Solidarität steigt, aber nicht für alle
Diese Asylsuchenden sind in der Schweiz willkommen

Die Bereitschaft, Asylsuchende aufzunehmen, ist in der Schweiz leicht gestiegen. Besonders willkommen ist gemäss einer Studie der ETH Zürich eine spezielle Gruppe.
Publiziert: 09.08.2023 um 17:07 Uhr
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Aktualisiert: 09.08.2023 um 18:29 Uhr
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Tobias BruggmannRedaktor Politik

Es ist das Wahlkampf-Thema für die SVP: die Migration. In einem über 40-seitigen Positionspapier arbeitet sich die Partei am Thema ab. Der Tenor: «Es kommen zu viele, und es kommen die Falschen.»

Eine neue Studie der ETH Zürich zeigt jetzt aber, dass die Solidarität mit Flüchtlingen in den letzten Jahren eher gestiegen ist – in der Schweiz wie in Europa generell. Das Forscherteam, an dem neben der ETH auch die University of California und die Stanford University beteiligt war, hat 33'000 Befragten in 15 europäischen Ländern befragt – einmal 2016 und einmal 2022.

Ukrainer lieber als andere

Allerdings ist nicht jeder Asylsuchende gleich willkommen. «Besonders gerne aufgenommen werden junge, christliche Frauen, die besonders schutzbedürftig sind und über bessere Sprachkenntnisse und berufliche Qualifikationen verfügen», sagt Studienleiter Dominik Hangartner (42). «Diese Merkmale treffen auf Geflüchtete aus der Ukraine eher zu als auf Asylsuchende aus anderen Ländern wie dem Kosovo, Syrien oder Pakistan.» Darum ist die Aufnahmebereitschaft gegenüber Ukrainern auch grösser als gegenüber Flüchtlingen aus anderen Ländern.

Wie aufnahmefreundlich sind Schweizer gegenüber Asylsuchenden?
Foto: Keystone
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Für Hangartner gibt es mehrere Gründe, warum genau diese Merkmale entscheidend sind. «Zum einen werden jene bevorzugt, die arbeiten können und gefragte Jobs haben», sagt er. «Dann spielen aber auch humanitäre Überlegungen eine Rolle: Wer vor Krieg oder Verfolgung flüchtet, wird gerne aufgenommen.» Hingegen werden Asylsuchende, die aus wirtschaftlichen Gründen kommen, skeptischer beurteilt.

«Wer schutzbedürftig ist, dem hilft die Schweiz»

Die Solidarität, gerade auch gegenüber Ukrainern, hat trotz gestiegener Inflation oder hohen Mieten nicht abgenommen. «Das hat mich auch überrascht. Entscheidend dafür ist, dass die Fluchtgründe besonders bei den Ukrainern noch immer gegeben sind. Wer schutzbedürftig ist, dem hilft die Schweiz.»

Bezüglich Linken und Rechten zeigt sich das erwartete Bild: Linke sind eher bereit, mehr Flüchtlinge aufzunehmen als Rechte. Doch bei rechten Befragten stieg die Bereitschaft zur Aufnahme in den vergangenen sechs Jahren stärker an als bei den Linken.

Hangarter relativiert jedoch: «Auf Basis dieser Umfrage würde ich nicht sagen, dass die SVP an der Bevölkerung vorbei politisiert. Die Aufnahmebereitschaft unter den Rechten ist immer noch tief.»

Tatsächlich waren in der Schweiz nur 35 Prozent der Befragten rechts der Mitte bereit, Geflüchtete aufzunehmen. Das ist auch im internationalen Vergleich wenig. In Österreich sind es 38 Prozent, in Deutschland 42 Prozent. «Aber: In der Schweiz hat keine zusätzliche Polarisierung stattgefunden. Die Genfer Flüchtlingskonvention geniesst unter Linken wie Rechten einen starken Rückhalt.»

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