Fünfer und Weggli für Hausbesitzer
Eigenmietwert weg, Steuerabzüge bleiben

Die nationalrätliche Wirtschaftskommission zeigt Herz für Hausbesitzer: Sie sollen nicht bloss vom Aus des Eigenmietwerts profitieren, sondern auch weiterhin Steuerabzüge machen können. SP-Co-Präsident Cédric Wermuth kündigt umgehend breiten Widerstand an.
Publiziert: 06.05.2022 um 18:38 Uhr
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Aktualisiert: 06.05.2022 um 18:56 Uhr
Pascal Tischhauser

Das erinnert an die Aktion «Zweimal Weihnachten»: Die Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK-N) will Häuserbesitzer doppelt beschenken. Anders als der Ständerat, der bereits Ja zum Ende der Eigenmietwertbesteuerung gesagt hat, will die Mehrheit der Wirtschaftspolitiker in der grossen Kammer nicht bloss den Eigenmietwert abschaffen und dafür auf verschiedene Abzugsmöglichkeiten für Eigenheimbesitzer verzichten. Nein, die WAK-N möchte den Fünfer und das Weggli. Sprich: Der Eigenmietwert soll zwar weg – fürs Wohnhaus und auch die Ferienwohnung –, aber die Abzüge sollen bleiben.

Die WAK-N präsentierte am Freitag noch eine zweite Variante zum Eigenmietwert. Diese sieht vor, Letzteren nicht ganz abzuschaffen, aber auf 60 Prozent der Marktmiete zu reduzieren. Auch hier sollen weiterhin Abzüge für Instandhaltungskosten und Energiesparmassnahmen gemacht werden können.

WAK-N lässt Kosten schätzen

Das ist der Eigenmietwert

Hausbesitzer, die in ihren eigenen vier Wänden wohnen, müssen bis jetzt die fiktive Miete als Einkommen versteuern. Es handelt sich beim Eigenmietwert also um eine bloss theoretische Einnahme, die der Hausbesitzer erzielen könnte, wenn er seine Liegenschaft vermieten würde.
Heute kann der Hauseigentümer, der die Liegenschaft selbst bewohnt, die steuerliche Mehrbelastung durch den Eigenmietwert mit zahlreichen Abzugsmöglichkeiten kompensieren: Er kann Unterhaltsarbeiten an der Immobilie und die Schuldzinsen steuerlich geltend machen. Letzteres ist der Grund dafür, weshalb viele ihre Hypothekarschulden nicht zurückzahlen.

Hausbesitzer, die in ihren eigenen vier Wänden wohnen, müssen bis jetzt die fiktive Miete als Einkommen versteuern. Es handelt sich beim Eigenmietwert also um eine bloss theoretische Einnahme, die der Hausbesitzer erzielen könnte, wenn er seine Liegenschaft vermieten würde.
Heute kann der Hauseigentümer, der die Liegenschaft selbst bewohnt, die steuerliche Mehrbelastung durch den Eigenmietwert mit zahlreichen Abzugsmöglichkeiten kompensieren: Er kann Unterhaltsarbeiten an der Immobilie und die Schuldzinsen steuerlich geltend machen. Letzteres ist der Grund dafür, weshalb viele ihre Hypothekarschulden nicht zurückzahlen.

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Wie Kommissionspräsident Leo Müller (63, Mitte) vor Medienvertretern ausführte, lässt die WAK-N bis im Sommer die Höhe der Steuerausfälle schätzen, zu denen die beiden Varianten führen dürften. Mitte August wird sich die Kommission in Kenntnis der möglichen Steuerausfälle den Eigenmietwert noch einmal vornehmen.

Die Hausbesitzer sollen nicht bloss von der Besteuerung des Eigenmietwerts befreit werden.
Foto: Thomas Meier
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Ziel ist es laut Müller, in der Herbstsession den Eigenmietwert im Nationalrat zu beraten. Schon heute ist klar, dass die beiden Nationalratsvarianten auf erheblichen Widerstand von Linken und Mietern stossen werden.

Vorteil Hausbesitzer

Der unbeliebte Eigenmietwert ist auf Bundes- und Kantonsebene ein Dauerthema. Seine Abschaffung ist vor allem umstritten, da Hausbesitzer aus Sicht der Mieterverbände gegenüber den Mietern ohnehin bessergestellt seien, weil sie verschiedene Abzugsmöglichkeiten bei den Steuern haben. Wenn nun die Eigenmietwert-Besteuerung abgeschafft würde, wäre es vorbei mit dem Steuerausgleich.

So war es für den Ständerat klar, dass der Steuergerechtigkeit nur Rechnung getragen werden kann, wenn mit dem Eigenmietwert gleichzeitig auch die Abzugsmöglichkeiten für Hausbesitzer fallen. Das sieht eine Mehrheit der WAK-N nun offenbar anders.

Wermuth kündigt Widerstand an

Die Kritik lässt nicht lange auf sich warten. SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (36) wettert: «Die Rechte will gewaltige neue Steuersubventionen für Immobilienbesitzer», was zu Steuerausfällen in Milliardenhöhe führe. Seine Partei habe mehrere Vorschläge gemacht, um gezielt jene Wohneigentümerinnen und -eigentümer zu entlasten, die vom Eigenmietwert in ungerechtfertigter Weise belastet werden. Wermuth denkt dabei beispielsweise an Pensionierte mit tiefen Renten.

Darauf hätten die Bürgerlichen aber keine Rücksicht genommen und nun eine Maximalvariante gewählt, «die vor allem die Besitzer grosser Liegenschaften bevorteilen wird», sagt er. Die grossen Verlierer seien die Mieterinnen und Mieter, «und das angesichts ohnehin steigender Mietnebenkosten, gegen die sie sich nicht wehren können».

Schon heute kündigt Wermuth an: «Sollte sich diese Ungerechtigkeit am Ende durchsetzen, würde die SP sie mit allen Mitteln bekämpfen.» Dazu wird auch ein Referendum gegen das Vorhaben gehören.

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