Genf ist Drehscheibe von Diplomaten, internationalen Organisationen und Spionen
Hier ist die Schweiz ganz Welt

Im internationalen Genf laufen die Fäden der Welt zusammen. Wie kam es dazu? Blick erklärt den Aufstieg einer Stadt zum diplomatischen Zentrum.
Publiziert: 15.06.2021 um 00:13 Uhr
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Aktualisiert: 15.06.2021 um 12:13 Uhr
Genf bereitet sich auf den Gipfel zwischen US-Präsident Joe Biden und Russlands Präsident Wladimir Putin vor.
Foto: Keystone
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Lea Hartmann und Sermîn Faki

Es war ein Händeschütteln grosser historischer Tragweite: Am 19. November 1985 trafen sich der damalige US-Präsident Ronald Reagan (†93) und sein sowjetischer Amtskollege Michail Gorbatschow (90) für Abrüstungsgespräche in Genf.

Nach dem zweitägigen Gipfel sagte Reagan: «Ich verlasse Genf in der Zuversicht, dass dieser Gipfel zu einer besseren Welt in Frieden beigetragen hat.» Sein Optimismus sollte sich als gerechtfertigt erweisen: Die Verhandlungen gelten heute als Beginn des Endes des Kalten Kriegs.

Weltpolitik prägt das Strassenbild

Das Treffen der Supermächte war bei weitem nicht das einzige Mal, als in Genf Geschichte geschrieben wurde. Ein historischer Wendepunkt in der jüngeren Geschichte ist der Abschluss des Atomdeals mit dem Iran von 2015. Auch diese Verhandlungen fanden in Genf statt.

Weltpolitik bestimmt am Lac Léman das Business und das Strassenbild. Das hat mit der Geschichte Genfs als Handels- und Finanzknotenpunkt zu tun. Aber auch damit, dass seit dem 19. Jahrhundert internationale Organisationen hier ihre Zelte aufschlugen. Den Anfang machte 1863 das Internationale Komitee des Roten Kreuzes, nach dem Ersten Weltkrieg folgten der Völkerbund und weitere Organisationen.

26'000 Diplomaten – und viele Spione

Heute sitzen mehr als 40 internationale Organisationen, 177 diplomatische Vertretungen und über 380 Nichtregierungsorganisationen in Genf. Insgesamt leben und arbeiten hier rund 26'000 Diplomaten und internationale Beamte sowie 2400 NGO-Mitarbeiter. Vor der Corona-Krise fanden jährlich 2800 Konferenzen und Tagungen mit rund 200'000 Teilnehmern statt.

Gleichzeitig etablierte sich Genf als Zentrum für internationale Vermittlungen – ein diskretes Geschäft. Seit dem sogenannten Alabama-Fall 1872 – einem Streit zwischen Grossbritannien und den USA nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg – ist Genf auch der Ort, an dem sich Regierungen für heikle Gespräche treffen.

Doch Genf ist nicht nur einer der beliebtesten Orte weltweit für geheime Gespräche zwischen den Mächtigsten – sondern auch ein Paradies für diejenigen, die ihnen hinterherschnüffeln. Die Weltstadt ist ein Hotspot für Spione und Geheimdienste.

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