Fanny Wissler (17) über die Wut der Klimastreiker auf die Wirtschaftselite
«Ihr seid Versager, ihr habt unser Vertrauen missbraucht»

Im weltweiten Kampf gegen den Klimawandel machen sich auch Schweizer Schüler stark – dazu gehört die 17-jährige Gymischülerin Fanny Wissler. Heute ist sie zu Gast bei «Schawinski».
Publiziert: 25.02.2019 um 00:09 Uhr
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Aktualisiert: 01.04.2019 um 16:42 Uhr
Peter Padrutt

BLICK: Fanny Wissler, sind Sie die Greta Thunberg der Schweiz?
Fanny Wissler: Nein, um Gottes willen, das bin ich nicht. Wir von der Klimastreikbewegung haben keinen Anführer, und auch Greta Thunberg ist das nicht. Wir sind die Jugend, die sich erhebt.

Mit einem emotionalen Appell hat Greta am WEF gegen den Klimawandel aufgerufen. «Ich will, dass ihr handelt, wie wenn euer Haus brennt, denn das tut es», sagte sie. Würden Sie es auch so scharf formulieren?
Auf jeden Fall! Die Fakten sind eindeutig. Ich mache mir grosse Sorgen um unsere Zukunft, und das sollten alle tun. Die Klimakrise ist existenzbedrohend für die Menschheit.

Gab es ein konkretes Ereignis, das Sie zur Umweltaktivistin machte?
Als ich zum ersten Mal davon hörte, dass sich das Klima auf unserem Planeten erwärmt, war mir noch nicht bewusst, was das eigentlich bedeutet. Wirklich klick gemacht hat es erst, als mir bewusst wurde, dass es nicht nur um ein paar bedrohte Tierarten geht, sondern um viel mehr. Wir kämpfen nicht, um das Klima zu schützen, wir kämpfen für die Menschheit.

Gymischülerin Fanny Wissler kämpft für das Klima.
Foto: zvg
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Inwiefern wurden Sie von Ihren Eltern beeinflusst? Sind sie selber aktiv?
Meine Eltern sind nicht politisch aktiv. Sie wählen und stimmen ab, mehr tun sie nicht. Eigentlich ist es eher umgekehrt. Seit ich beim Klimastreik dabei bin, diskutieren wir täglich über Klimapolitik.

Sie gehen an die Kanti und nehmen an Streiks teil. Wie haben Ihre Lehrpersonen darauf reagiert?
Die Lehrpersonen sind eher zurückhaltend, wenn es um Politik geht. Aber wir geniessen am Gymi alle eine gute Schulbildung. Wir wissen alle, dass die Klimakrise unser grösstes Problem ist, das ist wissenschaftlich bewiesen.

Was sagen Sie Leuten, die behaupten, diese Schüler, die auf die Strasse gingen, würden nur schwänzen wollen?
«Das stimmt nicht.» Am 2. Februar, einem Samstag, waren in der ganzen Schweiz über 60'000 Menschen auf der Strasse. Ich finde es enttäuschend, dass die Medien immer nur über das Schwänzen sprechen. Wir wollen die Welt retten!

Manchmal heisst es auch: Die Generation Easyjet predige zwar den Umweltschutz, halte sich aber selber nicht daran. Was tun Sie selber konkret für den Klimaschutz?
Ich selbst esse kein Fleisch und fliege nicht, aber darum geht es nicht. 70 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen werden von nur 100 Konzernen verursacht. Die CS und die UBS haben allein 2017 mehr als doppelt so viele Treibhausgasemissionen finanziert, als die ganze Schweiz in diesem Jahr ausgestossen hat. Im Verhältnis dazu macht der Konsum einer einzelnen Person kaum einen Unterschied.

Sie nahmen am nationalen Klimastreiktreffen teil. Warum?
An diesem Treffen planten wir Dinge wie den globalen Klimastreik am 15. März, der auf jedem Kontinent in über 40 Ländern stattfindet. Das Treffen ist entscheidend für die Zukunft unserer Bewegung. Sie ist entscheidend für die Zukunft der Menschheit.

Was sind die dringendsten Ziele für die Schweiz in Sachen Klimaschutz?
Die Schweiz muss endlich den Klimanotstand ausrufen und bis 2030 emissionsneutral im Inland sein. Wir müssen die globale Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzen.

Wollen Sie nächstes Jahr wie Greta selber ans WEF gehen?
Ja unbedingt, es wird Zeit, dass auch junge Menschen vertreten sind und ihr Recht auf eine Zukunft einfordern. Die grossen Wirtschaftsmächte müssen endlich einsehen, dass unser Überleben über dem wirtschaftlichen Profit steht.

Was würden Sie sagen?
Ihr seid Versager. Ihr habt unser Vertrauen missbraucht. Die Klimakrise bedroht die existenziellen Grundrechte aller Menschen, und ihr seid schuld daran. Der Kampf gegen die Klimakrise ist ein Kampf um die Menschenrechte.

Sie sind heute Montag zu Gast bei Roger Schawinski. Haben Sie schon mit ihm gesprochen – hält er sich an den Umweltschutz?
Er hat Solarzellen auf dem Dach und fährt einen Tesla. Das kann sich aber nicht jeder leisten.

Haben Sie ihm ins Gewissen geredet? Wo zum Beispiel?
Ja, es reicht nicht, einen Tesla zu fahren. Er soll besser an unseren Streik kommen.

Immer mehr Junge gehen auf die Strasse. Auf welche Grösse wird die Bewegung noch anwachsen? Läuft da eine Schüler-Revolution?
Ich habe keine Glaskugel. Aber am globalen Klimastreik am 15. März auf allen Kontinenten in über 40 Ländern rufen wir alle Generationen dazu auf, sich uns anzuschliessen. Die Klimakrise ist kein Problem zwischen Generationen. Wenn wir sie bewältigen wollen, müssen wir alle zusammenhalten.

Laut gegen den Klimawandel

Sie kämpft an vorderster Front gegen den Klimawandel: Die Gymnasiastin Fanny Wissler (17) aus Wetzikon ZH ist Teil der weltweiten Jugendbewegung zum Klimastreik. Fanny ist Mitglied bei den Jungen Grünen und Leiterin im Jugendverband Cevi. Seit zwei Jahren kauft sie keine neuen Kleider mehr, und sie isst kein Fleisch und fliegt nicht.

Sie kämpft an vorderster Front gegen den Klimawandel: Die Gymnasiastin Fanny Wissler (17) aus Wetzikon ZH ist Teil der weltweiten Jugendbewegung zum Klimastreik. Fanny ist Mitglied bei den Jungen Grünen und Leiterin im Jugendverband Cevi. Seit zwei Jahren kauft sie keine neuen Kleider mehr, und sie isst kein Fleisch und fliegt nicht.

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