Geheimauftritt in Bern

Erdogans rechte Hand auf Schweizer Propaganda-Tour

Er ist der treuste Gefolgsmann des türkischen Machthabers Recep Tayyip Erdogan: Parlamentschef Binali Yildirim. Zusammen gründeten sie die islamisch-konservative AKP. Yildirim war Parteichef und bis letzten Sommer Ministerpräsident der Türkei. Inzwischen hat Erdogan beide Ämter übernommen.

Vor einer Woche reiste Yildirim in die Schweiz. Unbemerkt von der Öffentlichkeit tourte er durch mehrere Kantone und wiegelte Schweiz-Türken gegen den Westen auf.
Offizieller Anlass für den Besuch war Yildirims Teilnahme an einem Treffen der Interparlamentarischen Union in Genf. Dort führte er bilaterale Gespräche über Migra­tion, Abrüstung und ­Demokratielücken – mit denen kennt sich Yildirim aus: In seinem Heimatland werden Kritiker zu Tausenden eingesperrt, die Medien zensiert. Der Parlamentschef nutzte seinen Besuch in der Schweiz, um Landsleute auf Erdogans Kurs einzuschwören. Bei Blitzauftritten in Bern und Lausanne trat er vor Anhängern auf.

Nationalistische Lobbyorganisation flankierte Yildirim

Im Garten der türkischen Botschaft in Bern sagte er: «Euer Vaterland ist die Türkei, eure Fahne die rotfarbene mit Halbmond und Stern.» In seinen Reden stellte Yildirim die Türkei als Opfer einer westlichen Verschwörung dar. «Unter dem Deckmantel von Demokratie und Menschenrechten» versuchten Länder wie die USA Druck auf sein Land auszuüben. «Doch wir werden dagegen kämpfen, mit der Kraft, die ihr uns gegeben habt.»

Flankiert wurde Yildirim bei seinen Auftritten von Murat Sahin. Er ist Chef der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), eines Vereins mit Sitz im Industriegebiet von Spreitenbach AG. Hinter dem unverdächtigen Namen verbirgt sich eine nationalistische Lobbyorganisation der Regierungspartei AKP.

Propaganda gegen die Integration

Sahin schwor Erdogan wiederholt bedingungslose Treue. Auf Facebook schrieb er: «Solange ich atmen kann, werde ich mit meinem ganzen Dasein dort stehen, wo du mir befiehlst.»
Nach dem Putschversuch in der Türkei hetzte er gegen Erdogan-Kritiker: «Euer Ende ist gekommen. Ihr könnt euch nicht mehr in euren Löchern verkriechen.» Am Dienstag flog Yildirim zurück nach Ankara. Mis­sion erfüllt: Propaganda gegen die Integration.