Fazit der Aufsichtsbehörde
Zu viel Kleinkram bei der Bundesanwaltschaft

Die Bundesanwaltschaft muss sich zu oft mit Bagatellen herumschlagen. Zudem ist ihre Dossierverwaltung veraltet und lückenhaft, was ein neues System aktuell behebt. Zu diesen Schlüssen kommt die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA).
Publiziert: 20.06.2023 um 11:54 Uhr
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Aktualisiert: 20.06.2023 um 12:06 Uhr

Die Bundesanwaltschaft muss sich zu oft mit Bagatellen herumschlagen. Zudem ist ihre Dossierverwaltung veraltet und lückenhaft, was ein neues System aktuell behebt. Zu diesen Schlüssen kommt die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA).

In ihrer ordentlichen Inspektion 2022 nahm die AB-BA rund 6400 Verfahrenseinstellungen und Nichtanhandnahmeverfügungen der Bundesanwaltschaft (BA) aus den Jahren 2016 bis 2020 unter die Lupe, wie sie am Dienstag mitteilte. Nimmt die BA ein Verfahren nicht an die Hand oder stellt sie es ein, wirkt das rechtlich wie ein Freispruch.

Weil solche Verfügungen nur selten an das Bundesstrafgericht weitergezogen werden, kommt der AB-BA nach eigenen Angaben eine besondere Kontrollfunktion zu.

In diesem Gebäude in Bern ist die Bundesanwaltschaft beheimatet.
Foto: Keystone

Viel niederschwellige Kriminalität

Die bei der Inspektion erhobenen Zahlen zeigen nach Angaben der AB-BA, dass sich die BA viel mit niederschwelliger Kriminalität befassen muss. Das lege eine Überprüfung des Zuständigkeitskatalogs nahe, schrieb die Aufsicht. Der gesetzliche Auftrag der BA ist die Bekämpfung schwerer Kriminalität in den Bereichen Staatsschutz, organisiertes Verbrechen, Terrorismus und Wirtschaftskriminalität.

Die Inspektion förderte daneben eine lückenhafte und veraltete Dossierverwaltung zutage. Die BA erhebt nicht systematisch, welche Straftaten sie verfolgt. Teilweise stempelt sie Dossiers zur Erledigung ab, ohne die Genehmigungen im System zu erfassen. Derzeit führt sie indessen ein neues Fallverwaltungssystem ein, das die Mängel beheben soll.

Die in der Inspektion gefundenen Erledigungszahlen weichen von jenen im BA-Jahresbericht ab. Strafbefehle werden demnach im Jahresbericht einzeln aufgeführt, Einstellungen und Nichtanhandnahmen jedoch nur gebündelt nach Verfahren.

Dadurch entsteht gemäss der AB-BA der Eindruck einer strengeren Erledigungspraxis. Bundesanwalt Stefan Blättler liess das im ersten unter ihm erstellten Jahresbericht 2022 korrigieren.

In vielen Fällen keine Verfahren eröffnet

Weiter zeigte sich bei der Analyse der einzelnen Abteilungen, dass im Völkerstrafrecht bei 97 Prozent der Fälle keine Verfahren eröffnet wurden. Im Wirtschaftsstrafrecht blieben bei 90 Prozent der Fälle Verfahren aus.

Die Inspektion der Verfahrensdauern erbrachte, dass 90 Prozent der Verfahren im Staatsschutz in sechs Monaten abgeschlossen waren. Bei mehr als der Hälfte der Verfahren im Wirtschaftsstrafrecht war das frühestens nach drei Jahren der Fall.

Die AB-BA wird von der Bundesversammlung für vier Jahre gewählt. Sie besteht aus einer Bundesrichterin, einer Bundesstrafrichterin, zwei im Anwaltsregister eingetragenen Anwaltspersonen und drei Fachpersonen. (SDA)

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