Föten auf Fehldiagnosen untersuchen
SVP-Nationalräte nehmen Abtreibungen ins Visier

Rund 10'000 Schwangerschaftsabbrüche gibt es jedes Jahr in der Schweiz. Zu viele, finden die SVP-Nationalräte Yvette Estermann und Erich von Siebenthal. Sie fordern Gegenmassnahmen vom Bundesrat.
Publiziert: 12.05.2020 um 18:21 Uhr
SVP-Nationalräte nehmen Abtreibungen ins Visier
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Nach der 12. Woche:SVP-Nationalräte nehmen Abtreibungen ins Visier
Ruedi Studer

Jedes Jahr treiben in der Schweiz rund 10'000 Frauen ab. 95 Prozent der Schwangerschaftsabbrüche erfolgen in den ersten zwölf Wochen – und damit innerhalb jener Frist, in welcher der Abbruch im Grundsatz straflos vorgenommen werden kann.

Doch im Rest der Fälle erfolgt der Abbruch erst ab der 13. Woche. Diese sind nur in Ausnahmefällen erlaubt. Dann nämlich, wenn der Schwangerschaftsabbruch medizinisch notwendig ist, um eine schwerwiegende körperliche Schädigung oder eine schwere seelische Notlage der schwangeren Frau abzuwenden. «Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist», heisst es im Strafgesetzbuch dazu.

SVP-Nationalrätin Yvette Estermann will die Zahl der Spätabtreibungen markant reduzieren.
Foto: Keystone
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Estermann will markante Reduktion

2018 wurden rund 500 spätere Schwangerschaftsabbrüche gezählt. Für SVP-Nationalrätin Yvette Estermann (53) sind das zu viele. In einer Motion verlangt sie deshalb vom Bundesrat Massnahmen, «damit die Zahl der Abtreibungen nach der zwölften Schwangerschaftswoche markant reduziert werden kann».

Im Strafgesetzbuch seien die Spätabtreibungen «nur ungenau» geregelt, moniert die Luzernerin. «Wie die umso grössere, schwere seelische Notlage der Frau bei fortschreitender Schwangerschaft vom Arzt festgestellt werden kann, bleibt diffus.»

Estermann verweist in ihrem Vorstoss auf eine Studie der Nationalen Ethikkommission, wonach Spätabtreibungen überwiegend aufgrund einer Erkrankung beziehungsweise Fehlbildung des ungeborenen Kindes erfolgen würden. Estermann: «So kommt es vor, dass mitunter auch Kinder abgetrieben werden wegen Schädigungen, die pränatal oder postnatal operativ behandelt werden könnten.» Auch die meisten Ungeborenen mit Down-Syndrom würden bei Spätabtreibungen getötet, obwohl sie lebensfähig seien.

Die SVP-Frau schlägt gleich selber Verbesserungsmassnahmen vor. So denkt sie etwa an eine stärkere medizinische Beratung. «Betroffene Mütter und Eltern sollen umfassend und zutreffend informiert werden über die Möglichkeit von Fehldiagnosen und die Risiken einer Abtreibung», verlangt Estermann. «Sie sollen zudem unter Beizug eines Kinderarztes oder Kinderchirurgen Kenntnis erhalten von den Behandlungsmöglichkeiten einer kindlichen Fehlbildung.»

Pathologen sollen Fötus untersuchen

Estermann schwebt noch eine weitere Neuerung vor: Sie will Kinderpathologen dazu verpflichten, «alle in utero diagnostizierten Behinderungen nach Abtreibungen, Tot- oder Lebendgeburten zu bestätigen respektive zu falsifizieren». Der Fötus müsste also genau unter die Lupe genommen werden, um die Quote der Fehldiagnosen künftig ausweisen zu können.

«Es gibt zu viele Fehldiagnosen, ein Kind sei schwer behindert oder nicht lebensfähig, die zu einer Abtreibung führen», sagt Estermann zu BLICK. Für viele Betroffene sei es traumatisch, wenn sie nicht wüssten, ob sie tatsächlich den richtigen Entscheid gefällt hätten. «Mit einer zwingenden Untersuchung schafft man Gewissheit.»

Doch werden Eltern nicht gerade dann traumatisiert, wenn sich die Abtreibung als Fehlentscheid herausstellt? «Nein», ist Estermann überzeugt. Das helfe ihnen, bei einer nächsten Schwangerschaft allenfalls vorsichtiger zu entscheiden. Dasselbe gelte für die Ärzteschaft, welche in der Diagnostik vorsichtiger sein müsste.

Estermanns Ziel ist klar: «Jede Abtreibung ist eine zu viel. Spätabtreibungen erst recht, da hier die Belastung für die Betroffenen noch grösser ist.»

Von Siebenthal will «ausgewogene Lebensrechtspolitik»

Doch nicht nur Estermann macht gegen Abtreibungen mobil, sondern auch ihr Fraktionskollege Erich von Siebenthal (61). Der Berner verlangt, dass Frauen mit Problemschwangerschaften in Arztpraxen, Spitälern und Beratungsstellen besser beraten werden, «sodass betroffene Frauen ein umfassendes Bild über Risiken einer Abtreibung erhalten».

Der SVP-Nationalrat wirft dem Bundesrat vor, eine «eher abtreibungsfreundliche Haltung» zu vertreten, statt eine «ausgewogene Lebensrechtspolitik» zu verfolgen. Für den dreifachen Vater und Abtreibungsgegner ist klar: «Schwangere Frauen in Not sollen aufgrund umfassender Information gute Entscheidung für ihre Zukunft treffen können.»

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