EVP-Politiker Thomi Jourdan
Vom Grufti zum EVP-Aushängeschild

Thomi Jourdan ist der erste EVP-Politiker einer Schweizer Kantonsexekutive. Am Sonntag war er auf einmal für mehrere Stunden abgetaucht.
Publiziert: 13.02.2023 um 19:38 Uhr
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Aktualisiert: 13.02.2023 um 22:55 Uhr
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Sophie ReinhardtRedaktorin Politik

Es war die grosse Überraschung am Wahlsonntag: Thomi Jourdan (48) von der Kleinpartei EVP zog am Sonntag in die Baselbieter Regierung ein. Er hat damit eine Sensation geschafft – zum ersten Mal gelingt einem Kandidaten der EVP der Sprung in eine Kantonsregierung.

Für die SVP Basel-Landschaft war der Wahltag dagegen bitter. Zwar wurde die Volkspartei zur stärksten Kraft im Parlament. Gleichzeitig verlor sie aber ihren einzigen Sitz in der Regierung. Die im Nationalrat politisierende Malermeisterin Sandra Sollberger (49) erhielt rund 1200 Stimmen weniger als Jourdan.

Das EVP-Logo verschwand im Wahlkampf

Stattdessen wurde der EVP-Mann gewählt, dessen Partei bei den Kantonsratswahlen lediglich auf 5,2 Prozent Wähleranteil kam. Im Wahlkampf verzichtete Jourdan allerdings auf das gelbe Parteilogo der EVP. Er habe seine politische Herkunft keineswegs leugnen wollen, sagt er. Aber bei einer Regierungsratswahl gehe es nicht in erster Linie um die Partei, sondern um die Person.

Thomi Jourdan ist der erste EVP-Politiker in einer kantonalen Regierung.
Foto: keystone-sda.ch
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Jourdan ist Vater von vier Kindern. Eines davon ist ein Pflegekind. Dass er und seine Frau ein Kind in der Familie aufnehmen, sei für sie klar gewesen, erzählt er. Jourdan selbst wuchs als Pflegekind auf. «Nie hatten mich meine Pflegeeltern spüren lassen, dass ich nicht ihr leiblicher Sohn war.» Das habe ihn geprägt und verpflichtet.

Dennoch habe er in seiner Jugend auch rebellische Phasen gehabt. In den 90er-Jahren zählte er sich zur Grufti-Bewegung Wave. Komplett schwarz angezogen sei er gewesen, mit hochtoupiertem Haar, irokesenähnlich. «Meine Eltern machten sich schon Sorgen um mich, es war damals auch die Zeit des Platzspitz.» Harte Drogen habe er aber nie konsumiert, versichert er.

Auf der Rutsche statt im Wahlstudio

In der Zwischenzeit hat er sich mehr als gemässigt und politisiert in der christlichen EVP. Aus Überzeugung hat er keinen Militärdienst geleistet. «Gleichzeitig war mir wichtig, meinen gesellschaftlichen Beitrag für dieses Land zu leisten.» Und so kam es, dass er eineinhalb Jahre lang beim Blauen Kreuz Baselland tätig war, wo er seinen Zivildienst leistete. Dieser Einsatz hat ihm so gut gefallen, dass er nach dem Wirtschaftsstudium beim Blauen Kreuz die Leitung der Jugendarbeit übernahm.

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Der Ökonom und langjährige Gemeinderat aus Muttenz BL war vom ersten Wahlkampftag an fast omnipräsent. Tausend Plakate machten auf seine Kandidatur aufmerksam, auf Youtube veröffentlichte er Kamingespräche und auf Tiktok stellte er die Tiere in seinem Haushalt vor. Darunter finden sich etwa Minischweine und Zwergziegen.

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Doch am Sonntag war Jourdan für über zwei Stunden abgetaucht. Während die letzten Stimmzettel im Kanton ausgezählt wurden, besuchte er mit seiner 10-jährigen Tochter ein Erlebnisbad.

Sein Smartphone stellte er während dieser Zeit ab. «In den letzten Wochen drehte sich viel um die Politik, am Sonntag wollte ich nun mal mit meiner Tochter Zeit verbringen und ihr diesen Wunsch erfüllen.» Er selbst sei auch von der Wasserrutsche herabgedüst und habe etwas Ablenkung gefunden.

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Als er und seine Tochter wieder auftauchten, lag die Konkurrentin Sollberger noch vor ihm. Je länger der Nachmittag dauerte, desto klarer wurde: Jourdan gefällt den Wählerinnen und Wählern besser als die lange als Favoritin geltende Sollberger.

War SVP zu wenig aktiv?

Entsprechend gross ist die Enttäuschung bei der SVP. Peter Riebli (67), Fraktionspräsident der SVP im Landrat, will nun das Resultat genau analysieren. Er glaubt aber so oder so: «Sollberger war eine gute Kandidatin.» Die Medien hätten die SVP-Frau als Hardlinerin und inaktiv im Wahlkampf beschrieben. «Das mag Einfluss gehabt haben auf die Wähler, trifft aber auf Sandra Sollberger nicht zu.» Weiter müsse man jetzt ergründen, weshalb Sollberger das Bündnis mit FDP und Mitte nicht die notwendigen Stimmen gebracht habe.

Die Baselbieter Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (58) bedauert, dass die stärkste Partei nicht mehr in der Regierung vertreten ist. Sie hat eine Vermutung, wieso die Kandidatin der Bündnispartnerin SVP scheiterte: Sollberger habe im Wahlkampf fundamentale Fehler gemacht, sagt sie. «Sie war inhaltlich einfach zu wenig präsent.» Dadurch habe sie es verpasst, ihre eigene Position darzulegen und ihr Hardliner-Image abzulegen. «Eine Wahl in den Regierungsrat ist eine Personalwahl und nicht die Wahl einer Allianz.» Jourdan dagegen sei engagiert und habe sich in seinem Wahlkampf klar positioniert, sagt Schneider-Schneiter.

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