Gletscher-Initiative
Ständeräte gefährden den Kompromiss

Die Umweltkommission des Ständerats will beim indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative deutliche Abstriche vornehmen. Damit stösst sie beim Initiativ-Komitee auf heftigen Widerstand.
Publiziert: 24.06.2022 um 17:51 Uhr

Das Komitee der Gletscher-Initiative ist empört. Die Umweltkommission des Ständerats (Urek-S) wolle den im Nationalrat erarbeiteten indirekten Gegenvorschlag erheblich abschwächen, kritisiert es. Und die Initianten stellen klar: «Die Chance schwindet, dass das Initiativkomitee die Initiative zurückziehen wird.» Der Ständerat müsse nun über die Bücher und «den Fehlentscheid seiner Kommission korrigieren».

In der Sommersession hatte der Nationalrat mit dem Gesetz über die Ziele im Klimaschutz der Initiative einen indirekten Gegenvorschlag gegenübergestellt. Die Vorlage enthält konkrete Verminderungsziele und Etappenziele zur Reduktion der Treibhausgas-Emissionen auf «Netto Null» bis 2050. Hausbesitzer und Wirtschaft sollen mit Förderprogrammen finanziell unterstützt werden.

Der Gegenvorschlag geht so weit, dass das Initiativkomitee sogar den Rückzug ihres Volksbegehrens in Aussicht gestellt hatte.

Der Nationalrat hat mit einem Gesetz über die Ziele im Klimaschutz Etappenziele für den Weg zum Netto-Null-Ziel 2050 gesetzt.
Foto: Keystone
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Eine Milliarde weniger für Heizungsersatz-Programm

Doch plötzlich sieht alles wieder anders aus. Zwar unterstützt auch die Mehrheit in der ständerätlichen Umweltkommission den indirekten Gegenvorschlag. Er sei «ein zielführender Ansatz für die Schweizer Klimapolitik», teilte sie am Freitag mit. Ausgewählte Massnahmen für den Klimaschutz könnten so rasch umgesetzt werden.

Doch: Die Kommission will gleichzeitig deutliche Abstriche machen. Für das über zehn Jahre laufende Programm für den Ersatz von fossilen Heizungen will die Mehrheit eine Milliarde Franken respektive 100 Millionen Franken im Jahr einsetzen. Das ist noch die Hälfte von dem, was der Nationalrat beschlossen hat. Eine Milliarde Franken weniger!

Die Ständeräte begründen dies mit Lieferengpässen. Auch soll sich das Programm verstärkt auf bestehende Förderinstrumente stützen, etwa das Gebäudeprogramm. Eine erste Kommissionsminderheit wollte dagegen dem Nationalrat folgen. Eine zweite Minderheit möchte ganz auf das Programm für den Heizungsersatz verzichten.

Rückzug wäre damit wohl vom Tisch

Die Kommission will nun noch die Kantone zu der Vorlage anhören. Der Ständerat soll sie voraussichtlich in der Herbstsession beraten. Die Gletscher-Initiative selbst und den direkten Gegenvorschlag, den der Bundesrat ausgearbeitet hatte, wollte der Ständerat nicht beraten und auf den indirekten Gegenvorschlag warten.

Beim Initiativkomitee stossen diese Kürzungen auf völliges Unverständnis. «Eine Milliarde weniger für den Klimaschutz können wir uns nicht leisten. Mit dieser happigen Kürzung kann ich mich nicht für einen Rückzug einsetzen», sagt Mit-Initiant Marcel Hänggi.

Die Gletscher-Initiative selbst hat auch der Nationalrat zur Ablehnung empfohlen. Sie verlangt eine klimaneutrale Schweiz ab 2050. Ab dann sollen auch keine fossilen Brenn- und Treibstoffe wie Öl, Gas, Benzin, Diesel und Kohle mehr in Verkehr gebracht werden dürfen. Ausnahmen soll es nur geben, wenn keine andere technische Variante zur Verfügung steht.

Das Initiativkomitee hält den indirekten Gegenvorschlag grundsätzlich aber für den besseren Weg, weil er schneller ans Ziel führt, als die Verfassungsbestimmungen.

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