rytz nämlich nicht vor der Frage, wie sie die Chance auf einen Ständeratssitz in Bern wahren kann, ohne sich dadurch eine allfällige Bundesratskandidatur zu verbauen.

Ein Dilemma, das die Kandidatensuche der Partei über Wochen erschwerte. Während die erfolgstrunkene Basis auf eine Kandidatur drängte – an welche die Parteispitze selbst offenbar nicht so recht glaubte.

Nun aber wollen die Grünen demnächst eine klare Ansage machen. Das sollten sie auch, damit sie nicht unfreiwillig die bürgerliche Abwehrhaltung legitimieren, die stets mit dem Spruch begründet wurde: Die Grünen müssen sich erst noch beweisen.

Simon Marti, Redaktor SonntagsBlick.

Dass die Grünen vom Ausmass ihres Wahlerfolgs überrascht worden sind, kann ihnen niemand verdenken – da erging es der Partei wie den meisten im Land.

Dass sie ab Herbst ihren Anspruch auf eine Vertretung im Bundesrat würden anmelden können, hatte sich allerdings schon länger abgezeichnet – wenn auch vorläufig eher der letzte Sitz der CVP in Reichweite schien.

Parteipräsidentin Regula Rytz verzichtete vor den Wahlen darauf, allzu grossspurig aufzutreten und die anderen Fraktionen mit absoluten Forderungen vor den Kopf zu stossen wie einst die SVP. Das hatte Stil.

Die Grünen hätten sich allerdings beizeiten – wenn auch im Stillen – Gedanken darüber machen müssen, wie der Einzug in die Landesregierung zu bewerkstelligen wäre. Sind derlei Pläne tatsächlich einmal gewälzt worden, so ist davon heute wenig zu spüren. Dann stünde Rytz nämlich nicht vor der Frage, wie sie die Chance auf einen Ständeratssitz in Bern wahren kann, ohne sich dadurch eine allfällige Bundesratskandidatur zu verbauen.

Ein Dilemma, das die Kandidatensuche der Partei über Wochen erschwerte. Während die erfolgstrunkene Basis auf eine Kandidatur drängte – an welche die Parteispitze selbst offenbar nicht so recht glaubte.

Nun aber wollen die Grünen demnächst eine klare Ansage machen. Das sollten sie auch, damit sie nicht unfreiwillig die bürgerliche Abwehrhaltung legitimieren, die stets mit dem Spruch begründet wurde: Die Grünen müssen sich erst noch beweisen.

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