FDP-Ständerat Caroni prangert Verfassungsbruch an
«Der Bundesrat verletzt die Gleichbehandlung der Kammern»

Zwei Parlamentskammern – und beide sind gleich viel wert: Dieser Grundsatz ist eigentlich Fundament des Schweizer Politsystems. In Wahrheit werden Nationalräte bevorzugt. FDP-Ständerat Caroni hat dem nun den Kampf angesagt.
Publiziert: 03.06.2018 um 18:47 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 05:15 Uhr
Cinzia Venafro

Im Parlament sind alle gleich – nur die Nationalräte sind ein wenig gleicher: Das kann man schlussfolgern, wenn man das überarbeitete «Protokollreglement» der eidgenössischen Räte genau studiert. Denn dort wird der grossen Kammer – dem Nationalrat – ein höherer Rang gewährt.

Konkret fristen die Vertreter der Kantone, also die Ständeräte, ein Dasein auf Rang 10. Und die Herren und Damen, die im Nationalrat politisieren, lassen es sich auf Rang 9 wohlergehen.

Der Bundesrat hat das neue Protokollreglement 2017 bewilligt. Und sorgt damit für rote Köpfe unter der Bundeshauskuppel. Denn letztendlich sei diese Ungleichbehandlung der zwei Kammern nicht verfassungskonform, sagt der Ausserrhoder FDP-Ständerat Andrea Caroni (38).

Will gleich viel wert sein wie ein Nationalrat: Ständerat Andrea Caroni (FDP).
Foto: Keystone
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Die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft verlangt, dass beide Räte gleichgestellt sind.
Foto: PETER SCHNEIDER

In dieser steht nämlich: «Die Bundesversammlung besteht aus zwei Kammern, dem Nationalrat und dem Ständerat; beide Kammern sind einander gleichgestellt.»

Caroni: Wir sind beide gleich»

«Der Bundesrat verletzt diesen fundamentalen Grundsatz der Gleichbehandlung der beiden Kammern und ihrer Mitglieder mit seinem Protokollreglement», ärgert sich der Appenzeller.

Will Caroni denn besser hofiert werden? Mitnichten, verteidigt sich dieser. Es gehe ihm sicher nicht um eine Vorzugsbehandlung, sondern eben darum, dass die Verfassung nicht verletzt werde.

Er betont, dass sich die Ränge 9 beziehungsweise 10 «physisch nicht manifestieren». Er also bei offiziellen Empfängen beispielsweise nicht warten müsse, bis ein Nationalrat den Raum betreten hat.

Caroni: «Gewisse Beamte kamen vor Volksvertretern»

«Störend ist die verfassungswidrige Aussage des Bundesrats in einem amtlichen Dokument», sagt Caroni. Das habe ihn «übrigens schon als Nationalrat gestört». Er wolle «also auch nicht, dass der Ständerat zuerst kommt. Die beiden sind gleich.»

Symbolpolitik mit der Bundesverfassung in der Hand: Nationalrat Adrian Amstutz, SVP BE, wollte die Bundesverfassung bei der Debatte um die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initative zeigen. Das Problem: Die Verfassung ist keine Verfassung, sondern ein Geschichtsbuch.
Foto: PETER SCHNEIDER

So hat er einen Vorstoss eingereicht und verlangt vom Bundesrat Antworten auf die Frage, wie er «die Verletzung der Gleichbehandlung der beiden Kammern» begründet und ob er gewillt sei, das Protokollreglement entsprechend anzupassen.

«Dieses Protokoll ist ein Dauerärgernis!», schimpft Caroni. Denn auch an einer anderen Front gehe es nicht mit der Schweizer Verfassung einher: «Dass der Bundesrat die Nummer eins ist, ist auch nicht richtig», so Caroni. Protokollarisch richtig müsste der Nationalratspräsident der höchste Schweizer sein.

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