Glarner, Köppel, Estermann sorgen für Zoff, aber…
SVP-Präsident Albert Rösti hat noch ganz andere Brandherde

Statt mit einer grossen Kampagne gegen das Asylgesetz beschäftigt sich die SVP unfreiwillig mit sich selbst. BLICK zeigt, welche Herausforderungen neben internen Abweichlern auf den neuen Präsidenten zukommen.
Publiziert: 24.05.2016 um 11:20 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 04:21 Uhr
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Die Verwunderung war gross, als die finanzstarke SVP ankündete, auf eine Kampagne gegen das neue Asylgesetz zu verzichten. Schliesslich hatte sie selbst kurz vor den Wahlen erfolgreich das Referendum ergriffen.

Bis auf ein kurzes, für viele schwer verständliches Video mit Parteipromis war von der Wahlsiegerin des letzten Jahres wenig zu hören. Umso schlimmer: Der Clip sorgt intern für Stunk (BLICK berichtete).

Bundesrat Ueli Maurer kritisiert die SVP für ihre (Nicht-)Kampagne gegen die Asylgesetzrevision.
Foto: KEY

Bundesrat Ueli Maurer kritisierte im SonntagsBlick: «So stellt man möglicherweise die eigene Glaubwürdigkeit in Frage.» Die Passivität seiner Partei findet der ehemalige SVP-Präsident unverständlich. Ergreife man das Referendum, gebe es nur eins: «Messer zwischen die Zähne bis zum Abstimmungssonntag.»

Auch sonst war die Partei in den letzten Wochen vor allem mit sich selbst beschäftigt.

Asyl-Chef Andreas Glarner forderte mehr Stacheldraht und wurde zurückgepfiffen. Nun will er Weichspüler trinken.

- Der neue Asylchef Andreas Glarner forderte in einem Interview einen Stacheldraht ums Land, um Flüchtlinge fernzuhalten. Rösti pfiff seinen Provokateur umgehend zurück, das Sekretariat sah sich genötigt, per Mail bei der Fraktion zu intervenieren.

- Die SVP Waadt von Bundesrat Guy Parmelin fordert in einem Papier, Kinder wieder ohrfeigen zu dürfen. Damit sorgte die Kantonalsektion zwar für Schlagzeilen, aber auch für Ärger bei der nationalen Parteileitung. «Ein Kind schlägt man nie», stelle Familien-Chefin Nadja Pieren klar

Roger Köppel spricht sich im Gegensatz zu seiner Partei für die Service Public-Initiative aus.
Foto: Joseph Khakshouri

- Neo-Nationalrat und Europa-Chef Roger Köppel überrumpelte die Partei mit einem Editorial zur umstrittenen Pro Service-Public-Initiative. Während die SVP das Anliegen hochkant ablehnt, setzt sich Köppel leidenschaftlich für ein Ja ein. In der Partei ärgerten sich einige, dass der Journalist seine Haltung nicht vorab intern klargemacht hat.

- Die Luzerner Nationalrätin Yvette Estermann wird von Talker Roger Schawinski zum Streitgespräch zur Asylgesetzrevision eingeladen und sagt zu. Offenbar drängte die Fraktionsspitze sie aber zu einer Absage. «Das ist nicht die feine Art», stänkerte Estermann. Sie wurde gestern vom Zürcher Alfred Heer vertreten.

Nationalrätin Yvette Estermann musste ihre Teilnahme bei «Schawinski» absagen.
Foto: KEY

Die Episoden zeigen ein Problem, mit dem sich der neue Parteichef Albert Rösti wird herumschlagen müssen. Seit den Wahlen 2015 ist die SVP noch grösser als zuvor. Nur schon die über 70-köpfige Fraktion auf Linie zu halten, ist eine riesige Herausforderung.

Doch auch bei den grossen Projekten wird es Rösti nicht leicht haben. Nach der Niederlage bei der Durchsetzungsinitiative dürfte es die Volkspartei auch beim Kampf ums Asylgesetz schwer haben. Ihr Kampfbegriffe «Gratis-Anwälte» und die Warnung vor drohenden Enteignungen haben bisher zu wenig verfangen.

Gleichzeitig hat die SVP auch bei der Milchkuh-Initiative, die sie unterstützt, einen schweren Stand. Mindestens so schwierig könnte auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Selbsbestimmungs-Initiative werden.

Parteipräsident Albert Rösti hat sich für ein Propaganda-Video gegen das Asylgesetz als «Gratis-Anwalt» verkleidet.

Fremde Richter eignen sich zwar als Feindbild, doch die Materie ist sehr abstrakt. Und einmal mehr wird Rösti mit seiner Truppe den Feldzug gegen alle anderen politischen Kräfte führen müssen.

Der «NZZ» erklärte er kürzlich, das Thema sei immer nochwichtig und die SVP müsse sich gegen die Tendenz wehren, das internationale Recht immer stärker den Volksentscheiden überzuordnen.

Ob der Berner das schafft? Dass er erfolgreich sein kann, bewies es im Herbst als Wahlkampfleiter. Noch nie erzielte eine Partei einen derart hohen Wähleranteil. Doch ein Spaziergang werden die nächsten Monate und Jahre nicht. (vuc)

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